Tonkunst

Klassische Musik bei Streaming-Diensten

Gestreamt wird nicht nur Pop oder andere moderne Richtungen, sondern auch klassische Musik. Aber Audiophile haben anspruchsvolle Hörgewohnheiten. Wir haben daher drei große Dienste getestet und erlebten Überraschungen.
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Spotify im Klassik-Check

Spotify kann im Browser, per App oder über eine Clientsoftware für PC oder Mac genutzt werden. Die Metadaten sind teilweise recht ausführlich. So findet man hier die vergleichsweise umfang­reichsten Künstler­biographien. Die Cover­bilder fallen bei Spotify mit 210 mal 210 Pixel allerdings besonders klein aus und sind nicht vergrößerbar.

Die Angabe des Komponisten steht häufig im Titel, Dirigent und Orchester in einer Autorenzeile. Dies macht eine Unterscheidung in der Regel möglich, wenn eine Person Dirigent oder Komponist sein kann (oder beides), wie es bei beispielsweise bei Pierre Boulez, Leonard Bernstein oder Ralph Vaughan Williams der Fall sein kann. Gezielt nach einer Rolle zu suchen, ist jedoch nicht möglich. Um ausschließlich Werke mit Daniel Barenboim als Pianist zu finden, muss man sich durch die Alben scrollen.

Der Titel eines Einzelstücks wird starr mit "Song" überschrieben. Völlig unklar bleibt zudem, was die Jahreszahl in den Metadaten zu bedeuten hat. Oft ist das Jahr der Aufnahme in das Angebot des Streaming-Dienstes gemeint, was bei einer hochwertigen Aufnahme weniger interessiert. Wichtiger wäre das Datum der Einspielung, der Überarbeitung oder das Erscheinungs­jahr des Albums.

Bandbreite

Die Spotify-App verfügt über vergleichsweise gute Einstellungs­möglichkeiten für den Nutzer in Hinsicht auf die Bandbreite der gestreamten Inhalte. Die Datenrate ist nur in den FAQ konkret benannt, in der App wird sie eingeteilt in "Normale", "hohe" und "extreme" Qualität (96, 160 und 320 kBit/s).

Referenzaufnahmen

Spotify bestand unseren Test mit einer insgesamt hohen Verfügbarkeit der ausgewählten Referenz­aufnahmen. Es fehlten allerdings die Aufnahme von Mozarts Klarinetten­quintett mit Sabine Meyer. Auch die Einspielung der Brahms-Symphonien mit den Berliner Philharmonikern unter Simon Rattle von 2009 fehlt gänzlich, die unter Herbert von Karajan von 1978 hingegen nicht. Von Franz Xaver Richter und Carl Stamitz waren immerhin einige, wenn auch nur wenige Werke verzeichnet.

Die Suche nach der zweiten Einspielung von Schuberts Winterreise mit Dietrich Fischer-Dieskau und Gerald Moore zeigt ein typisches Problem bei den Streaming-Diensten: Nur anhand des Covers ist erkennbar, dass es sich um die Aufnahme von 1971/72 handelt. Positiv: Sogar Aufnahmen einiger Bruckner-Symphonien unter Sergiu Celibidache mit den Münchner Philharmonikern befanden sich im Vorrat. Der exzentrische Dirigent hatte sich zeitlebens gegen Aufzeichnungen ausgesprochen, daher sind diese sehr selten. Ein typisches Bild zeigte sich auch bei Auf­zeichnungen der Bayreuther Festspiele: Für Wagner-Freunde ist viel Material vorhanden, ältere Aufnahmen dominieren jedoch das Bild. Spotify verfügt auch über viele Werke der Neuen Musik. So ist das Gesamtwerk von Anton Webern, dirigiert von Pierre Boulez gelistet, nicht jedoch die umfangreiche Schönberg-Sammlung unter demselben Dirigenten, obwohl sie ebenfalls bei Sony Classics erschienen ist. Alle weiteren Benchmarks besteht der Dienst: Ob Werke von Krysztof Penderecki, Arvo Pärt oder Sofia Gubaidulina - Spotify hat auch diese.

Nahtloses Abspielen

Spotify beherrscht eine Funktion, die bei CD-Playern noch selbst­verständlich war: Das nahtlose Abspielen. Getestet haben wir die Funktion mit "Eine Alpensymphonie" von Richard Strauss, in der die meist sehr kurzen Sätze ohne Pause ineinander übergehen. Jeder Satz wird jedoch mit einer eigenen Tracknummer gelistet. Der Test zeigt: Tatsächlich ist sowohl beim Streamen als auch bei herunter­geladener Musik kein Sprung zu hören.

Auf Seite drei berichten wir über unseren Test von Google Play Music. So breit der Dienst aufgestellt ist, zeigt er doch einige Schlampereien.

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