Klassische Musik bei Streaming-Diensten
Freunde der populären Musik werden von einer Vielzahl von Streaming-Diensten umworben. Doch wie ist es um anspruchsvollere Audiophile bestellt, die gerne klassische Musik hören? Lohnt sich ein Streaming-Abonnement auch für sie? Wir haben anhand einer großen Zahl von Referenzaufnahmen getestet, wie gut die Auswahl an Tonkunst der vergangenen Jahrhunderte bei den Streaming-Diensten ist. Dabei liegt der Schwerpunkt nicht nur auf den Werken der großen, bekannten Komponisten. Wir haben bewusst auch Kompositionen von Künstlern ausgewählt, die nicht jedem sofort geläufig sind. Wichtig war zudem, dass es sich dabei um Einspielungen hoher Qualität handelt. Die gesamte Auflistung der überprüften Werke sehen Sie auf der letzten Seite in einer Tabelle.
Die Mischung macht's
Jeder der getesteten Streaming-Dienste listet als Rückgrat seines Angebots eine Vielzahl von (billigen) Kompilationen und bewirbt diese in auffälligen Rubriken (z.B. "Top-Alben", Neuheiten, Alben...). Geht man jedoch in die Tiefe, zeigt sich ein differenziertes Bild. So finden wir keinen Komponisten, von dem kein Werk verzeichnet ist. Erfreulich ist auch, dass die deutliche Mehrzahl der Referenzaufnahmen tatsächlich auffindbar sind. Die Unterschiede zwischen den Streaming-Diensten liegen im Detail.
Suchfunktionen und Metadaten
Wenig gefiel uns die Suchfunktion der Dienste, diese sind derzeit in jedem Fall verbesserungsbedürftig. Schon wegen der meist dürftigen Metadaten ist es nicht einfach, genau die richtige Einspielung zu finden. Insbesondere bei Kompilationen ist häufig nicht verzeichnet, wer Interpret, Dirigent, Orchester, Bearbeiter oder Komponist des Werks ist. Bei allen Diensten besteht daher Nachbesserungsbedarf bei den Metadaten. So wäre es daher wünschenswert, eigene Spalten für Werksnummer, Satzbezeichnung, Komponist, Interpret und Solist einzuführen, um die Suche zu erleichtern.
Die Suchfunktionen aller Dienste verfügen über keine Sortierungsmöglichkeit. Ein Nachteil stellt dies insbesondere bei Festival-Mitschnitten (z.B. der Bayreuther Festspiele) dar. Möchte man einen eher aktuellen Mitschnitt anhören, muss man sich durch eine sehr große Zahl von Alben scrollen. Hier gereicht der große Umfang des Musik-Katalogs zum Nachteil des Nutzers.
Eine weitere Schwierigkeit besteht in der Schreibweise von Personennamen. Dies fängt beim Renaissance-Komponisten Orland di Lasso (auch: Orlando de Lassus) an und hört bei Strawinski (auch: Stravinski) nicht auf. Selbst diese kleinen Diskrepanzen stellen für manche Dienste bereits eine Schwierigkeit dar. Zum einen versagt dadurch oft die Suchfunktion, zum anderen existiert häufig für jede Schreibweise eines Namens eine eigene Künstlerseite mit "Diskographie". Wird man des Weiteren mit einem Suchwort nicht fündig, empfiehlt sich die Verwendung des englischen Begriffes, da viele Alben nicht auf deutsch gelistet sind. Die meisten Albentitel sind in englischer Sprache aufgenommen, nur manche wurden ins Deutsche übersetzt bzw. originalsprachlich mit englischem Zusatztitel gehalten.
Solche und andere Mankos könnten durch das Coverbild kompensiert werden. Diese fallen bei den Diensten jedoch meist zu klein aus und sind nicht immer lesbar. Es fehlen zudem immer die bei den CDs beliebten Booklets mit grundlegenden Informationen zur Einspielungsgeschichte.
Genreeinteilung und Rubriken
Oberflächlich keine schöne Auswahl: Billige Sampler bestimmen das Bild. Die akustischen Schätze liegen tiefer.
Screenshot: teltarif.de
Liebhaber klassischer Musik werden von keinem der getesteten Dienste
umworben. In der Regel sind in der Rubrik der Neuerscheinungen Alben
eingemischt, die eher dem Genre der Populärmusik zuzurechnen sind, so
derzeit häufig Lindsey Stirlings "Shatter Me" oder die zahlreichen Alben
des beliebten Violinisten und Frauenschwarms David Garrett. Hierdurch wird
also eine eher junge Zuhörerschaft angesprochen. Für
Klassikfreunde mit klaren Vorstellungen sind auch die Playlisten
wenig ansprechend. Enthalten ist meist die übliche wilde Mischung quer
durch alle Epochen, Gattungen und Interpreten. Einzig Apple gibt sich mit
der lernfähigen Funktion "Für Dich" Mühe, den Musikgeschmack des Hörers zu
treffen. Ansonsten unterscheiden sich die Genreeinteilungen und
Rubriken bei allen Diensten nur marginal. Dies hat auf der anderen Seite
den Vorteil, dass man sich beim Wechsel eines Anbieters schnell zurecht
findet.