Editorial: Aus Zwei mach' Eins
Ein Mobilfunknetz aufzubauen, ist eine Sisyphos-Arbeit: Kaum meint man, fertig zu sein, kann man vom Prinzip her von vorne anfangen, weil neue Mobilfunkstandards integriert werden müssen oder die gestiegene Nutzung eine Netzerweiterung erforderlich macht. Im laufenden Betrieb nun zusätzlich auch noch zwei Netze zu integrieren, wie es nach der Übernahme von E-Plus durch Telefónica erforderlich ist, erschwert die Aufgabe weiter.
Entsprechend ist es daher als "schnell" anzusehen, wenn Telefónica auf dem Mobile World Congress 2015 in Barcelona gut fünf Monate nach der Festschreibung der Übernahme den Plan zur Netzintegration offiziell vorgestellt hat. Das Vorgehen unterscheidet sich dabei in Abhängigkeit der einzelnen Mobilfunkstandards (2G/3G/4G) deutlich. Das ist nachvollziehbar, da sich die technischen Möglichkeiten zur Integration von zwei Netzen ja nach Netzstandard deutlich voneinander unterscheiden. Aber auch der konkrete Ausbauzustand der einzelnen Netze bei beiden bisherigen Anbieter weist je nach Netzstandard andere Besonderheiten auf, aus denen sich andere Anforderungen an die Netzintegration ergeben.
"Langsame" Integration in den 2G-Netzen
Editorial: Aus Zwei mach Eins
Bild: dpa
Telefónica plant, die 2G-Netze nach und nach zu integrieren. Bei
dieser Gelegenheit werden auch viele nahe gelegene Basisstationen der
beiden Netze zu jeweils einem Standort zusammengefasst werden.
Ca. ein Drittel der derzeit 40 000 Basisstationen soll so
verschwinden. Bis dieser Prozess abgeschlossen ist, wird viel Zeit ins
Land gehen. Telefónica plant, die 2G-Netzintegration bis 2018
abzuschließen. Alle verbleibenden Standorte versorgen dann sowohl die
Kunden mit E-Plus- als auch o2-SIM-Karten.
Heißt das jetzt, dass Ein-Netz-Funklöcher (o2 verfügbar, aber nicht E-Plus - oder umgekehrt) erst 2018 gestopft werden? Sicher nicht. Zum einen bedeutet "bis 2018" ja nicht, dass alle Maßnahmen erst 2018 greifen. Viele Standorte werden schon deutlich früher integriert werden. Bei modernen Basisstationen ist es zudem meist mit überschaubarem Aufwand per Fernwartung möglich, zusätzliche Frequenzen und Netze aufzuspielen, zumindest, so lange die zusätzlichen Frequenzen in denselben Frequenzbändern liegen. Eine "einsame", nicht allzu alte GSM-900-, GSM-1800- und (wahrscheinlich aufgrund des jüngeren Datums auch) UMTS-2100-Basisstation des einen Netzes kann somit kurzfristig um GSM-900 und GSM-1800 des anderen Netzes erweitert werden.
Bei Uralt-Basisstationen mit Technik der ersten Generation ist hingegen für die Integration des zweiten Netzes auf jeden Fall ein Austausch der aktiven Technik erforderlich. Immerhin kann aber Telefónica die Daten über den tatsächlichen Sprach- und Datenverkehr an solchen Standorten im bereits verfügbaren Netz nutzen, um die Dringlichkeit des Ausbaus zu beurteilen.
Führt Telefónica das Ausmerzen der wechselseitigen Funklöcher an all den Standorten, wo es ohne Techniker-Besuch vor Ort möglich ist, noch dieses Jahr durch, und arbeitet Telefónica in den kommenden drei Jahren die verbleibenden Single-Standorte nach Prioritäten-Liste ab, dann werden aus Kundensicht die allermeisten Funklöcher schon deutlich vor 2018 geschlossen sein.
Freilich werden auch danach noch Funklöcher verbleiben, nämlich überall, wo auch bisher weder E-Plus noch o2 empfangbar waren. Durch Netzintegration können diese nicht geschlossen werden, sondern nur durch weiteren Netzausbau, wobei sich hier immer die Frage nach der Kosten-Nutzen-Relation stellt.