Digital-Ziele der Ampel-Regierung: Das sagen Verbände dazu
Die sogenannte Ampelkoalition hat heute ihre Pläne u.a. für die Digitalisierung bekannt gegeben.
Foto: Picture-Alliance / dpa
177 Seiten ist er lang geworden, der Koalitionsvertrag der kommenden "Ampel"-Regierung
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. Beispielsweise im Kapitel IV geht es unter Punkt 5 um Digitalisierung.
Die sogenannte Ampelkoalition hat heute ihre Pläne u.a. für die Digitalisierung bekannt gegeben.
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Noch war der Vertrag gar nicht offiziell verkündet, melden sich schon die Interessenverbände der Wirtschaft zu Wort.
eco bemängelt fehlendes Digitalministerium als "verpasste Chance"
"eco", der Verband der Internet-Wirtschaft findet, dass ein fehlendes Digitalministerium eine "verpasste Chance" sei. eco-Chef Oliver Süme bedauert, "dass die Ampel das historische Momentum zu einer Neuausrichtung der Digitalpolitik in Deutschland offenbar nicht nutzen will und die Chance verstreichen lässt, die Digitalisierung mit einem starken eigenen Ressort zu politischen Top-Priorität für die nächsten Jahre zu machen."
Er beschreibt die aktuelle Situation: "Die digitale Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft in Deutschland ist aktuell auf keinem guten Weg. Sei es bei der digitalen Bildung, der Entwicklung von nachhaltigen Smart Cities, oder im weltweiten Wettbewerb um die digitalen Märkte – Deutschland ist schlecht aufgestellt und hinkt überall hinterher. Eine so wichtige Herausforderung nun weiter nur als Appendix im bisherigen Ministerium zu belassen, anstatt die vielen Fäden in einem eigenen Ressort mit den nötigen Kompetenzen und Ressourcen zusammenlaufen zu lassen, ist eine falsche Entscheidung und eine schlechte Nachricht für den Digitalstandort Deutschland."
Süme hofft, dass die digitalen Zuständigkeiten der verschiedenen Ressorts wenigstens klar verteilt werden, damit digitale Themen nicht wieder zwischen den Ressorts zerrieben werden. Prioritäten und Ziele müssten klar sein, um deren Umsetzung "systematisch" voranzutreiben.
VATM befürchtet Überförderung
Der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) wiederholt seine bereits schon früher vorgebrachte Kritik an einem geplanten Fördervolumen von weiteren 10 bis 12 Milliarden Euro zum Ausbau von Glasfasernetzen im Land.
Der Gigabit-Ausbau auf dem Land brauche deutlich weniger Fördergeld, weniger Förderverfahren und weniger Bürokratie. Aufwendige Markterkundungen und Förderverfahren seien überflüssig. Es brauche bessere Steuerungsmechanismen für eine schnellere und gezielte Förderung, wo sie wirklich gebraucht werde. Mehr Geld an der falschen Stelle werde die Ausbauprobleme verschärfen. Auch die Vorstellung, kommunalen Glasfaserausbau zu fördern, sei gut gemeint, aber gefährlich. Vermutlich befürchten Mitgliedsunternehmen, hierbei nicht zum Zuge zu kommen, weil Kommunen aus langjährigen Erfahrungen eher der bereits bekannten Telekom zuneigen könnten.
Im Augenblick seien viele weiße Flecken noch immer nicht vollständig ausgebaut. Von 12 Milliarden Euro Förderung seien erst "gut 3 Milliarden Euro" abgerufen worden, weitere 6 Milliarden Euro seien schon "gebunden", müssten aber noch verbaut werden. Fast 3 Milliarden Euro aus dem bisherigen Förderprogramm seien bislang gar nicht abgerufen worden, weil dafür keine Planung möglich gewesen sei.
Die neue Bundesregierung wolle "unversorgte Bürger statt mit gezielterer Gigabit-Förderung mit dem schon bekannten ‚Recht auf schnelles Internet‘ abspeisen, das den Menschen allenfalls ein paar Megabit mehr, aber eben kein Gigabit bringt."
Es stünden fast 40 Milliarden Euro von privaten Investoren speziell für den ländlichen Raum bereit. Es fehlten Steuermechanismen, die dem schnellen Ausbau überall Vorrang gäben. Es müssten viele Hemmschwellen beseitigt werden. Schuld seien fehlende Digitalisierung und überlastete Bauämter, aber auch Skepsis gegenüber modernen Verlegetechniken. Der VATM möchte den Föderalismus nutzen.
