Glasfaserausbau: Wenn der Steuerzahler hilft
Das politische Ziel lautet flächendeckende Gigabit-Versorgung. Man kann sich streiten, was konkret mit flächendeckend gemeint ist, auf jeden Fall nicht die Vernachlässigung ländlich geprägter Regionen. Da lange Strecken mit wenig Kundenpotenzial für Netzbetreiber kaum attraktiv sind, pumpt der Staat Geld in den Glasfaserausbau. Schließlich ist er dazu verpflichtet, gleiche Lebensbedingungen zu schaffen. Also muss der Steuerzahler herhalten.
So fließt das Geld etwa nach Gangkofen. Mit über zwölf Millionen Euro Investitionskosten handelt es sich um eines der größten Einzelförderprojekte im ländlichen Raum in Bayern. Aus München kamen 3,8 Millionen Euro, den Rest steuerte Berlin bei. Um 1500 Anschlüsse zu realisieren, mussten knapp 830 Kilometer an Glasfaser verlegt werden. Seit 2014 hat der Freistaat über 3000 Förderbescheide übergeben.
Gunter Schwab, Geschäftsleiter Förderprojekte Deutsche Glasfaser (l.), Augsburgs Wirtschaftsreferent Wolfgang Hübschle (Mitte) und Jürgen Schuster, Geschäftsführer von Corwese, bei der Vertragsunterzeichnung für den Breitbandausbau im Norden der Stadt
Foto: Jens-Holger Ziegler/Stadt Augsburg
Einen weiteren gibt es für die ländlich geprägten Stadtrandlagen Augsburgs, die sich nördliche der Autobahn A 8 befinden. Für rund 80 Haushalte und zwölf Unternehmen wird die Deutsche Glasfaser ein FTTH-Netz bauen. Bis September 2023 sollen die Bauarbeiten abgeschlossen sein, dann stehen symmetrische Bandbreiten von 1 GBit/s oder mehr zur Verfügung. Der Bund sowie Bayern fördern das Projekt mit rund 1,97 Millionen Euro. Die Stadt Augsburg steuert einen Eigenanteil in Höhe von rund 0,5 Millionen Euro bei.
Glasfaser bringt digitale Zukunft für Schulen
Auf die finalen Förderbescheide aus Berlin und Stuttgart wartet man im südlich von Tübingen gelegene Mössingen noch. Hier soll NetCom BW für zwei Gewerbegebiete mit 65 Unternehmen ein FTTB-Netz errichten. Wo einst nicht einmal 30 MBit/s zur Verfügung standen, soll es in Zukunft Gigabit geben. Die Stadt Mössingen plant mit einer Investitionssumme von 1 Million Euro, wobei 90 Prozent vom Bund und dem Land Baden-Württemberg gestemmt werden sollen. Wenn es die Witterung zulässt, will NetComBW im kommenden März mit dem Aufbau der passiven Infrastruktur beginnen – bis dahin sollten die Bescheide also besser vorliegen.
Auch der Breitbandausbau im Landkreises Nordwestmecklenburg wird gefördert. Der dortige Netzbetreiber WEMACOM konnte bereits 11.000 Anschlüsse ans Netz nehmen. Derzeit nutzen über 2700 Kunden das neue Glasfasernetz. „Unser Ziel ist es, bis zum 31. März 2022 einen Großteil der Glasfaseranschlüsse, die in der Planungsphase beauftragt wurden, ans Netz zu nehmen“, erklärt WEMCAOM-Geschäftsführer Volker Buck.
Landrat Tino Schomann (l.) und WEMAG-Vorstand Thomas Murche kamen am 23. November 2021 ins Kreismedienzentrum in Grevesmühlen, um symbolisch den Router für das Glasfaserinternet an Zentrumsleiter Gabor Hartung zu übergeben
Foto: WEMAG/SKRmedia
Warum der Breitbandausbau gerade in ländlichen Regionen wichtig ist, zeigt ein Beispiel aus dem Landkreis Nordwestmecklenburg. „Wir verfolgen in Nordwestmecklenburg ein dezentrales Medienkonzept – das heißt, jede Schule hat ihr eigenes pädagogisches Netzwerk“, erklärt Gabor Hartung, Leiter des Kreismedienzentrums, das sich um den Support und die Administration vieler dieser Netzwerke kümmert.
„Mit dem schnellen Glasfaseranschluss ist dies natürlich in einer viel besseren Qualität und Quantität möglich“, sagt Hartung. 34 von 42 Schulen sind bereits ans Glasfasernetz angeschlossen.
Eigenwirtschaftlicher Ausbau für Haushalte und Unternehmen
Natürlich existieren auch viele Ausbauprojekte, die eigenwirtschaftlich, also ohne Steuergelder, finanziert werden. So baut zum Beispiel 1&1 Versatel im zwischen Karlsruhe und Rastatt gelegenen Malsch für die dort ansässigen Unternehmen ein Glasfasernetz mit Bandbreiten bis 100 GBit/s aus. Nördlich von Karlsruhe schloss Vodafone in zwei Gewerbegebieten in Ubstadt-Weiher den Bau der passiven Netzinfrastruktur ab.
Derzeit werden die aktiven Netzelemente in Betrieb genommen und das Glasfasernetz an den überregionalen Backbone von Vodafone angeschlossen. Anfang 2022 sollen die rund 80 Unternehmen dann mit Gigabit-Speed im Internet surfen können.
Bürgermeister Tony Löffler und Tanja Marek, Leiterin politische Kommunikation Baden-Württemberg bei Vodafone, informieren sich vor Ort über den Bau des Glasfasernetzes in Ubstadt-Weiher
Foto: Vodafone
In der Kernstadt von Bad Camberg sowie in den Ortsteilen Schwickershausen und Dombach können sich die Bewohner für einen Glasfaseranschluss der Deutschen GigaNetz entscheiden. Die Vorvermarktung läuft bis Anfang April. Wie viele Haushalte der 14.000 Einwohner großen Stadt im Taunus sich für einen Vertrag mit der GigaNetz entscheiden müssen, damit gebaut wird, lässt der Netzbetreiber im Unklaren. Wenn alles gut läuft, sollen im Sommer 2022 die Bagger anrollen. Die Deutsche GigaNetz rechnet mit einer Bauzeit von ein bis zwei Jahren.
Für insgesamt 8850 Haushalte in Detmold, Friesoythe und Molbergen kündigte die Glasfaser Nordwest, das Joint Venture von Deutsche Telekom und EWE, unlängst den Bau von FTTH-Netzen an. Die Telekom selbst baut seit 2020 ein Glasfasernetz im Landkreis Hildburghausen für 3600 Haushalte. Man liege im Plan, teilt die Telekom mit.
In Moosinning und Seefeld planen die Telekom ebenfalls den Bau von FTTH-Netzen. Voraussetzung ist eine Vorvermarktungsquote von 40 Prozent.
Gerüchten zufolge könnte der Post-Chef Telekom-Aufsichtsratschef werden. Details zu dem Thema lesen Sie in einer weiteren News.