CbC

Editorial: congstar NGN: Der Anfang vom Ende von Call by Call?

Gelten die alten Regeln auch für neue Anschlusstypen?
Von

Kaum war das Produkt im Markt, kam der Ärger: Die Konkurrenten der Telekom, allen voran der Branchenverband VATM, beschweren sich, dass der Telekom-Ableger congstar Telefonanschlüsse anbietet, bei denen Call by Call und Preselection gesperrt sind. Der herbeigerufene Regulierer reagiert, wenn auch nur durch Einschaltung des Dienstweges in Form des Starts einer öffentlichen Anhörung.

Auf den ersten Blick sollte man meinen, dass die Situation einfach ist: congstar gehört zum Telekom-Konzern. Die Telekom muss Call by Call anbieten, folglich congstar auch. Es wäre ja noch schöner, wenn sich die Telefonfirmen den Regulierungsauflagen einfach durch Gründung einer Tochtergesellschaft entziehen können.

Auf der anderen Seite verwendet congstar eine andere Anschlusstechnologie als die Telekom: Statt einem Analog- oder ISDN-Anschluss, gegebenenfalls ergänzt um DSL für den schnellen Internetzugang, schaltet congstar einen reinen DSL-Anschluss und verwendet NGN/VoIP, um Telefonie anzubieten. So machen es zumindest in Teilbereichen ihres Versorgungsgebietes auch 1 & 1, Alice/Hansenet, freenet, o2 und diverse weitere Anbieter. Auch bei diesen ist kein Call by Call möglich.

Gesetzgeber unterscheidet nicht zwischen Anschlussarten

Die gesetzliche Verpflichtung zum Angebot von Call by Call und Preselection findet sich in § 40 TKG [Link entfernt] . Dort wird in Absatz 1, Satz 1 ganz allgemein von der "Bereitstellung des Anschlusses an das öffentliche Telefonnetz und dessen Nutzung an festen Standorten" gesprochen und nicht zwischen verschiedenen Netzen und Zugangsmöglichkeiten unterschieden. Da zum Zeitpunkt, als die aktuelle Form von § 40 TKG formuliert wurde, Analog- und ISDN-Anschlüsse bereits verfügbar und VoIP/NGN zumindest absehbar waren, ist die aktuelle Formulierung ein deutliches Indiz dafür, dass der Gesetzgeber tatsächlich nicht zwischen verschiedenen Zugangsformen unterscheiden will, und nicht nur mangels Unterscheidungsmöglichkeit eine abstrakte Formulierung wählte.

Am Schluss müssen die Bundesnetzagentur und die Gerichte den Willen des Geseztgebers auslegen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Call-by-Call-NGN-Streit bis vors Bundesverwaltungsgericht in Leipzig getragen wird, möglicherweise sogar bis vor den Europäischen Gerichtshof. Bis es endlich Rechtssicherheit gibt, können somit einige Jahre vergehen.

Weitere Editorials