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Editorial: Langsam hinterher statt schnell vorneweg

Netzaufbaustrategien im Vergleich
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Gut drei Jahre ist es her, da hatte ich E-Plus für die Verkündung ihrer als "smart follower" bezeichneten konsequenten Billigstrategie, die sie vor gut vier Jahren mit der Einführung von simyo und Base begonnen hatten, gelobt. Somit ist es Zeit zu prüfen, ob diese Vorschusslorbeeren tatsächlich gerechtfertigt sind. Denn in der Vergangenheit waren lobenswerte Ankündigungen der Netzbetreiber am Ende oft nichts mehr als reine Lippenbekenntnisse.

Doch E-Plus hat Wort gehalten: Sie aktivieren den UMTS-Turbo HSDPA erst dieser Tage, volle drei Jahre nach der Konkurrenz. Und während diese bereits Datenraten im zweistelligen Megabit-pro-Sekunde-Bereich testet, bleibt E-Plus weiterhin unter einem Megabit pro Sekunde. Zugleich gängelt E-Plus selbst wertvolle Altkunden, die hohen Umsatz erzielen, mit mickrigen Handysubventionen.

Sicher hat E-Plus auf diesem Weg zahlreiche Premium-Kunden verloren. Sie haben aber auch massiv Kosten gespart, für Highspeed-Netztechnik, die heute deutlich günstiger zu haben ist als vor zwei Jahren, für nicht bezahlte Handy-Subvention, durch reduzierte Hotline-Kosten. Die so gesparten Kosten ermöglichten E-Plus, so manche Preisrunde im Discounter-Bereich einzuläuten, der die Konkurrenz nicht oder nur teilweise bzw. verspätet folgen konnte.

Maßvolle Investitionen

Doch E-Plus kann sich nicht allen Investitionen verweigern. Ist eine Zelle dauernd überlastet, muss diese geteilt oder deren Kapazität erhöht werden. Letzteres ist per HS(D)PA möglich, und so ist es nur sinnvoll, dass auch E-Plus diese Technologie sukzessive einführt. Wie der teltarif.de-Test zeigt, wird der UMTS-Turbo aber anscheinend vor allem verwendet, um die Gesamt-Bitrate in einer Zelle zu erhöhen, nicht so sehr, um einzelnen Usern Traum-Datenraten zu ermöglichen. Vor dem Hintergrund der allgemeinen E-Plus-Strategie ist diese Maßnahme sinnvoll.

Schwieriger wird für E-Plus die Entscheidung, wie viel Geld sie bei der kommenden Frequenz-Auktion investieren wollen. Denn sie können hier den Kauf nicht nach dem Motto verschieben: "In ein paar Jahren wird das Spektrum billiger geworden sein". Vielmehr gilt: Was weg ist, ist weg. Denn selbst, wenn es, wie nach der berüchtigten Multimilliarden-schweren UMTS-Aktion zur Rückgabe gleich mehrerer Lizenzen kommt, würden diese erst in etlichen Jahren erneut ausgeschrieben werden.

Und so hat die E-Plus-Muttergesellschaft KPN schon einmal verlautbaren lassen, dass sie bei der Auktion seriös mitsteigern wird. Ein klares Signal an die Mitbewerber, dass sie nicht damit rechnen können, alle Frequenzen unter sich aufteilen zu können. Aber vielleicht auch ein schlechtes Omen, dass es abermals ein Wettsteigern geben könnte.

Kein Wunder, dass es Verhandlungen auf der politischen Bühne gibt. Die Spätstarter E-Plus und o2, die geringere Ausstattung im "D"-Netz-Bereich um 900 MHz haben, wünschen sich eine Art Exklusiv-Bietrecht auf entsprechende Frequenzen. Nur: Dieses kann auch jede Firma beanspruchen, die noch gar nicht im Mobilfunkbereich aktiv ist. Solche Neueinsteiger sind durchaus wahrscheinlich; Verdächtige hierfür sind im Vertriebsbereich bereits starke Anbieter wie die Elektromarkt-Ketten oder große Mobilfunk-Discounter.

Hat E-Plus sich aber ein paar Frequenzpakete gesichert, werden sie garantiert nicht die ersten sein, die diese auch aktivieren, und erst recht nicht mit einer neuen Technik wie LTE. Sollen sich doch andere Anbieter mit anderer Kunden- und Kostenstruktur damit die Finger verbrennen. E-Plus kann LTE auch dann noch einführen, wenn es stabil läuft.

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