Brandrede

Höttges: Telekom will "europäischer Champion" werden

Beim Bitkom hielt Telekom-Chef Tim Höttges eine Brandrede. Vor den Europawahlen hielt er einen flammenden Appell an die wirtschaftliche Zukunft Europas.
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Die Folge dieser für Höttges falschen Regu­lie­rung sei, dass das übliche euro­päi­sche TK-Unter­nehmen etwa eine Million Kunden versorgen, während vergleich­bare Unter­nehmen in China 400 Millionen Kunden hätten. Unter diesen Bedin­gungen "können wir unsere hohen Inves­ti­tionen nicht für den Bau der nächsten Infra­struktur amor­ti­sieren".

Man solle ihn nicht falsch verstehen, er finde güns­tige Preise schon gut, aber es müsse möglich sein, die gigan­ti­schen Ausgaben zu amor­ti­sieren, um der nächsten Genera­tion die Infra­struktur aufbauen zu können.

Höttges fordert "euro­päi­sche Cham­pions" in den Berei­chen Tele­kom­mu­ni­ka­tion, Cloud, Chip­sets, bei Künst­li­cher Intel­li­genz (KI) und bei Soft­ware, die alle mitein­ander zur "Wert­schöp­fungs­kette der Zukunft" verschmelzen sollten. Wo wollen wir in Europa eine welt­markt­füh­rende Posi­tion einnehmen?

Zu wenig Geld für Forschung - euro­päi­sche Cloud notwendig

Die Deutsche Telekom denkt europäisch. Die Deutsche Telekom denkt europäisch.
Grafik: Deutsche Telekom
Das ameri­ka­ni­sche Unter­nehmen Amazon allein gebe jähr­lich 22 Milli­arden Euro für Forschung und Entwick­lung (F&E) aus, die deut­sche Bundes­re­gie­rung habe ledig­lich 19 Milli­arden Euro im Etat, rech­nete der gelernte Betriebs­wirt­schaftler vor. Amazon sei eine fantas­ti­sche unglaub­lich starke Firma. Nur: "Wie soll Europa so in den tech­no­lo­gi­schen Wachs­tums­bran­chen aufholen? Keiner denkt groß!" Es gebe keinen einzigen inter­na­tio­nalen Markt­führer aus Europa in diesen Feldern.

"Wir brau­chen eine Reform des Kartell­rechts", forderte Höttges. "Sonst bauen chine­si­sche Firmen, wie Huawei die Infra­struktur für das kommende Mobil­funk­netz 5G ganz alleine! Wir müssen die digi­tale Souve­rä­nität wieder­ge­winnen!"

Das Über­leben euro­päi­scher Firmen ohne eine "Cloud made in Europe" stehe auf dem Spiel: "Wo wird das Gold des nächsten Jahr­hun­derts gespei­chert?" Höttges schätzt, dass etwa sechs Milli­arden Euro gebraucht würden, um alle Cloud-Akteure zusam­men­zu­bringen.

5G-Lizenzen vernichten Geld für Inves­ti­tionen

Besorgt ist Höttges, wie viel Geld die in Mainz laufende 5G-Frequenz­auk­tion schon verschlungen hat. "Das ist gut für den Finanz­mi­nister und die Finanz­ämter". Für das Geld könnte man mehr als 23 000 Mobil­funk­an­tennen nicht mehr bauen.

Höttges hält es "für einen Skandal, dass das Geld den Firmen, den Bürgern und den Betrei­bern wegge­nommen wird". In anderen Ländern werde das Spek­trum einfach den Markt-Akteuren zuge­wiesen.

Höttges ist nicht gegen staat­liche Förde­rung. Subven­tionen sind in den USA und China "völlig normal". Förde­rung müsste aber "in die rich­tige Rich­tung gehen", also auch in Quan­ten­com­puter, E-Mobi­lität, Batte­rie­fer­ti­gung oder Biotech, "damit Europa dort seinen Wett­be­werbs­vor­teil sichern kann". Dazu gehörten Steu­er­ver­güns­ti­gungen für R&D (Forschung und Entwick­lung) sowie für Venture Capital (Wagnis­ka­pital) bei mögli­chen Verlusten.

Telekom soll grüner werden

Die schwe­di­sche Schü­lerin Greta Thun­berg hat eine Schul­streik-Initia­tive für das Klima unter dem Titel "Fridays for Future" gegründet. Für Höttges ist das eine "laute Ohrfeige" für alle Unter­nehmer und Poli­tiker, ein "Weckruf". "Wenn unsere Kinder uns als Leitungs­per­sonen nicht mehr vertrauen, sollten wir uns selbst in Frage stellen", stellte er dazu fest.

Die Deut­sche Telekom wolle bis 2021 nur noch erneu­er­bare Ener­gien einsetzen und den Kohlen­di­oxid­aus­stoß um 90 Prozent bis 2030 verrin­gern. Parallel werde der Konzern den Verbrauch von Plastik (z.B. bei SIM-Karten) signi­fi­kant redu­zieren.

Einsei­tige Diskus­sion

Höttges appel­lierte an die Konfe­renz­teil­nehmer, nicht ewig über Migra­tion, Flücht­linge oder Egoismus zu disku­tieren: "Die einzige Antwort liegt in Europa." Bei den anste­henden Wahlen Ende Mai dürfe "kein anti-euro­päi­sches Regime" gewinnen. "Auch die Tech­no­logie-Branche ist verpflichtet, aufzu­klären und für die Wett­be­werbs­kraft Europas im digi­talen Zeit­alter an den Urnen zu kämpfen."

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