LTE

Editorial: Funkloch, absichtlich

Congstar schaltet LTE in neuen Verträgen ab. Doch warum macht die Telekom-Tochter das und welche Folgen hat die LTE-Politik der einzelnen Netzbetreiber für ihr Image? In unserem Editorial gehen wir dieser Frage nach.
Von

LTE nur für Premium-Kunden oder für alle? LTE nur für Premium-Kunden oder für alle?
Foto: dpa
In der vergangenen Woche sorgte die Meldung, dass Congstar Altkunden beim Tarifwechsel und Neukunden generell den Zugang zum schnellen LTE-Datennetz entzieht, für einigen Wirbel. Immerhin sollen Altverträge, die vertraglich unverändert weiterlaufen, auch technisch unverändert bleiben, also weiterhin mobiles Surfen mit LTE bieten. Für die meisten weiteren Discounter im Telekom-Netz gilt ebenfalls, dass LTE bei Neuverträgen nicht mehr genutzt werden kann.

Jetzt auf die Telekom zu schimpfen, sie würde die Discount-Kunden im UMTS-Funkloch mit maximal EDGE-Geschwindigkeit hängen lassen, obwohl vielerorts LTE verfügbar wäre, greift freilich zu kurz: Immerhin hatte die Telekom in der Vergangenheit einen recht großen Kundenkreis für LTE freigeschaltet. Vodafone und o2 sind hier von Anfang an restriktiver vorgegangen und ermöglichen LTE-Nutzung in der Regel nur bei den höherwertigen und höherpreisigen Vertragstarifen.

Die genannten Beschränkungen sind für viele Verbraucher misslich, denn LTE ist dabei, den Massenmarkt zu erreichen. Schon aktuell ist das Samsung Galaxy S4 Mini für unter 300 Euro zu haben. Mit der bevorstehenden Vorstellung der Galaxy-S5-Serie dürfte der Preis weiter rutschen. Es kann also bald die Situation erreicht sein, dass man einen 1000-Euro-Vertrag (Gesamtkosten über die Mindestlaufzeit von zwei Jahren) braucht, um ein gängiges 250-Euro-Handy richtig nutzen zu können.

Kunden müssen informiert werden

LTE nur für Premium-Kunden oder für alle? LTE nur für Premium-Kunden oder für alle?
Foto: dpa
Rechtlich ist es grundsätzlich zulässig, dass die Discounter bestimmte Leistungen ausschließen. Schließlich herrscht Vertragsfreiheit. Jedoch sind die Anbieter verpflichtet, ihre Kunden korrekt über den genauen Vertragsinhalt zu informieren. Hier ist insbesondere die Werbung zu hinterfragen. Congstar stellt beispielsweise die "beste D-Netz-Qualität" seiner Dienstleistungen heraus. Aber liefert Congstar wirklich beste Netzqualität, wenn das modernste Datennetz von vornherein vollständig ausgeschlossen wird?

Es ist nicht lange her, dass der Telekom-Konzern eine empfindliche Schlappe vor Gericht einstecken musste, weil eine Verbraucherzentrale darauf klagte, dass zumindest im Festnetz dort, wo "Flatrate" drauf steht, auch "Flatrate" drin sein muss. Ein Drosseltarif ist nunmal kein unbeschränkter Tarif. Das Spiel könnte sich nun bezüglich des Begriffes "beste Netzqualität" wiederholen. Zwar lautet der Werbespruch genau auf "beste D-Netz-Qualität", bezieht sich formal also nur auf das uralte GSM-900-Netz. Doch ist genau dieses für die Datennutzung mit aktuellem Smartphones nur noch schlecht geeignet und der Werbespruch in dieser engen Auslegung folglich absurd. Congstar würde diesen Werbespruch nicht nutzen, wenn "D-Netz" von den angesprochenen Kreisen ganz anders interpretiert wird als "GSM 900". Und genau diese andere, gewünschte Interpretation ist die, die zur LTE-Sperre im Widerspruch steht.

In den Fällen, wenn Kunden beispielsweise bei einer Vertragsverlängerung oder Tarifwechsel auf die neuen Konditionen umgestellt werden und folglich LTE verlieren, ist zudem zu fordern, dass diese Kunden auf den Wegfall eines Dienstes, den sie bisher ohne Einschränkungen nutzen konnten, ausdrücklich hingewiesen werden. Unterbleibt dieser ausdrückliche Hinweis, könnten Kunden auf Fortsetzung des LTE-Zugangs zu den alten Konditionen klagen. Bezüglich beider Themen, der missverständlichen Werbung mit "bester (D-)Netz-Qualität" und der ausdrücklichen Information der Wechsler, sind die Verbraucherzentralen aufgerufen, den Anbieter zur Transparenz zu verpflichten.

Gegenteilige Strategie: Offen für alle!

Die komplett gegenteilige Strategie probiert nun E-Plus: Alle Kunden werden bedingungslos für LTE freigeschaltet. Freilich ist das LTE-Netz von E-Plus auch das am wenigsten dichte. Zum einen ist E-Plus mit dem LTE-Ausbau zuletzt gestartet, zum anderen verfügt E-Plus, anders als die anderen drei Netzbetreiber, über keine Frequenzen aus dem 800-MHz-Bereich und muss LTE-1800 statt LTE-800 aufbauen. Entsprechend sinkt der maximale Radius einer Zelle.

Entsprechend sinnvoll ist es, dass E-Plus LTE vor allem als Kapazitätserweiterung für stark ausgelastete UMTS/HSDPA-Zellen nutzt. Je mehr Kunden E-Plus für LTE/4G freischaltet, desto größer ist die Entlastung im 3G-Netz und desto mehr kann E-Plus für die Verbesserung der Netzqualität für alle Kunden erreichen. Die Folge könnte sein, dass E-Plus, dem die teltarif-Leser schon bei der Netzqualitäts-Umfrage vor einem Jahr das beste Preis-Leistungs-Verhältnis attestierten, seinen Vorsprung weiter ausbaut! Aktuell läuft übrigens unsere aktuelle Umfrage.

Eine weitere Folge könnte auch sein, dass sich in absehbarer Zeit ein Graumarkt für Discounter-Altverträge im Telekom-Netz bildet. Bei manchem langjährigem teltarif-Leser weckt das sicher Erinnerungen an die mit o2-Altverträgen lange Jahre mögliche "bundesweite Homezone", weil auf diesen (und nur auf diesen) eine kostenlose netzinterne Rufweiterleitung geschaltet war.

Mehr zum Thema Editorial