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Editorial: Wie viel wovon?

Der Patent-Bewertungsstreit zwischen Apple und Motorola
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Motorola, in Vertretung für den Android-Entwickler Google, gelang Freitag vergangener Woche der große Coup gegen den Erzrivalen Apple: Das Landgericht Mannheim untersagte in einer Einstweiligen Verfügung den Vertrieb der älteren iPhone-Modelle und sämtlicher UMTS-iPads über Apples Online-Shop nach Deutschland. Was für eine Retourkutsche für das Verbot des Samsung Galaxy Tab 10.1 (ohne "N"), das Apple vor dem Landgericht Düsseldorf erwirkt hatte!

Doch die Freude währte nicht lange im Android-Lager: Noch am selben Tag hob das Oberlandesgericht Karlsruhe die Verfügung bereits wieder auf. Apple darf seine Geräte in Deutschland wieder uneingeschränkt liefern.

Verkaufsverbot für iPad mit UMTS und verschiedene iPhone-Modelle Verkaufsverbot für iPad mit UMTS und verschiedene iPhone-Modelle
Montage: teltarif.de
Ausgestanden ist der Streit damit aber noch lange nicht. Denn die Kernfrage lautet weiterhin: Welch hohe Tantieme muss Apple für die Nutzung von Mobilfunk-Kerntechnologien (GSM, GPRS, UMTS, HSPA, künftig sicher auch LTE) in iPhone und iPad bezahlen? Und wie viel müssen die etablierten Mobilfunk-Konzerne, wie Motorola oder Samsung, an Apple für deren Patente auf die Touch-Technologie überweisen? Klar ist in diesem Milliarden-Poker nur eins: Jeder hält gerne die Hand auf, wenn die Konkurrenz zahlt. Hält aber zugleich den eigenen Geldbeutel fest verschlossen, wenn er selber mit dem Zahlen an der Reihe ist.

Ein Stück vom großen Kuchen

Für Transparenz sorgt im aktuellen Streit, dass veröffentlicht wurde, wie hoch Motorolas Forderungen sind: Diese fordern für ihr Patent-Portfolio, das unter anderem ein grundlegendes Patent auf die GPRS-Technologie enthält, die auch in UMTS eingeflossen ist, 2,25 Prozent Umsatzbeteiligung. Für einen UMTS-Stick oder ein Feature-Phone ergeben sich so moderate Patentkosten von bis zu zwei Euro, die sicher angemessen sind. Immerhin ist GPRS/UMTS bis heute die Basistechnologie schlechthin für mobile Datendienste.

Es stellt sich jedoch die Frage, wie die Umsatzbeteiligung zu verstehen ist, wenn verschiedene Funktionen in ein Gerät integriert werden: Werden ein Laptop und ein UMTS-Stick getrennt verkauft, fällt die Umsatzbeteiligung logischerweise nur für den Stick an. Wird der Stick jedoch fest in den Laptop eingebaut, gilt die Umsatzbeteiligung dann für das Gesamtgerät, also Laptop inklusive integriertem Stick, oder nur für das Datenkarten-Modul in dem Laptop? Verdient Motorola also umso mehr, je besser der Laptop ansonsten noch ausgestattet ist, in den ein UMTS-Modul eingebaut wird? Auch dann, wenn Motorola an den anderen Komponenten keinerlei (Patent-)Anteile hält?

Schaut man sich die Preise von UMTS-Laptops näher an, erhärtet sich der Verdacht, dass tatsächlich eine Umsatzbeteiligung fließt, zumindest dann, wenn auch ein vollwertiges Betriebssystem installiert ist. Während bei Billig-Laptops mit "DOS"-Betriebssystem eine vorinstallierte Datenkarte schon für 20 Euro Aufpreis erhältlich ist, werden bei höherpreisigen Laptops auch immer höhere Aufpreise für eingebautes UMTS verlangt. Oft werden diese hohen Datenkarten-Preise dadurch verschleiert, dass man UMTS nur im Bundle mit anderen Zusatzfeatures (etwa mehr Speicher oder eine SSD) erhält. Das macht hochwertige UMTS-Laptops aber erst recht so richtig teuer, insbesondere, wenn man die anderen Zusatzfeatures aus dem Bundle gar nicht braucht. Der Online-Händler Cyberport listet beispielsweise den günstigsten Laptop mit Intels Core-i7-2 für 619,00 Euro, und über hundert weitere so ausgestattete Laptops für unter 1.000 Euro. Der günstigste Laptop mit Core-i7-2 und UMTS kostet hingegen schlappe 1.212,90 Euro, fast doppelt so viel, wie das günstigste Gerät ohne UMTS!

Florian Müller fragt im Blog Fosspatents zu Recht, ob Motorola & Co. (Samsung will wohl gar 2,4 Prozent) die Umsatzbeteiligung auch dann verlangen würden, wenn Mobilfunk-Module in ein 50 000 Euro teures Auto von BMW eingebaut werden. Oder, ob ein Teppich wertvoller wird, nur, weil man teure Möbel draufstellt. Angesichts der hohen Preise, die Apple für das iPhone verlangt, ist es sehr verständlich, dass Apple sich lieber verklagen lässt als zahlt. Warum sollen sie pro iPhone im Vergleich zu Billig-Herstellern wie HTC die doppelte oder dreifache Patent-Tantieme bezahlen?

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