Open RAN: mehr Software, mehr Anbieter?
Der Mobile World Congress richtet sich an Führungskräfte und Fachbesucher. Die können sich über neue Technologien und Netzwerk-Ausrüstung informieren und neue Deals vereinbaren oder auf den Weg bringen.
Folglich ist die Messe ein wichtiger Treffpunkt für Netzwerkausrüster wie beispielsweise Ericsson, Huawei, Nokia oder ZTE, aber auch viel kleinere oder weniger bekannte Ausrüster von Hardware und/oder Software und Dienstleistungen. teltarif.de hat sich umgeschaut.
Branche permanent im Umbruch
Die Zukunft ist da, ein Motto am Huawei-Stand, das auf die gesamte Branche zutrifft
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Die Branche ist im Umbruch. Wer sich als Netzanbieter ein Netz kauft oder mietet (der Lieferant plant und baut das Netz auf und betreibt es auch gleich für den Netzanbieter), der hat (mindestens) eine Sendeantenne (von einem Hersteller nach Wahl), darunter eine Radio-Unit (der eigentliche Sender/Empfänger, dessen Funksignale über Koaxkabel zur Antenne gehen) und am Boden eine Base-Band-Unit.
Diese bereitet das Sendersignal auf bzw. setzt die empfangenen Funksignale in digitale Informationen für das Netz dahinter um.
Single-RAN - Single-Hersteller
Bislang galt die Regel, wer sich für einen Hersteller X entscheidet, muss von diesem BBU und die RadioUnit kaufen. Der Vorteil dieser Lösung: In den verbauten Einheiten arbeiten spezielle leistungsfähige Signalprozessoren, die auf maximale Effizienz (minimaler Stromverbrauch) und höchste Geschwindigkeit getrimmt sind
Man spricht von Single-RAN. Was dieser Sender ausstrahlt, ob 2G, 3G, 4G, 5G-NSA/SA ist eine Frage der Software.
Huawei: Gut und günstig - aber umstritten
Die ersten Anwender von 5G sitzen in der Industrie, wo schnelle präzise und sichere Datenübertragungen wichtig sind, hier bei Nokia
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Gut und günstig waren und sind die Produkte des chinesischen Herstellers Huawei. Doch dieser Hersteller ist politisch in Ungnade gefallen, weil man der chinesischen Führung unterstellt, ihre Hersteller anzuweisen, in die gelieferte Netztechnik entweder Abhörschnittstellen oder den berühmten "Kill-Switch" (oder beides) einzubauen. Falls in einem größeren internationalen Konflikt vermieden werden soll, dass unliebsame Informationen übermittelt oder die belieferten Länder nicht mit den politischen Vorgaben aus China übereinstimmen sollten, hätte die chinesische Führung eine (theoretische) Eingriffsmöglichkeit.
Die Diskussion ist hochpolitisch. Sicher wäre vieles möglich. Lange ging man davon aus, dass Hersteller wie Huawei schlau genug sind, das nicht zu tun, denn einmal entdeckt und bewiesen, wären für die Zukunft wesentliche Märkte verschlossen.
USA möchten eigene Produkte verkaufen
Dass ein Großteil der Technik aus China stammt, ist beispielsweise der US-Regierung und vielen US-Herstellern gar nicht Recht. Sie möchten lieber "eigene" Technik verkaufen, von der sie glauben, sie kontrollieren zu können und im Übrigen machen sich Arbeitsplätze im eigenen Land auch ganz gut.
Dabei wurde viel politischer Druck ausgeübt und damit (ungewollt) die chinesische Industrie stärker in die Arme "kontrollwütiger" Politiker getrieben.
Ist Open RAN die Lösung?
Die Zukunft aufleuchten lassen, möchte Huawei. Das Interesse war groß
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
So entstand die Idee von Open-RAN. Die Komponenten zwischen Netz und Sendeantenne sollten "geöffnet" werden und mit altbewährter X-86-Technik (die seit Jahrzehnten im PC werkelt) ersetzt werden.
Der Vorteil: Neue Netzfunktionen wären als Software ruckzuck programmiert und eingerichtet. Bei der Single-RAN-Lösung ist jede Änderung ziemlich aufwendig und nur vom Original-Lieferanten machbar. Kein Wunder also, dass auf dem Mobile World Congress jede Menge Software- und Service-Anbieter vertreten waren, wobei fast jeder für sich in Anspruch nahm, alle Probleme und Fragen zu künftigen Netzen mit Open-RAN lösen zu können.
