Mobile World Congress

Open RAN: mehr Software, mehr Anbieter?

Auf dem Mobile World Congress werden neue Tech­nolo­gien, Soft­ware und Netz­werk-Ausrüs­tungen vorge­stellt und Deals verein­bart. Single oder Open RAN? teltarif.de hat sich umge­schaut.
Vom Mobile World Congress in Barcelona berichtet

Der Mobile World Congress richtet sich an Führungs­kräfte und Fach­besu­cher. Die können sich über neue Tech­nolo­gien und Netz­werk-Ausrüs­tung infor­mieren und neue Deals verein­baren oder auf den Weg bringen.

Folg­lich ist die Messe ein wich­tiger Treff­punkt für Netz­werk­aus­rüster wie beispiels­weise Ericsson, Huawei, Nokia oder ZTE, aber auch viel klei­nere oder weniger bekannte Ausrüster von Hard­ware und/oder Soft­ware und Dienst­leis­tungen. teltarif.de hat sich umge­schaut.

Branche perma­nent im Umbruch

Die Zukunft ist da, ein Motto am Huawei-Stand, das auf die gesamte Branche zutrifft Die Zukunft ist da, ein Motto am Huawei-Stand, das auf die gesamte Branche zutrifft
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Die Branche ist im Umbruch. Wer sich als Netz­anbieter ein Netz kauft oder mietet (der Liefe­rant plant und baut das Netz auf und betreibt es auch gleich für den Netz­anbieter), der hat (mindes­tens) eine Sende­antenne (von einem Hersteller nach Wahl), darunter eine Radio-Unit (der eigent­liche Sender/Empfänger, dessen Funk­signale über Koax­kabel zur Antenne gehen) und am Boden eine Base-Band-Unit.

Diese bereitet das Sender­signal auf bzw. setzt die empfan­genen Funk­signale in digi­tale Infor­mationen für das Netz dahinter um.

Single-RAN - Single-Hersteller

Bislang galt die Regel, wer sich für einen Hersteller X entscheidet, muss von diesem BBU und die RadioUnit kaufen. Der Vorteil dieser Lösung: In den verbauten Einheiten arbeiten spezi­elle leis­tungs­fähige Signal­pro­zes­soren, die auf maxi­male Effi­zienz (mini­maler Strom­ver­brauch) und höchste Geschwin­dig­keit getrimmt sind

Man spricht von Single-RAN. Was dieser Sender ausstrahlt, ob 2G, 3G, 4G, 5G-NSA/SA ist eine Frage der Soft­ware.

Huawei: Gut und günstig - aber umstritten

Die ersten Anwender von 5G sitzen in der Industrie, wo schnelle präzise und sichere Datenübertragungen wichtig sind, hier bei Nokia Die ersten Anwender von 5G sitzen in der Industrie, wo schnelle präzise und sichere Datenübertragungen wichtig sind, hier bei Nokia
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Gut und günstig waren und sind die Produkte des chine­sischen Herstel­lers Huawei. Doch dieser Hersteller ist poli­tisch in Ungnade gefallen, weil man der chine­sischen Führung unter­stellt, ihre Hersteller anzu­weisen, in die gelie­ferte Netz­technik entweder Abhör­schnitt­stellen oder den berühmten "Kill-Switch" (oder beides) einzu­bauen. Falls in einem größeren inter­natio­nalen Konflikt vermieden werden soll, dass unlieb­same Infor­mationen über­mit­telt oder die belie­ferten Länder nicht mit den poli­tischen Vorgaben aus China über­ein­stimmen sollten, hätte die chine­sische Führung eine (theo­reti­sche) Eingriffs­mög­lich­keit.

Die Diskus­sion ist hoch­poli­tisch. Sicher wäre vieles möglich. Lange ging man davon aus, dass Hersteller wie Huawei schlau genug sind, das nicht zu tun, denn einmal entdeckt und bewiesen, wären für die Zukunft wesent­liche Märkte verschlossen.

USA möchten eigene Produkte verkaufen

Dass ein Groß­teil der Technik aus China stammt, ist beispiels­weise der US-Regie­rung und vielen US-Herstel­lern gar nicht Recht. Sie möchten lieber "eigene" Technik verkaufen, von der sie glauben, sie kontrol­lieren zu können und im Übrigen machen sich Arbeits­plätze im eigenen Land auch ganz gut.

Dabei wurde viel poli­tischer Druck ausgeübt und damit (unge­wollt) die chine­sische Indus­trie stärker in die Arme "kontroll­wütiger" Poli­tiker getrieben.

Ist Open RAN die Lösung?

Die Zukunft aufleuchten lassen, möchte Huawei. Das Interesse war groß Die Zukunft aufleuchten lassen, möchte Huawei. Das Interesse war groß
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
So entstand die Idee von Open-RAN. Die Kompo­nenten zwischen Netz und Sende­antenne sollten "geöffnet" werden und mit altbe­währter X-86-Technik (die seit Jahr­zehnten im PC werkelt) ersetzt werden.

Der Vorteil: Neue Netz­funk­tionen wären als Soft­ware ruck­zuck program­miert und einge­richtet. Bei der Single-RAN-Lösung ist jede Ände­rung ziem­lich aufwendig und nur vom Original-Liefe­ranten machbar. Kein Wunder also, dass auf dem Mobile World Congress jede Menge Soft­ware- und Service-Anbieter vertreten waren, wobei fast jeder für sich in Anspruch nahm, alle Probleme und Fragen zu künf­tigen Netzen mit Open-RAN lösen zu können.

