Beschwerden über unerlaubte Werbeanrufe nehmen zu
Ob Energieverträge oder Finanzprodukte: Der Ärger über unerlaubte Telefonwerbung ist deutlich größer als zuvor. Die Zahl der Beschwerden über unerlaubte Werbeanrufe lag in den ersten vier Monaten dieses Jahres bei rund 30.000 und damit um 12.000 höher als im Vorjahreszeitraum, wie die Bundesnetzagentur heute in Bonn mitteilte. Werbeanrufe sind nur erlaubt, wenn der Angerufene vorher eingewilligt hat.
Ein Bundesgesetz für faire Verbraucherverträge, das noch in der Mache ist, könnte das Problem mindern: Das sieht vor, dass telefonisch abgeschlossene Strom- und Gasverträge schriftlich bestätigt werden müssen. Zudem sollen die Firmen verpflichtet werden, die Einwilligung der Verbraucher in Telefonwerbung zu dokumentieren.
So wehren sich Verbraucher gegen Werbetricks
Unerlaubte Werbeanrufe nehmen zu
Foto: Picture Alliance / dpa
So oft wurden Verbraucher noch nie ungefragt
angerufen. Mehr als 63.000 Beschwerden gab es bei der
Bundesnetzagentur im vergangenen Jahr - ein neuer Höchstwert. "Das
ist ein Dauerärgerthema, das nicht ausstirbt", sagt Carola Elbrecht
vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). "Obwohl die
Verbraucherzentralen und die Bundesnetzagentur fortlaufend gegen
unerlaubte Telefonwerbung vorgehen, scheint es sich für die
Unternehmen zu lohnen."
Eigentlich sind Werbeanrufe bei Verbrauchern nur erlaubt, wenn der Angerufene vorher seine Einwilligung dazu gegeben hat, weiß Rechtsanwalt Harald Rotter, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Allgemeinanwalt des Deutschen Anwaltvereins (DAV). "Die wenigsten erlauben das wissentlich. Häufig greifen Unternehmen die Daten aber bei kostenlosen Gewinnspielen ab und holen sich dabei die Bestätigung, dass sie die Daten zu Werbezwecken weitergeben dürfen."
Im Streitfall kann eine solche Einwilligung schon reichen, wenn der Werber sie nachweisen kann. Doch nicht immer haben die Unternehmen tatsächlich eine Erlaubnis erhalten.
Verbraucher können sich wehren
Wer nicht mehr möchte, dass das Telefon ständig klingelt, kann sich wehren. Zusammen mit einem Anwalt können Verbraucher mittels Abmahnung gegen das Unternehmen vorgehen. Manche Anwälte verlangen dafür lediglich ein niedriges Pauschalhonorar.
"Oft genügt es aber schon, vom Unternehmen einen Nachweis zu verlangen, dass eine Einwilligung zur Telefonwerbung vorlag", sagt Harald Rotter. "Die wissen dann meist, dass eine Abmahnung droht und streichen die Telefonnummer." Gab es eine Einwilligung, können Verbraucher die Löschung ihrer Daten verlangen.
Kein Unternehmen hat etwas zu verschenken
Ruft doch noch jemand an, sollte der Angerufene auf der Hut sein. Denn mitunter wird ihm ungewollt ein Vertrag untergeschoben. Die Verbraucherzentralen berichten zum Beispiel von Unternehmen, die Nahrungsergänzungsmittel unter anderem gegen Gelenkschmerzen verkaufen. Wer für Pillenproben seine Adresse herausgibt, bekommt mit den versprochenen Tabletten ein teures Pharma-Abo untergeschoben.
"Solche Vertriebler sprechen oft die emotionale Ebene an, es gibt zuerst ein nettes Gespräch", beschreibt Carola Elbrecht die Masche der Anrufer. "Aber kein Unternehmen hat etwas zu verschenken. Wenn es Testprodukte gratis gibt, sollten die Alarmglocken läuten", erklärt die Referentin im Team Marktbeobachtung Digitales.
Energieanbieter arbeiten mit Tricks
Umtriebig sind auch manche Energieunternehmen. Sie locken mit Geld und Ersparnis bei Strom und Gas. Fordert der Angerufene lediglich Infomaterial an, bekommt er mitunter stattdessen eine Auftragsbestätigung geschickt.
Das Problem: "Energieversorger können schon mit relativ wenigen Angaben des vermeintlichen Kunden seinen Vertrag einfach kündigen. Das nutzen unseriöse Anbieter offenbar aus", sagt Elbrecht. Ohne Strom steht bei so einem Wechsel zwar niemand da, aber Ärger gibt es. Denn der alte Stromanbieter muss seinen ehemaligen Kunden nicht wieder aufnehmen, schon gar nicht zu den früheren Konditionen.
Vereinbarung sofort widerrufen
Eigentlich ist so eine Vereinbarung, die Verbrauchern untergeschoben wurde, gar nicht wirksam. Theoretisch könnte man sie einfach ignorieren. "Aber die Unternehmen beharren auf ihren Forderungen. Sie bestehen darauf, dass es einen Vertrag gibt und wollen Geld sehen", weiß Elbrecht. Manchmal schicken sie auch das Inkassounternehmen vor.
Rechtsanwalt Rotter, empfiehlt daher, solch einen Kontrakt besser sofort zu widerrufen. Sobald die Vertragsbestätigung kommt, sollten Verbraucher reagieren. Kam die Bestätigung per Mail, schicken sie am besten direkt eine E-Mail mit dem Widerruf zurück.
Und zusätzlich, um sicherzugehen, sollte man das Geld investieren und auch ein Einschreiben mit Rückschein schicken. Dubiose Unternehmen neigten dazu, sonst solche Schreiben zu ignorieren, berichtet er aus seiner Beratungspraxis. Kostenlose Musterbriefe gibt es bei den Verbraucherzentralen.
Notizen können sinnvoll sein
14 Tage haben Verbraucher für einen Widerruf Zeit, die Frist läuft ab Vertragsschluss oder ab Lieferung der Ware. "Unbestellte Ware muss übrigens niemand zurückschicken. Stattdessen ist der Versender dafür verantwortlich die zurückzuholen", sagt Carola Elbrecht.
Damit es gar nicht erst so weit kommt, dass Auftragsbestätigungen oder Pakete ungefragt zugeschickt werden, gibt es für das Telefonat einige Tipps. So ist es sinnvoll, kritisch nachzuhaken und sich neben dem Unternehmensnamen auch die Rufnummer, Datum und Uhrzeit zu notieren. Auch ein paar Stichpunkte zum Gesprächsinhalt können helfen, sollte es später zu einer Abmahnung des Unternehmens kommen.
Im Zweifel einfach auflegen
"Fassen Sie am Ende des Gesprächs nochmal zusammen, worauf Sie sich geeinigt haben. Also beispielsweise auf Gratisproben ohne Vertragsverpflichtung. Damit zeigt man dem Anrufer auch, dass man nicht auf den Kopf gefallen ist", bekräftigt Elbrecht.
Sensible Daten wie Geburtsdatum, Adresse oder gar Bankverbindung sollten Verbraucher am Telefon bei solchen Anrufen möglichst nicht preisgeben. Wem das alles zu viel ist, der kann bei ungebetenen Anrufen auch einfach auflegen.
Wer unerlaubt Verbraucher anruft, wird bestraft. Das gilt auch dann, wenn ein Call-Center wie KiKxxl eine veraltete Werbeeinwilligung verwendet. Trotz Widerspruch hörte der Telefon-Terror nicht auf.