Mobilfunk-Strahlung

Funklöcher in Stuttgart: Kirche will keine Handymasten mehr

Verträge mit Mobilfunk-Untenehmen werden nicht verlängert
Von dpa / Marie-Anne Winter

Funklöcher in Stuttgart: Kirchturm ohne Mobilfunk-Anlage. Funklöcher in Stuttgart: Kirchturm ohne Mobilfunk-Anlage.
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Über die Auswirkungen von Mobilfunk-Strahlung wird seit Jahren gestritten. Während die Befürworter von Handy und Mobilfunk keine Beeinträchtungen oder gar Gefährdung der Gesundheit durch Sendemasten und Handyantennen sehen, befürchten die Mobilfunk-Gegner, dass die Strahlung, die von den Mobilfunk-Anlagen ausgeht, sehr wohl gefährlich sei. Inzwischen nehmen auch die Kirchen diese Befürchtungen ernst und stellen den Mobilfunk-Unternehmen ihre Kirchtürme nicht mehr für die Errichtung von Sendestationen zur Verfügung. Deshalb entstehen ausgerechnet in der High-Tech-Region Stuttgart derzeit Funklöcher.

"Viele Bürger halten die Strahlungen für gefährlich. Diese Ängste nehmen wir ernst, ob sie nun begründet sind oder nicht", sagt Hermann Beck, Verwaltungs- und Finanzchef der Evangelischen Kirche Stuttgart. Die Gesamtkirchengemeinde will die bestehende Zusammenarbeit mit den Mobilfunkanbietern nicht fortsetzen. Und das, obwohl sie dadurch rund 10 000 Euro pro Jahr eingenommen hat. Für Funklöcher sei die Kirche nicht verantwortlich. "Wir sind nicht Schuld daran, dass an manchen Stellen ein Funkloch entstanden ist", sagt Beck. Das sei vielmehr ein Problem der Mobilfunkunternehmen. Funklöcher in Stuttgart: Kirchturm ohne Mobilfunk-Anlage. Funklöcher in Stuttgart: Kirchturm ohne Mobilfunk-Anlage.
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Ein Problem ist es aber auch für den Stuttgarter Unternehmer Frank Linden. Er ist Kunde der Deutschen Telekom und klagt über schlechten Mobilfunkempfang in Stuttgart-Schönberg. Seit die Kirche im vergangenen Oktober den Sendemasten von der Franziskakirche nahm, landeten seine Anrufer immer häufiger nur auf dem Band. "The person you have called is temporarily not available."

Linden ärgert das - vor allem, weil sein Anbieter ihn nicht über mögliche Probleme informiert habe. Aus seiner Sicht gehört ein funktionierendes Mobilfunknetz zur Grundversorgung, zumal es in Deutschland nach Angaben der Bundesnetzagentur inzwischen rund 114 Millionen Handys gibt - und damit mehr Mobilfunkgeräte als Einwohner.

Topografische Situation in Stuttgart schwierig

"Das Problem ist die topographische Lage Stuttgarts", sagt Markus Jodl, regionaler Sprecher der Telekom. Wenn ein Sendemast wegfalle, sei es nicht so einfach, ihn zu ersetzen. "Wir stellen die Sendemasten ja nicht aus Jux und Tollerei an einen bestimmten Ort."

Insgesamt gibt es in Baden-Württemberg laut Bundesnetzagentur 8 542 solcher Funkanlagenstandorte, wie sie offiziell heißen. In Stuttgart sind es nach Angaben der Stadt rund 600. Sieben davon stehen Beck zufolge derzeit noch auf kirchlichen Gebäuden. Der letzte Vertrag läuft im Jahr 2020 aus.

Schätzungen der badischen und der württembergischen evangelischen Landeskirche zufolge ist im Südwesten nur ein sehr geringer Anteil der Kirchengemeinden vertraglich an Mobilfunkunternehmen gebunden. "Unseren Beobachtungen nach kommt es kaum mehr zu Neuabschlüssen", sagen die Landeskirchen-Sprecher übereinstimmend. Die Gemeinden würden grundsätzlich eigenständig zwischen dem Anspruch der Menschen auf eine gute Mobilfunkinfrastruktur und der möglichen Belastung mit elektromagnetischen Wellen abwägen.

Für Stuttgart-Schönberg stehe man bereits in Verhandlungen mit einem anderen Standortanbieter, sagt Jodl. Wann der Vertrag abgeschlossen wird und das Funkloch geschlossen werden kann, ist unklar. Den betroffenen Bürgern bleibt nichts anderes übrig als abzuwarten. Ein Sonderkündigungsrecht gebe es nicht, da ein Mobilfunkvertrag normalerweise nicht für einen bestimmten Ort abgeschlossen wird.

Linden hat inzwischen eine individuelle Lösung für das Funkloch gefunden. Er hat seine Anschlüsse auf einen anderen Anbieter umgeleitet. Durch eine Beschwerde beim Vorstand der Telekom hat er erreicht, dass das Unternehmen die Kosten dafür übernimmt.

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