umgelegt

Editorial: Mehr Haftung für Manager!?

Millionenrückforderungen könnten zum Bumerang werden
Von

Manager sind auch nur Menschen. Das sollte man sich immer vor Augen halten, wenn man ihnen leichtfertiges oder eigensüchtiges Handeln vorwirft, egal ob im Fall des pleite gegangenen Handy-Herstellers BenQ-Siemens, ob im Fall des Verdachts auf Insider-Handel bei Chef und Finanzvorstand von freenet oder ob im Fall der Finanzkrise bei Banken und der daraus folgenden Wirtschaftskrise.

Auch Top-Manager machen dieselben Fehler wie alle Menschen: Sie überschätzen gern ihr eigenes Können, halten beispielsweise eine Situation noch für beherrschbar, die sich längst ihrer Kontrolle entzogen hat. Sie versuchen, es allen recht zu machen, auch dann, wenn sie dazu Kompromisse oder Risiken eingehen, die unverantwortlich sind. Und sie denken auch an den eigenen Geldbeutel und nehmen den "einen oder anderen Euro" oder, genauer gesagt, die "eine oder andere Million" gerne mit, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet.

Doch wer top verdient, von dem kann auch gefordert werden, dass er eine Top-Leistung bringt, und die genannten Fehler zumindest seltener macht als durchschnittliche Menschen. Und wenn es doch zu erheblichen Fehlern kommt, dürfen die Konsequenzen bei einem Top-Manager auch durchaus härter ausfallen als beim Durchschnittsbürger. Doch muss man dabei Augenmaß bewahren.

Rückforderungen des insolventen Unternehmens

Bei der BenQ-Siemens-Pleite spricht vieles dafür, dass die von BenQ eingesetzten Manager zum Schluss vor allem im Interesse des taiwanesischen Mutterkonzerns und weniger im Interesse des deutschen Ablegers BenQ Mobile gehandelt haben. Laut dem Insolvenzverwalter wurden deutliche Vermögensverschiebungen festgestellt. Auch soll zu spät Insolvenz angemeldet worden sein, als der Handy-Hersteller bereits monatelang überschuldet war. Die gesetzlich zulässige Frist beträgt nur drei Wochen.

Vor diesem Hintergrund erscheint es gerechtfertigt, dass die Ex-Manager für beiseite geschaffte Gelder und die verspätete Insolvenz-Anmeldung haften sollen. Andererseits dürfte bei den drei verklagten Managern allenfalls ein kleiner Teil der 1,2 Milliarden Euro zu erlösen sein, die BenQ Mobile seinen Gläubigern schuldet. Auch, wenn es um etliche Millionen geht, hat die entsprechende Klage des Insolvenzverwalters vor allem Symbolcharakter.

Ebenso ist fraglich, ob Haftungsklagen wie bei BenQ Mobile die Managerkaste insgesamt dazu bewegen, sich mehr im Sinne des Unternehmens zu verhalten. Denn ebenso ist denkbar, dass die Manager ihre Kreativität vor allem dafür einsetzen, Wege zu finden, die Haftung doch weitgehend auszuschließen, sei es durch entsprechende Klauseln im Anstellungsvertrag oder durch Versicherungen. Die Versicherungsprämie wird im Zweifelsfall der Betrieb zahlen müssen, was die Managerkosten weiter erhöht.

Sollten alle Risiko-Ausschluss-Bemühungen der Manager fehlschlagen, werden sie dennoch nicht tatenlos bleiben, sondern für das Haftungsrisiko entsprechende Aufschläge auf ihr Gehalt fordern: Je höher die Gefahr, durch die Manager-Tätigkeit am Schluss mit Millionen-Schulden dazustehen, desto höher muss auch das Honorar im Erfolgsfall sein. Die absurde Folge wäre, dass die Managergehälter umso mehr steigen, je öfter einzelne Betriebe erfolgreich ihre Ex-Manager auf Schadensersatz verklagen.

Aktionoptionen: künftig unbrauchbar?

Aktien, entweder als Option oder zum Vorzugspreis, gelten allgemein als attraktiver Bestandteil der Managervergütung. Dumm nur, wenn immer strengere Insider-Vorschriften den Managern den Handel mit den so erhaltenen Aktien praktisch unmöglich machen. Geht es der Firma gut, werden die Manager die Aktien in der Hoffnung auf steigende Kurse weiter halten. Geht es ihr nicht gut, wissen sie das zuerst und dürfen genau deswegen nicht verkaufen.

Werden Aktienverkäufe des Managements zudem veröffentlicht, besteht immer die Gefahr, dass ein Verkauf eines Aktienpakets durch das Führungspersonal auch die Anleger verunsichert und der Kurs in der Folge abrutscht, egal, ob Krise oder nicht. Schließlich kann so ein Verkauf ja auch dem oft aufwändigen privaten Lebensstil dienen.

Vor diesem Hintergrund klingt die Einlassung von freenet-Chef Spoerr, sein strittiger Aktienverkauf vom Juli 2004 kurz vor Veröffentlichung von schlechten Zahlen sei schon seit Monaten beschlossene Sache gewesen, nachvollziehbar: Indem das Management sich verpflichtete, durch Optionen erhaltene Aktien immer baldmöglichst zu verkaufen, könnten Spekulationen über mögliche andere Verkaufsgründe vermieden werden. Spoerr wird freilich beweisen müssen, dass es diesen Beschluss wirklich gab, durch Vorlage von Dokumenten, oder dadurch, dass auch die anderen Führungsmitglieder sich an eine entsprechende Absprache hielten.

Fazit: Zukunftsbezogene Vergütung - in Geld

Beide dargestellten Fälle lassen sich zu einem Fazit zusammenfassen: Unternehmen sollten Manager möglichst nach ihrer langfristigen Leistung bezahlen, nicht nach kurzfristigem Erfolg. Aktienoptionen erscheinen vor diesem Hintergrund eher ungeeignet, da diese die Erwartungshaltung der Anleger widerspiegeln, die sich durch kurzfristige positive, aber langfristig schädliche Maßnahmen manipulieren lassen.

Sinnvoller erscheint daher ein Vertrag mit einem ordentlichen Grundgehalt und einer starken leistungsbezogenen Komponente, die erst in der Zukunft in Abhängigkeit von der Entwicklung des Unternehmens ausbezahlt wird. Wirtschaftet ein Manager eine Firma herunter, muss diese sich gar nicht erst darum bemühen, vor Gericht Gelder zurückzuerlangen, sondern kann einfach die künftige Vergütung streichen.

Die genauen Regeln für die leistungsbezogene Vergütung sollten bereits bei der Einstellung ausgehandelt und vertraglich festgelegt werden. Ein Gesetz kann vorschreiben, dass der Zeitpunkt des Vertragsschlusses auf geeignetem Weg zu dokumentieren ist, beispielsweise durch digitale Signaturen unabhängiger Zeitstempel-Dienste oder durch Hinterlegung bei einem Notar, um spätere Rückdatierungen auszuschließen. Platz für absurde Sonderzahlungen wie den millionenschweren Goldenen Handschlag an Ackermann, Esser und Co. im Rahmen der Mannesmann-Übernahme gibt es dann nicht mehr.

Weitere Editorials