ausausstieg

Editorial: Mal rauf, mal runter

Bundesnetzagentur senkt Festnetz-Interconnect unerwartet stark
Von

Zu begrüßen ist die Entscheidung der Bundesnetzagentur, die aktuelle Festsetzung der Festnetz-Terminierungsentgelte bis zum selben Tag zu befristen, wie die vor gut einem halben Jahr ergangene starke Absenkung der Mobilfunk-Terminierungsentgelte. Dadurch werden im Dezember 2012 erstmalig die Interconnect-Entgelte für Mobilfunk und Festnetz gleichzeitig neu festgesetzt.

Die gleichzeitige Festsetzung der wichtigsten IC-Entgelte ermöglicht es der Bundesnetzagentur, ihre Entscheidung künftig stärker am Gesamtmarkt zu orientieren. Das ist vernünftig, denn die Bedeutung der Interconnect-Entgelte für die Teilmärkte sinkt: Da die Senkung der IC-Entgelte in den letzten Jahren die Steigerungen im Minutenvolumen übertrafen, sinkt beispielsweise der Anteil der IC-Entgelte an den Einnahmen der Netzbetreiber.

Zudem konzentriert sich der Wettbewerb sowohl im Festnetz, als auch im Mobilfunk, zunehmend auf Vollanschlussanbieter und Vollsortimenter, die alle Kunden ansprechen. Damit werden aber die durchschnittlichen Kundenprofile immer ähnlicher und die Differenzen zwischen den wechselseitigen Interconnect-Minutenzahlen immer kleiner. Wenn am Ende beispielsweise die Telekom-Kunden genau so viele Minuten zu Kabel-Deutschland-Kunden telefonieren, wie letztere zu Telekom-Kunden telefonieren, dann ist es vollkommen egal, wie teuer der Interconnect ist, denn die Interconnect-Rechnungen, die die beiden Firmen sich wechselseitig stellen, sind dann gleich hoch!

Ungleichgewichte "by Call"

Ungleichgewichte verbleiben dort, wo die IC-Entgelte nicht gleich hoch sind, beispielsweise zwischen Inland und Ausland, oder dort, wo der Verkehr aufgrund der Anbieterstruktur ungleich ist. Letzteres betrifft insbesondere die "by-call"-Anbieter, womit nicht nur Call by Call, sondern auch Callthrough oder anschlussunabhängige VoIP-Dienste wie Skype out gemeint sind. Diese Anbieter, die gezielt für einzelne Verbindungen genutzt werden, profitieren natürlich von jeder IC-Senkung, da sie IC immer nur zahlen, nie erhalten.

In Deutschland sind die by-Call-Minutenvolumen aber rückläufig, ihre Bedeutung für den Gesamtmarkt sinken. Allerdings bleiben Call by Call, Callthrough und VoIP wichtige Regulative, die Exzesse bei Einzelpreisen verhindern. Insofern ist die IC-Absenkung zu begrüßen, da sie die genannten Anbieter stärkt.

Ungleichgewichte zwischen Fest- und Mobilnetzen

Das mit Abstand wichtigste Ungleichgewicht auf dem deutschen Markt (und ebenso in vielen anderen europäischen Ländern) ist aber die weiterhin unangemessen hohe Spreizung zwischen Mobilfunk-IC und Festnetz-IC. Diese bewirkt beispielsweise, dass man mobile Festnetz-Flatrates in allen Netzen schon für 10 Euro monatlich bekommt, während eine Flatrate vom Festnetz zum Handy das Vielfache kostet, wenn sie überhaupt erhältlich ist. Entsprechend sind am Ende auch die Minutenvolumen stark asymmetrisch.

Durch die aktuelle Festnetz-IC-Senkung wird nun die Festnetz-Mobilfunk-Spreizung sogar wieder erhöht. Das ist auf jeden Fall für den Gesamtmarkt kontraproduktiv, auch wenn die Festnetz-IC-Senkung für den reinen Festnetz-Bereich angebracht erscheint. Künftig die beiden IC-Festsetzungen zu synchronisieren, hilft, solche Verwerfungen zu vermeiden.

vorherige Seite:

Weitere Editorials