Mehr Bera­tung und Inte­gra­tion notwendig

Weil man dabei schnell den Über­blick zu verlieren droht, braucht es "System-Inte­gra­toren", die sich den Markt anschauen, Kompo­nenten kombi­nieren und auspro­bieren und danach die Netz­anbieter dabei beraten. Das bedeutet, die Abhän­gig­keit von einem Liefe­ranten wech­selt nun zu einem Netz­inte­grator, denn zwei oder mehr davon auf einmal würden sich schnell in die Haare kriegen.

Es muss noch viel mehr getestet und geprüft werden, denn auch die Liefe­ranten der verschie­denen Kompo­nenten könnten "böses" im Schilde führen.

5G: 11 Prozent mehr Energie, dafür 8-fache Kapa­zität

Es gibt auch einen weiteren Aspekt, den ein Vertreter von Huawei gegen­über teltarif.de erläu­terte: Eine 5G-Anlage gegen­über einer 4G-Anlage brauche etwa 11 Prozent mehr Energie als vorher, biete aber in etwa die acht­fache Kapa­zität.

Wenn man nun weiß, dass der Daten­ver­brauch jedes Jahr um 40  bis 50 Prozent steigt, kann mit modernster Technik der stei­gende Ener­gie­ver­brauch gebremst, aber nicht auf 0 (unver­ändert) oder darunter (weniger) gebracht werden. Bei Nokia wollte man die konkreten Zahlen nicht bestä­tigen, wohl aber das Grund­prinzip der Rech­nung.

Dichtes Gedränge am Stand von Huawei zeigt aber, dass das Inter­esse an Produkten des Herstel­lers unge­bro­chen ist.

Trend: Kleiner, leichte, leis­tungs­fähiger

Das Ziel aller Anbieter ist, den technischen Aufwand an Sendestationen zu reduzieren (links aktuell, rechts die Zukunft) Das Ziel aller Anbieter ist, den technischen Aufwand an Sendestationen zu reduzieren (links aktuell, rechts die Zukunft)
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Die Trends der Branche wurden deut­lich sichtbar: Künf­tige Antennen werden kleiner und leichter, da sie von Menschen am Mast hoch­gezogen werden und die Masten stabiler bleiben. Diese Antennen enthalten immer mehr bis alle mögli­chen Frequenz-Bänder und aktive Elemente. Was nicht unbe­dingt oben direkt an der Antenne gebraucht wird, findet unten am Fuße des Mastes im einem wetter­festen Kasten oder einem Gebäude daneben statt.

Die Verfechter von Open-RAN wollen sogar diese Technik in Rechen­zen­tren konzen­trieren, sie brau­chen also nur noch eine Glas­faser von der (aktiven) Antenne bis hin zu diesem Rechen­zen­trum. Die Liefe­ranten oder Vermieter von Glas­faser­lei­tungen freuen sich.

Glas­faser - Strom - Glas­faser?

Nicht nur bei Huawei hat man sich über­legt, dass es eigent­lich unsinnig ist, die Glas­faser-Signale in Strom zu wandeln, dann elek­trisch umzu­rechnen oder weiter zu verar­beiten, um sie danach wieder in Licht zurück­zuwan­deln und weiter­zuschi­cken, wo das Spiel von neuem beginnt. Deswegen wird bereits an opti­schen Prozes­soren gear­beitet, die auch intern mit Licht arbeiten und rechnen können. Eine ähnliche Technik ist auch bei Nokia bereits in der Entwick­lung und Erpro­bung.

Sowohl Nokia als auch Huawei und Ericsson sind dabei, die Technik leis­tungs­fähiger, leichter und möglichst ener­gie­spa­rend zu entwi­ckeln, weil der 5G-Ausbau welt­weit Fahrt aufnimmt und schneller in die Fläche und zu den Menschen kommt, als 4G oder ältere Stan­dards es jemals geschafft haben.

FTTR - Glas­faser in den Raum

FTTR - Fiber to the Room, ein Kabel mit zwei Kupferleitungen und einer Glasfaser für die schnelle Heiminstallation von Glasfaser FTTR - Fiber to the Room, ein Kabel mit zwei Kupferleitungen und einer Glasfaser für die schnelle Heiminstallation von Glasfaser
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Am Stand von Huawei wurden neben Netz und Sender­technik auch die Zukunft des vernetzten Heims gezeigt: "FTTR" steht für "Fiber to the Room" (Glas­faser ins Zimmer). Dabei wird ein flexi­bles Kabel, das zwei elek­tri­sche Kupfer­drähte (für die Strom­ver­sor­gung) und eine Glas­faser enthält, mit einer Art Besen­stiel in die Ecken des Raumes geklebt und entlang der Kanten weiter­geführt.

Künftig werden also Heim­router gleich Licht­signale empfangen und verwalten, die heimi­sche Vernet­zung kann dadurch schneller und leis­tungs­fähiger werden, und es gibt keine lästigen WLAN-Funk­löcher oder Über­las­tungen mehr. Viel­leicht nicht gleich, aber bald.

Der Router ist das Herz­stück eines vernetzten Zuhauses. In einer Über­sicht finden Sie aktu­elle (V)DSL-Router von AVM, Telekom & Co.

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