BREKO begrüßt Glasfaserziel
Der Bundesverband Breitbandkommunikation (BREKO), der als 400. Mitglied gerade den privaten Telefonnetz-Pionier Colt Telecom aufgenommen hat, begrüßt es sehr, "dass die neue Regierung endlich ein klares Glasfaserziel (FTTH – fiber to the home) festlegt." Damit sei klar: "Gigabit war gestern – ab sofort gilt ‚Alles auf Glas‘."
Die Politik habe aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt, das "Mega-Infrastruktur-Projekt Glasfaser" sei ein Marathon, den Politik, Unternehmen und Kommunen gemeinsam so schnell wie möglich erfolgreich bewältigen wollen.
Die Koalition habe sich zum Vorrang des eigenwirtschaftlichen Ausbaus vor staatlichen Eingriffen bekannt.
Staatliche Fördermaßnahmen sollten zielgerichtet nur dort eingesetzt werden, "wo die Versorgung besonders schlecht ist" und auch zukünftig kein Potenzial für einen marktgetriebenen Ausbau bestehe. Die Idee einer "Potenzialanalyse" wird vom BREKO begrüßt. Im Koalitionsvertrag seien "Glasfaser-Voucher" (Gutscheine) als "Abwrackprämie für Kupferanschlüsse" vorgesehen.
Falls die Umsetzung so einfach wie bei der KfW-Förderung für E-Ladestationen erfolge, könne das ein wichtiges Instrument für die stärkere Nutzung von echten Glasfaseranschlüssen bis in die Gebäude und Wohnungen werden.
Die Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren und moderne Verlegemethoden spielen eine zentrale Rolle. Im Gegensatz zum eco findet der BREKO es gut, die Digitalthemen, zu denen auch der Glasfaser- und Mobilfunkausbau gehört, zentral im "Bundesministerium für Verkehr und Digitales" zu bündeln.
Kritik übt der BREKO-Verband an der weiteren Verschärfung der Kundenschutzvorschriften. Ein pauschalierter Schadensersatz-Anspruch (bei schlechtem Netz), ohne dass die neuen Vorgaben auf ihre Wirksamkeit überprüft werden, teile man nicht.
BITMi: Aufbruch in die digitale Souveränität
Auch der Bundesverband IT-Mittelstand e.V. (BITMi) lobt den "Geist eines digitalen Aufbruchs" und den klimafreundlichen Technologiestandort. Wie bei den Kollegen des VATM und des BREKO werden eine nutzerzentrierte digitale Verwaltung und ein verbesserter Zugang zu Daten für Wirtschaft und Forschung und die zukunftsfähige Versorgung mit breitbandigem Internet begrüßt. Klimaschutz und Nachhaltigkeit böten Chancen für neue digitale Technologien und Geschäftsmodelle.
Zwar hätte der BITMi gerne ein eigenes Digitalministerium gehabt, begrüßt aber, dass die Verantwortungen "möglicherweise im Verkehrsministerium zusammengezogen" werden.
Bitkom lobt Digitalministerium
Ähnlich gut gestimmt ist der Branchenverband Bitkom. Digitalisierung, Modernisierung und Entbürokratisierung nähmen einen wichtigen Stellenwert ein. Bitkom-Präsident Berg freut sich: „Die Digitalisierung hat erstmals einen festen Platz am Kabinettstisch“, stellt er anerkennend fest.
Der Koalitionsvertrag bleibe in puncto Digitalisierung etwas hinter den hohen Ansprüchen des Sondierungspapiers zurück, biete aber eine Fülle guter Ansätze, um Deutschland fit zu machen für die digitale Welt.
Buglas ist ebenfalls hochzufrieden
Der Bundesverband Glasfaseranschluss (BUGLAS), in dem sich 150 Unternehmen zusammen gefunden haben, findet es gut, dass bereits acht Wochen nach der Bundestagswahl ein Programm vorliegt. Der Wechsel zu einem "echten Glasfaser-Infrastrukturziel" wird begrüßt, Glasfaser solle "in jeder Straße, jedem Gebäude und bereits in der nahen Zukunft in jeder Wohnung" sein. Die Beschleunigung der Antrags- und Genehmigungsverfahren adressiere einen bislang massiven Hemmschuh für den weiteren Ausbau. Open-Access sei die Zukunft: „Die gemeinsame Nutzung von Glasfasernetzen durch verschiedene Anbieter ist immer besser als ein gegenseitiger Überbau."
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