Editorial: Mal rauf, mal runter
Vor zweieinhalb Jahren fiel die Bundesnetzagentur damit auf, dass sie die Interconnect-Entgelte für die Zuführung oder Zustellung von Festnetz-Telefonaten auf der Netzebene I (das ist dank engmaschiger Verzahnung der Netzbetreiber die am häufigsten für die Gesprächsübergabe verwendete Netzebene) um 0,02 Cent pro Minute erhöhte. Im Jahrzehnt zuvor waren die Entgelte für den Festnetz-Interconnect hingegen von der Bundesnetzagentur stets deutlich abgesenkt worden.
Auch hier vollzieht die Bundesnetzagentur nun den Ausstieg aus dem Ausstieg aus dem bisher beschrittenen Preisabsenkungspfad und reduziert die IC-Entgelte mit 16 Prozent (Netzebene I) bis 23 Prozent (Netzebene II und III, die freilich wesentlich weniger wichtig sind) deutlich. Und das, obwohl die Begründungen für die letzte Anhebung, nämlich die abnehmende Bedeutung des Festnetzes sowie steigende Personal- und Materialkosten, weiterhin gültig sind.
IC-Entgelte sind nicht zuletzt politisch motiviert
Die Festnetz-IC-Entgelte sinken -
die Differenz zu den Mobilfunk-Terminierungsentgelten wird damit jedoch größer
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Der Vorgang zeigt: Am Ende ist die Festsetzung von
Interconnect-Entgelten immer auch ein politischer Prozess. Von der
Wahl des geeigneten Kostenmodells bis hin zur Festlegung, welche
Detailkosten mit der gesetzlich geforderten "effizienten
Leistungsbereitstellung" vereinbar sind und welche nicht, gibt es
viele Stellschrauben, über die man zu der jeweils gewünschten
Entgeltfestsetzung kommen kann. Grundlage der aktuellen Entscheidung
dürfte somit die nach der letzten Krise generell weniger
industriefreundliche Grundhaltung der Politik sein, sowie insbesondere
auch der starke Druck der Europäischen Union auf niedrige
Telekommunikationskosten. Letztere überpüft die Entscheidung zudem,
weswegen sie nur vorläufig gültig ist.
Kaum direkte Auswirkungen für den Endkunden
Auf die Verbraucher hat die aktuelle Entscheidung zur IC-Senkung wahrscheinlich dennoch kaum direkte Auswirkungen. Zwar klingen 16 Prozent Senkung alles andere als unerheblich, aber in absoluten Zahlen sind es dennoch nicht einmal 0,1 Cent, um die die Vorleistungskosten sinken. Selbst wenn die Anbieter diese Senkung vollumfänglich zuzüglich Mehrwertsteuer an die Verbraucher weitergeben: Man muss schon fast 1 000 Minuten telefonieren, um 1 Euro zu sparen!
Eher sind indirekte Auswirkungen zu erwarten: Selbst wenn IC-Entgelte für viele Anbieter ein mehr oder weniger "durchlaufender Posten" sind, weil sie in ähnlicher Höhe auf der Einnahmen- und der Ausgabenseite stehen, sind sie doch so etwas wie eine politische Vorgabe, zu welchen Kosten produziert werden soll, und ein Ansporn, diese Kosten auch zu halten. Sinkende IC-Entgelte entsprechen der Aufforderung an die Netzbetreiber, ihre Effizienz zu erhöhen. Das führt mittelfristig zu sinkenden Kosten für die Verbraucher, nicht nur für Telefonate ins Festnetz.