Reding-Interview

teltarif-Interview mit EU-Kommissarin Viviane Reding

Medienkommissarin Reding will günstigere SMS-Preise auch in Deutschland
Von Das Interview führte Marc Kessler.

Es gibt schon diverse Netzbetreiber-Allianzen, in denen sich die Anbieter nur 25 Cent pro Megabyte berechnen. Andererseits nimmt der technische Fortschritt angesichts UMTS und dem Nachfolger LTE immer mehr zu, man kann in ganz kurzer Zeit hohe Datenmengen herunterladen. Entsteht für den Kunden nicht trotzdem ein Rechnungsschock, wenn er beispielsweise ein Windows-Update von 50 MB herunterlädt? Hätte man den Vorleistungspreis von einem Euro pro Megabyte nicht noch weiter deckeln können oder müssen?

Sicher, darüber kann man immer diskutieren. Ich weiß ja, dass diese Großkundenpreise bei einigen Betreibern bei 25 Cent liegen. Uns kommt es darauf an, dass dieser Markt sich positiv entwickelt. Ein Euro ist ja Obergrenze, es ist ja nicht so, dass es ein Euro sein muss. Es könnte auch viel weniger sein. Wir werden 2011 zurückkommen auf diese Problematik und eine Marktanalyse vorlegen über das, was sich entwickelt im Sprachbereich, SMS-Bereich und der Datenübertragung. Und dann müssen die politischen Entscheidungsträger in dem Moment dann sagen, wie es weitergeht. Genügt das, was wir auf Datenübertragungs-Ebene festgelegt haben oder entwickelt der Markt sich nicht? Wir haben ja schon gesehen, dass im Vergleich zum vergangenen Jahr die Preise für Datenübertragung etwas gesunken sind, etwa um einen Euro im Durchschnitt. Viviane Reding im Gespräch mit
teltarif-Redakteur Marc Kessler
Foto: teltarif.de

Jedenfalls sehe ich hier eine Riesenchance für Europa. Wir haben interessante Inhalte anzubieten, überall in Europa. Und ich glaube, dass die Menschen in Zukunft mit ihrem Handy auch überall diese Dienstleistungen haben möchten. Das werden sie aber nur dann aufgreifen, wenn die Preise in Ordnung sind. So dass es im ureigenen Interesse der Betreiber wäre, dies zu solchen Tarifen anzubieten, damit die Verbraucher das aufgreifen und ihr Handy im Ausland gebrauchen, als wenn sie zuhause wären.

Darf ich Ihnen jetzt das Versprechen abnehmen: Wenn die Datenpreise nicht genug sinken, werden Sie wieder eingreifen?

Logischerweise könnte ich mir das so vorstellen, ja.

Was glauben Sie, was ein Endkunde letztlich für ein Megabyte bezahlt?

Ich kann Ihnen nur sagen: Wenn mein Sohn ins Ausland auf ein Fußballturnier fährt, dann macht er zwar Fotos mit seinem Handy, aber er verschickt die nicht nach Hause an seine Freunde. Viel zu teuer! Und dieses Segment der Kunden würde mit Begeisterung Hunderte von Fotos nach Hause senden, wenn der Preis richtig wäre! Die würden das ja automatisch tun. Und ich glaube, das sollten die Betreiber sich mal gut überlegen, dass sie in Zukunft Kunden bekommen, die das Handy im Ausland einfach nutzen.

Was würde ihr Sohn denn als guten Preis sehen?

Ich glaube, zwei Euro pro Foto (wenn das ein MB groß wäre), das wäre dem schon viel zuviel. Da würde der schon ausrechnen, mit seinem Taschengeld klappt das nicht.

Also sind Sie innerlich der Meinung, dass das eigentlich immer noch zuviel ist?

Der eine Euro pro MB ist ein Sicherheitsnetz, ganz einfach, damit dieser Markt überhaupt mal gedeckelt ist, damit überhaupt mal eine Chance besteht. Der dänische Regulierer hat herausgefunden, dass die Übertragung von solchem Material fast nichts kostet. Ergo könnte man sich vorstellen, dass - falls dieser Markt sich nun wirklich entwickelt - die Preise purzeln, auch deutlich unter einen Euro für den Endkunden. Dann nämlich würden diese Jugendlichen, die auf dem Fußballfeld in einem Nachbarstaat sind, diese ganze Begeisterung auf das Handy aufnehmen und gleich an die Freunde nach Hause schicken.

Sie setzen im Endeffekt also darauf: Die Betreiber sollen die Preise heruntersetzen, die Nutzung steigt und die Gewinne fließen trotzdem?

Die Nutzung steigt massiv. Das haben wir ja auch schon im Sprachbereich gesehen. Da ist ja der Roaming-Sprachgebrauch um 34 Prozent gestiegen im Laufe eines Jahres seit Einführung des Euro-Tarifs. Die Leute haben ganz einfach ihr Handy nicht mehr ausgeschaltet, und sie haben normal telefoniert.

Auf der nächsten Seite verrät Viviane Reding, was sie von Bundesnetzagentur-Chef Kurth bei den deutschen SMS-Preisen erwartet und wie sie auf Hilfe aus Deutschland setzt.

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