Mehr Beratung und Integration notwendig
Weil man dabei schnell den Überblick zu verlieren droht, braucht es "System-Integratoren", die sich den Markt anschauen, Komponenten kombinieren und ausprobieren und danach die Netzanbieter dabei beraten. Das bedeutet, die Abhängigkeit von einem Lieferanten wechselt nun zu einem Netzintegrator, denn zwei oder mehr davon auf einmal würden sich schnell in die Haare kriegen.
Es muss noch viel mehr getestet und geprüft werden, denn auch die Lieferanten der verschiedenen Komponenten könnten "böses" im Schilde führen.
5G: 11 Prozent mehr Energie, dafür 8-fache Kapazität
Es gibt auch einen weiteren Aspekt, den ein Vertreter von Huawei gegenüber teltarif.de erläuterte: Eine 5G-Anlage gegenüber einer 4G-Anlage brauche etwa 11 Prozent mehr Energie als vorher, biete aber in etwa die achtfache Kapazität.
Wenn man nun weiß, dass der Datenverbrauch jedes Jahr um 40 bis 50 Prozent steigt, kann mit modernster Technik der steigende Energieverbrauch gebremst, aber nicht auf 0 (unverändert) oder darunter (weniger) gebracht werden. Bei Nokia wollte man die konkreten Zahlen nicht bestätigen, wohl aber das Grundprinzip der Rechnung.
Dichtes Gedränge am Stand von Huawei zeigt aber, dass das Interesse an Produkten des Herstellers ungebrochen ist.
Trend: Kleiner, leichte, leistungsfähiger
Das Ziel aller Anbieter ist, den technischen Aufwand an Sendestationen zu reduzieren (links aktuell, rechts die Zukunft)
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Die Trends der Branche wurden deutlich sichtbar: Künftige Antennen werden kleiner und leichter, da sie von Menschen am Mast hochgezogen werden und die Masten stabiler bleiben. Diese Antennen enthalten immer mehr bis alle möglichen Frequenz-Bänder und aktive Elemente. Was nicht unbedingt oben direkt an der Antenne gebraucht wird, findet unten am Fuße des Mastes im einem wetterfesten Kasten oder einem Gebäude daneben statt.
Die Verfechter von Open-RAN wollen sogar diese Technik in Rechenzentren konzentrieren, sie brauchen also nur noch eine Glasfaser von der (aktiven) Antenne bis hin zu diesem Rechenzentrum. Die Lieferanten oder Vermieter von Glasfaserleitungen freuen sich.
Glasfaser - Strom - Glasfaser?
Nicht nur bei Huawei hat man sich überlegt, dass es eigentlich unsinnig ist, die Glasfaser-Signale in Strom zu wandeln, dann elektrisch umzurechnen oder weiter zu verarbeiten, um sie danach wieder in Licht zurückzuwandeln und weiterzuschicken, wo das Spiel von neuem beginnt. Deswegen wird bereits an optischen Prozessoren gearbeitet, die auch intern mit Licht arbeiten und rechnen können. Eine ähnliche Technik ist auch bei Nokia bereits in der Entwicklung und Erprobung.
Sowohl Nokia als auch Huawei und Ericsson sind dabei, die Technik leistungsfähiger, leichter und möglichst energiesparend zu entwickeln, weil der 5G-Ausbau weltweit Fahrt aufnimmt und schneller in die Fläche und zu den Menschen kommt, als 4G oder ältere Standards es jemals geschafft haben.
FTTR - Glasfaser in den Raum
FTTR - Fiber to the Room, ein Kabel mit zwei Kupferleitungen und einer Glasfaser für die schnelle Heiminstallation von Glasfaser
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Am Stand von Huawei wurden neben Netz und Sendertechnik auch die Zukunft des vernetzten Heims gezeigt: "FTTR" steht für "Fiber to the Room" (Glasfaser ins Zimmer). Dabei wird ein flexibles Kabel, das zwei elektrische Kupferdrähte (für die Stromversorgung) und eine Glasfaser enthält, mit einer Art Besenstiel in die Ecken des Raumes geklebt und entlang der Kanten weitergeführt.
Künftig werden also Heimrouter gleich Lichtsignale empfangen und verwalten, die heimische Vernetzung kann dadurch schneller und leistungsfähiger werden, und es gibt keine lästigen WLAN-Funklöcher oder Überlastungen mehr. Vielleicht nicht gleich, aber bald.
Der Router ist das Herzstück eines vernetzten Zuhauses. In einer Übersicht finden Sie aktuelle (V)DSL-Router von AVM, Telekom & Co.