Reding-Interview

teltarif-Interview mit EU-Kommissarin Viviane Reding

Medienkommissarin Reding will günstigere SMS-Preise auch in Deutschland
Von Das Interview führte Marc Kessler.

EU-Kommissarin Viviane Reding will - wie berichtet - ab 2009 einen verbindlichen SMS-Preis von gut 13 Cent inklusive Mehrwertsteuer im EU-Ausland vorschreiben und das Vorleistungsentgelt für Datenübertragung, das sich Anbieter beim Datenroaming gegenseitig berechnen dürfen, auf einen Euro pro Megabyte zuzüglich der jeweiligen Mehrwertsteuer senken. Außerdem sollen die Preise für Telefongespräche im EU-Ausland von 2010 bis 2012 in drei jährlichen Schritten weiter gesenkt werden, so dass ab Juli 2012 im Euro-Tarif nur noch rund 40,5 Cent für abgehende und knapp 12 Cent (jeweils brutto) für angenommene Anrufe innerhalb der EU anfallen sollen.

Die Brüsseler Medienkommissarin stand teltarif.de gestern Abend in Berlin Rede und Antwort zu ihrem Gesetzesentwurf, über den EU-Parlament und EU-Rat Ende November abstimmen werden. Dabei zeigte sich Reding nicht nur als trockene Bürokratin, sondern plauderte auch über ihren Sohn - und warum der auch die künftigen Datenpreise nicht mit seinem Taschengeld vereinbaren kann.

Die Luxemburgerin musste zugeben, dass sie selbst mit dem geplanten Vorleistungsentgelt von einem Euro pro Megabyte nicht glücklich ist, diesen Preis aber als ersten Schritt und als "Sicherheitsnetz" für den Verbraucher sieht. Warum Viviane Reding auch Bundesnetzagentur-Chef Matthias Kurth in der Pflicht sieht und deutsche SMS-Preise für zu teuer hält, lesen Sie nun in unserem Interview.

Frau Reding, Sie wollen mit Ihrem jetzigen Entwurf alle Bereiche regeln, also Sprache, SMS und Daten. Ist diese Regulierung Ihrer Meinung nach notwendig?

Leider. Wir hatten ja damit gerechnet, dass die Industrie den Markt selbst in die Hand nimmt und die Preise freiwillig senkt. Und zwar auf das Niveau, das angemessen ist, das kundengerecht ist. Das ist leider nicht geschehen, trotz Warnungen, trotz Ultimatum. Jetzt muss ganz einfach die Politik eingreifen. Denn es kann und darf ja nicht sein, dass der Konsument zur Ader gelassen wird und exzessive Preise für Dienstleistungen zahlt. EU-Kommissarin Reding im teltarif-Interview
Foto: teltarif.de

Sie möchten auch den Bereich Sprache weiter regulieren mit künftigen Senkungen in den Jahren 2010, 2011 und 2012. Ist die weitere Senkung hier notwendig; ist es nach wie vor zuviel, was der Verbraucher in Europa zahlt?

Wir hatten ja damit gerechnet, indem wir eine Deckelung machen für Konsumentenpreise und für Großkundenpreise, dass dadurch ein richtiger Wettbewerb entsteht. Das ist nicht geschehen. Es gibt einen Wettbewerb auf nationaler Ebene, wo die Verbraucher auch sehr klar sehen, was denn die Preise sind und sich so ihren Betreiber aussuchen.

Was die Preise auf Roaming-Ebene sind, merken die Verbraucher erst, wenn sie ins Ausland gehen. Genau weil sich dieser Wettbewerb nicht entwickelt hat, war es notwendig, noch weiter zu regulieren. Wir wollen ja, dass ein Verbraucher sich im Ausland, in Europa, genauso fühlt wie zuhause und dass er nicht bestraft wird, weil er eine Grenze überschreitet. Das ist nicht der gemeinsame Binnenmarkt in Europa, den wir wollen.

Bei den Datenpreisen gehen Sie einen anderen Regulierungsweg. Hier wollen Sie die Vorleistungsentgelte auf einen Euro pro Megabyte regulieren. Wieso legen Sie keinen verbindlichen Endkundenpreis fest?

Im Sprachroaming und SMS-Roaming handelt es sich um reife Märkte, also Märkte, die eigentlich funktionieren müssten. Deshalb ist es inakzeptabel, dass dort diese hohen Kundenpreise verlangt werden. Datenroaming ist ein neuer Markt, der sich erst am entwickeln ist. Und in einen neuen Markt sollte man nicht reinpfuschen. Wenn es aber - wie in diesem neuen Markt - solche Auswüchse, absolute Fehlentwicklungen gibt, muss man denen einen Riegel vorschieben, ohne aber festzuschreiben, wie sich dieser Markt zu entwickeln hat.

Wir haben ja von diesen Schockrechnungen gehört: Wenn ich einen Zeitungsartikel downloade auf mein Handy hier in Berlin, zahle ich vielleicht 5 bis 15 Cent pro Zeitungsartikel, wenn ich denselben Zeitungsartikel auf Mallorca downloade, zahle ich 10, 12, 16 Euro. Also wenn ich das nicht weiß, bekomme ich nach meinem Mallorca-Urlaub eine Rechnung, die in die Tausende Euro gehen kann. Deshalb zunächst einmal den Kunden informieren, was er zahlt. Und dann in einer zweiten Etappe, dass der Kunde mit seinem Handy-Betreiber abmacht, in welcher Höhe er überhaupt zahlen möchte, also die Maximalgrenze. Wenn ich in Ferien gehe, sage ich vielleicht 50 Euro, wenn ich ein Geschäftsreisender bin, sage ich vielleicht 500 oder 1000 Euro, und wenn ich einen Vertrag für meine Kinder mache, sage ich vielleicht Null Euro.

Und weil wir ja gesehen haben, dass viele Anbieter den Kunden ja überhaupt keine normalen Preise anbieten können, weil sie auf Großkundenebene bis zu 6 Euro pro Megabyte zahlen müssen, dann können die ja den Kunden nicht 2 oder 3 Euro verrechnen, sonst machen die ja ein Verlustgeschäft. Also: Dass im Großkundenbereich zuerst einmal ein Sicherheitsnetz geschaffen wird, damit dann anschließend große und kleine Betreiber kundengerechte Pakete offerieren können.

Auf der nächsten Seite: Viviane Reding gibt teltarif.de ein Versprechen und erzählt, warum ihr Sohn keine Fußball-Bilder nach Hause schickt.

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