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Editorial: Aus Zwei mach' Eins

Die schwierige Netzintegration von E-Plus und o2: Warum Telefónica für 2G, 3G und 4G vollkommen unterschiedliche Strategien fährt, und warum sich die finale Strategie erst in einigen Monaten entscheidet.
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Ab Anfang April passiert in den 3G-Netzen von E-Plus und o2 der große Schlag: Bis Mitte April wird wechselseitiges Roaming freigeschaltet. Hierzu hat Telefónica zwei Schwellwerte festgelegt: Liegt die 3G-Empfangsstärke im eigenen Netz unter dem niedrigeren der beiden, und im Partnernetz zugleich über dem höheren, dann wird auf das Partnernetz umgeschaltet. Im nationalen Roaming kann der Kunde dann alle Sprach- und Datendienste uneingeschränkt und ohne Aufpreis nutzen - so, wie vertraglich vereinbart. Drosseln oder Geschwindigkeitsbeschränkungen gelten selbstverständlich auch im Partnernetz.

Die Netzintegration ist ein spannender Prozess Die Netzintegration ist ein spannender Prozess
Bild: dpa
Für die Kunden heißt das: "Rasen statt Warten". Das erstmalige Einbuchen des Handys ins Netz kann beim Roaming zwar etwas länger dauern, als wenn die Standorte voll integriert wären und die Netzkennung des jeweiligen Partnernetzes ebenfalls ausgestrahlt werden würde. Aber einmal eingebucht, steht dann die volle Leistung bereit. Und das Roaming lässt sich eben viel schneller aktivieren, als eine Netzintegration durchgeführt werden kann.

Thorsten Dirks, CEO der Telefónica, erklärte den Grund dafür, dass nationales Roaming nur in den 3G-Netzen aktiviert wird, mit Unterschieden beim Netzausbau: Bei den 2G-Netzen haben E-Plus und o2 einen vergleichbaren Ausbaustand. Sehr viele Standorte in der Fläche sind doppelt versorgt, daraus resultiert auch die hohe Zahl an abzubauenden Basisstationen. Folglich wären die Vorteile von Roaming nur gering. Im 3G-Bereich unterscheiden sich die Netze hingegen stark - das eine ist in den Städten dichter, das andere hat dafür mehr Standorte in ländlichen Regionen - so dass es deutlich mehr wechselseitige 3G- als 2G-Funklöcher gibt.

Die beiden genannten Schwellwerte verhindern, dass sich eine große Zahl von Nutzern des einen Netzes plötzlich in das andere Netz verlagert, nur, weil letzteres an einem Standort einen Tacken besser erreichbar ist. Zugleich bewirken diese aber auch, dass nicht in allen möglichen Fällen das Roaming auch genutzt wird. Ist Netz 1 gar nicht verfügbar und Netz 2 schwach, wäre es natürlich besser, wenn das Handy sich dennoch in Netz 2 einbucht. Es ist aber zu erwarten, dass Telefónica bei guter Erfahrung mit dem nationalen Roaming die beiden Schwellwerte immer weiter einander annähert, so dass immer mehr Kunden vom Roaming profitieren können.

"Schnelle" Integration in den 4G-Netzen

Die 4G-Netze von o2 und E-Plus weisen die größten Unterschiede auf. Das beginnt schon bei den verwendeten Frequenzen: o2 hat vor der Fusion die Bänder 800 und 2 600 MHz verwendet, E-Plus hingegen 1 800 MHz. In welchem Umfang Telefónica künftig LTE-1800 noch aus- und weiterbaut, wird vor allem davon abhängen, wie die Frequenzauktion in einigen Monaten ausgeht: Bei dieser werden unter anderem die ursprünglich für GSM zugeteilten 1800-MHz-Bänder neu versteigert. Derzeit sind die beiden "E"-Netz-Betreiber im Bereich um 1 800 MHz üppig ausgestattet. Telefónica muss jedoch solche Bänder, die sie nicht wiederersteigert, schon bis Ende 2015 räumen.

Je nachdem, wie schnell die 2G-Netzbereinigung abläuft, und wie viele Frequenzen Telefónica im 1800-MHz-Bereich sich sichern kann, ergeben sich unterschiedliche Ausbaustrategien für LTE. Dennoch darf Telefónica mit dem LTE-Ausbau nicht zu sehr zögern, denn immer mehr Endgeräte unterstützen LTE. Beim derzeitigen Wachstum dürfte schon in ein bis zwei Jahren der Punkt erreicht sein, dass mehr Datenverkehr über 4G/LTE abgewickelt wird als über 3G/UMTS/HSPA.

Andererseits sind moderne LTE-Basisstationen modularer aufgebaut und leichter aus der Ferne zu konfigurieren als solche für 2G oder 2G und 3G. Von daher erscheint das Ziel von Telefónica, die 4G-Netzintegration schon 2016 abgeschlossen haben, sehr realistisch. Bis dahin soll auch LTE für 90 Prozent der Bevölkerung verfügbar sein. Natürlich in beiden Netzen.

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