Preiskampf

Editorial: Das Rennen um die günstigste Allnet-Flat

Es geht nicht nur um den Preis, sondern auch um Performance
Von Marie-Anne Winter

Mit einer Flatrate kaufen Handy-Kunden auch Sicherheit. Mit einer Flatrate kaufen Handy-Kunden auch Sicherheit.
Bild: Olly / Fotolia.com
Als der damalige E-Plus-Chef Uwe Bergheim auf der CeBIT 2005 sagte, dass eine Flatrate für Mobilfunk-Gespräche die letzte Masche sei, die ein Mobilfunk-Anbieter auf dem deutschen Markt noch bringen könnte, wurden noch weit über 80 Prozent der Umsätze im Mobilfunk mit Gesprächen erzielt. Damals galt die Daten-Flatrate als die harmlosere Variante von Pauschaltarifen im Mobilfunk - die mobile Internet-Nutzung war damals wegen der hohen Preise in erster Linie für Geschäftskunden interessant, die entsprechende Datentarife meistens mit UMTS-Karten am Laptop nutzten. Außerdem gab es damals kaum UMTS-Handys auf dem deutschen Markt.

Mit einer Flatrate kaufen Handy-Kunden auch Sicherheit. Mit einer Flatrate kaufen Handy-Kunden auch Sicherheit.
Bild: Olly / Fotolia.com
Versuche, Handy-Kunden für die Nutzung mobiler Dienste zu begeistern, gab es durchaus, man denke nur an den Multimedia-Dienst i-mode. In Japan war der Dienst, der bunte Bilder auf das Handy brachte, sehr erfolgreich - in Deutschland wurde er nach einigen Jahren sang- und klanglos wieder eingestellt. Die deutschen Handy-Kunden wollten lange Zeit einfach nur telefonieren und SMS schreiben.

Der E-Plus-Chef fürchtete deshalb, das die Einführung von Gesprächs-Flatrates zu einem ruinösen Preiskampf führen würden: Durch den Pauschaltarif würden die Umsätze durch Vieltelefonierer nach oben abgeschnitten, weshalb die Gewinnmöglichkeiten gerade bei den bisher lukrativen Kunden begrenzt würden. Dafür würden aber bisherige Wenigtelefonierer durch eine vergleichsweise günstige Pauschale animiert, viel mehr zu telefonieren. Die Erfahrung hat allerdings gezeigt, dass viele Handy-Kunden eine Flatrate buchen, um vor unangenehmen Überraschungen sicher zu sein, falls sie einmal mehr als erwartet telefonieren müssen. Oft bleibt die tatsächliche Nutzung aber unter den Erwartungen - viele Kunden erkaufen sich mit der monatlichen Pauschale also Sicherheit statt unbegrenzter Gesprächszeit.

Allerdings wurde das Jahr 2005 trotz der skeptischen Worte von Bergheim dann doch das Jahr der fallenden Mobilfunkpreise: Neue Mobilfunk-Discounter wie simyo, Blau, simply oder Klarmobil mischten mit ihren günstigen Einheitspreisen den Markt auf. Und sogar der Lebensmitteldiscounter Aldi stieg mit Aldi Talk in den Mobilfunkmarkt ein.

Der Startschuss

Im August 2005 kam dann - ausgerechnet aus dem Hause E-Plus - doch die erste Gesprächsflatrate auf den Markt: Unter der neuen Marke Base bot E-Plus Handygespräche ins Festnetz und innerhalb des E-Plus-Netzes für einen Pauschalpreis von 25 Euro monatlich an. Eine Allnet-Flat hielt Bergheim zu diesem Zeitpunkt für nicht kalkulierbar - für Gespräche in andere Netze berechneten sich die Netzbetreiber gegenseitig damals noch Beträge im zweistelligen Centbereich. Diese sogenannten Terminierungsentgelte sind inzwischen stark gefallen - sie liegen derzeit bei knapp 4 Cent pro Minute.

Überhaupt hat sich der Mobilfunkmarkt komplett umgewälzt: Mittlerweile ist nicht mehr das Gesprächsvolumen, sondern die mobile Internet-Nutzung der Flaschenhals: Der Datentraffic steigt schneller, als die Netzbetreiber neue Kapazitäten bereitstellen können, weshalb die meisten Datentarife nur ein begrenztes Volumen bieten. Dafür sind sie inzwischen so günstig geworden, dass kaum jemand auf mobile Internet-Dienste verzichten muss. Gesprächsflatrates werden ebenfalls immer günstiger - und als allerletzte Masche laufen derzeit die Allnet-Flatrates im Preiskampf um die Wette.

Diese Tarife bieten nicht nur unbegrenzte Gespräche in alle deutschen Mobilfunk-Netze, sondern auch noch ein Volumenkontingent für die mobile Internet-Nutzung - und das alles je nach dem gewählten Mobilfunk-Netz zwischen 20 und 30 Euro pro Monat. Vor wenigen Jahren noch unvorstellbar.

Allerdings sieht es so aus, als ob der Kampf nicht ausschließlich um den günstigsten Pauschalpreis geführt wird, wie Uwe Bergheim vor gut sieben Jahren befürchtet hat: Zunehmend spielt auch die Qualität des Internet-Zugangs eine Rolle. Denn was nützt der günstige Preis, wenn die mobile Internet-Nutzung zum Geduldspiel wird? Inzwischen haben sich die Mobilfunk-Kunden daran gewöhnt, mit ihren Smartphones unterwegs schnell einmal E-Mail zu checken, mit der Nahverkehrs-App zu schauen, wann der nächste Bus kommt, im Elektro-Markt mal schnell die Preise zu checken oder sich anzeigen zu lassen, wo sie sich gerade befinden. Da nervt es schon sehr, wenn der eben aufgenommene Schnappschuss nicht mal eben schnell ins Soziale Netzwerk hochgeladen werden kann, weil das Netz gerade unerträglich langsam oder gar nicht verfügbar ist.

Beim Preis haben die E-Netze wieder einmal die Nase vorn. Und vermutlich werden viele Kunden es verschmerzen können, wenn ihre günstige Flatrate in der Bahn oder auf dem flachen Lande manchmal schwächelt. Wer darauf besteht, immer und überall optimale Performance zu haben, muss nach wie vor tiefer in die Tasche greifen. Denn eins ist klar: Der Netzausbau kostet Geld. Und das muss erst einmal verdient werden.

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