Maxi-Preissenkung

Editorial: Nach 22 kommt 0

o2s bemerkenswertes neues Festnetz-Tarifkonzept
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o2 führt bei seinen DSL-Anschlüssen eine neue Flatrate ein - kostenfreie Telefonate in alle Netze - und limitiert im Gegenzug eine andere Flatrate: Der Internetzugang wird künftig gedrosselt, in der kleinsten Variante schon ab 100 GB monatlich, in den größeren Varianten, wenn man dreimal in Folge die 300 GB im Monat überschreitet. Details finden sich in unserer Meldung.

In einer Abstimmung unter den Lesern spricht sich eine leichte Mehrheit für das alte Tarifkonzept (nur mit Festnetz-Flat, dafür ohne Internet-Drossel) aus. Dieses kann noch bis zum 16. Oktober gebucht werden und bleibt dann auch während der Vertragslaufzeit drosselfrei, es sei denn, man vereinbart mit o2 einen Wechsel auf die neuen Konditionen. Allerdings ist das Ergebnis möglicherweise verzerrt, da diejenigen, die etwas verlieren (hier die "echte Internet-Flat") meist stärker involviert sind als diejenigen, die etwas gewinnen (hier die "All-Net-Flat").

Persönlich finde ich den Schritt richtig, die hohen Gebühren für Telefonate vom Festnetz zum Handy drastisch zu senken. Wiederholt hatte ich in den letzten Jahren kritisiert, dass die Festnetz-Betreiber die Entgelte für Telefonate zum Handy bei rund 20 Cent pro Minute stabil gehalten haben, während die Kosten für die Zustellung der Anrufe in die Handy-Netze drastisch gefallen sind. In den letzten drei Jahren beispielsweise von 8,5 auf 2,2 Cent pro Minute (brutto). Die Nutzer haben diese Asymmetrie natürlich gemerkt, und in der Folge ist der Anteil der Telefonate vom Festnetz zum Mobilfunk am gesamten Gesprächsaufkommen immer weiter zurückgegangen. Insbesondere Nutzer einer All-Net-Flat auf dem Handy haben andere Mobiltelefone bevorzugt vom Handy aus angerufen.

o2 lag am oberen Ende der Preisspanne

o2 mit neuem Festnetz-Tarifkonzept o2 mit neuem Festnetz-Tarifkonzept
Bild: dpa
o2 lag mit 22 Cent pro Minute für Anrufe zum Handy sogar am oberen Ende der Preisspanne. Anscheinend schätzten die Produkt-Manager die Chancen als gering ein, dass mit einem mittleren Tarif für Telefonate zum Handy (z.B. 9 Cent pro Minute) die Zahl der Minuten sich wieder stark erhöht und/oder das Neukundengeschäft wieder richtig in Schwung kommt. Und so gehen sie den ganz großen Schritt von 22 Cent auf 0 Cent. Besonders deutlich ist der Unterschied beim DSL S, der bisher noch nicht einmal eine Festnetz-Flatrate enthielt und für Telefonate zu anderen Festnetz-Anschlüssen ebenfalls teure 22 Cent pro Minute kostete. Der Nachfolger DSL All-In S bleibt trotz Aufwertung um die All-Net-Flat zu Festnetz und Handy im Grundpreis unverändert.

Natürlich kommt die All-Net-Flat mit den üblichen Risiken und Nebenwirkungen von Sprach-Flatrates. Wer aus Sicht von o2 zu viel zu Handys telefoniert, könnte plötzlich mit "Netzüberlastung" oder gar Kündigung des Anschlusses durch den Anbieter konfrontiert sein. Bei durchschnittlicher Nutzung - einige hundert Minuten im Monat - sollte o2 aber noch keine "blauen Briefe" schicken. Auch bei dieser spart der Kunde im Vergleich zu den Festnetz-Anschlüssen anderer Anbieter aber dutzende Euros im Monat!

Mit 24,95 Euro monatlich steht der DSL All-In S derzeit ziemlich alleine da - der nächste vergleichbare Festnetz-Tarif DSL komplett allnet von easybell kostet monatlich 10,00 Euro bzw. 40 Prozent mehr. Zwar bietet easybells Angebot - wie in unserem ausführlichen Vergleich ausgeführt - den besseren Internetzugang, doch der bringt solchen Kunden, die vor allem vom Festnetz aus telefonieren wollen, nur wenig. Preislich kommt der DSL All-In S sogar in die Nähe mobiler All-Net-Flats. Wer also viel zu Handys anruft, aber selber nicht aufs Handy wechseln will, gehört ebenfalls zur Zielgruppe von o2s neuem Produkt.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, welche Vor- und Nachteile die Daten-Drossel in den neuen o2-Tarifen haben kann.

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