Magenta Smart Home

Telekom: Smartes Zuhause in Magenta im Test

Wir haben das Telekom Magenta Smart-Home System getestet, und zwar mit eigenen und fremden DECT-ULE-Komponenten. Trotz interessanter Funktionen sind uns im Test fragwürdige Beschränkungen aufgefallen.
Von Jan Rähm

Für den Test der HAN-FUN-Funktionalitäten der FRITZ!Box nutzten wir Elemente aus dem Portfolio des Smarthome-Systems der Telekom „Magenta Smarthome“. Mit im zugesandten Set befand sich auch die Basisstation, und so hatten wir auch die Möglichkeit, einen ersten Blick auf dieses System zu werfen. Abbildung der Magenta Smarthome DECT-ULE-Produktpalette: Sirene, Basis, Rauchmelder, Bewegungsmelder, Optischer Tür-/Fenstersensor, magnetischer Tür-/Fenstersensor (2x), Doppeltaster, schaltbare Steckdose Magenta Smarthome: Basis und DECT ULE Komponenten (v.l.n.r.: Sirene, Basis, Rauchmelder, Bewegungsmelder, Optischer Tür-/Fenstersensor, magnetischer Tür-/Fenstersensor (2x), Doppeltaster, schaltbare Steckdose)
Jan Rähm / teltarif.de

Rückseite der Basisstation des Magenta Smarthome Systems Rückseite: Hier können zwei USB-Sticks eingesteckt werden. Einer von beiden kann als Fallback dienen, wenn die drahtgebundene bzw. drahtlose Verbindung gestört ist.
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Mit dem Starterset Magenta Smarthome bekommen Kunden die notwendige Basisstation und zwei Magnetschalter. Die Inbetriebnahme läuft mehr oder weniger schnell ab. Der Anfang ist simpel: Die Basisstation mit dem Stromnetz und mit dem heimischen Netzwerk verbinden. Anschließend bootet die in unserem Fall „Home Base“ der 2. Generation, die neben sich neben DECT ULE auch die weiteren Vernetzungsstandards HomeMatic, HomeMatic IP und ZigBee versteht. Ein klarer Pluspunkt für dieses System, da sich so eine recht große Vielfalt an Geräten verschiedenster Hersteller anbinden lässt. Der Startvorgang des Basis dauert einige Minuten, in denen die Box sich auch mit Updates versorgt. Angesichts der bisher eher mäßigen IT-Sicherheit in Smarthome-Systemen ein sehr vorbildliches Verhalten. Screenshot der Nutzeroberfläche der Magenta Smarthome Basis beim Aktualisieren. Guter Start: Die Magenta Smarthome Basis sucht bei Inbetriebnahme zuerst nach Updates.
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Basis: Qivicon

Im Netzwerk wird die Basis als "qivicon" identifiziert – ein klarer Hinweis auf die zugrundeliegende Plattform. Qivicon soll sich als hersteller-, marken- und geräteübergreifende Smarthome-Plattform etablieren. Sie wurde von der Deutschen Telekom initiiert. Zu den Partnern gehören unter anderem Vattenfall, eQ-3, Miele und Samsung genauso wie Gigaset und D-Link.

Screenshot der Benutzeroberfläche. Zu sehen ist die Warnung vor einem falschen SSL-Zertifikat. Unsicherheitsfaktor: Beim lokalen Aufruf der Benutzeroberfläche meldet der Browser ein falsches SSL-Zertifikat.
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Im Anschluss an den Bootvorgang machen wir die erste negative Erfahrung. Wir versuchen uns direkt mit der Box zu verbinden. Dabei meldet der Browser ein falsches Verschlüsselungszertifikat. Das sorgt nicht für Vertrauen. Nachdem wir das falsche Zertifikat zähneknirschend akzeptiert haben, können wir uns an der Box anmelden. Die dafür notwendigen Zugangsdaten bekommen wir allerdings erst, nachdem wir uns auf der Plattform „Qivicon“ registriert haben. Das klappt ohne Probleme und ermöglicht uns zudem, uns mit dem Webinterface des Dienstes im Netz zu verbinden, um darüber unsere Station daheim steuern und kontrollieren zu können. So passt es auch mit dem Zertifikat.

Der rein lokale Betrieb mit der zum System gehörenden App dagegen ist uns nicht gelungen. Dafür hätten wir den Informationen in der App zufolge die Box vom verkabelten Netz trennen und uns mit ihr per WLAN verbinden müssen. Angesichts eines performanten drahtgebundenen Heimnetzes sahen wir dafür allerdings keine Notwendigkeit. Wir müssen uns also entscheiden: Drahtgebunden und dafür Cloud-basiert oder per WLAN und dafür lokal.

Screenshot der Benutzeroberfläche zeigt das Login. Der Login unter Firefox klappt noch. Danach ist das System in diesem Browser nicht mehr nutzbar.
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Nach geglückter Anmeldung an Dienst und Box sehen wir eine rudimentäre Oberfläche, zumindest in einem unserer Browser (in diesem Fall Safari). Unter Firefox blieb das Fenster nahezu leer und nicht nutzbar. In der Nutzeroberfläche können wir Geräte hinzufügen und in virtuellen Räumen verteilen, die Zentrale kontrollieren und deren nutzbare Verbindungsmodule an- oder ausschalten, sehen, welche Apps verbunden sind und unser Benutzerkonto verwalten. Das smarte Zuhause steuern können wir über die Weboberfläche allerdings nicht.

There's an app for that

Screenshot der Magenta Smarthome App für Smartphones. Übersichtlich aber teuer: Die Magenta Smarthome App für Smartphones.
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Für die Nutzung und Steuerung der Komponenten benötigen wir zwingend die „MagentaSmartHome App“. Diese ist kostenfrei in den Appstores für Android- und Apple-Geräte erhältlich. Allerdings hält das „kostenfrei“ nicht lange an. Denn um die App nutzen zu können, müssen wir zwingend eine „App-Lizenz“ von der Telekom erwerben. Eine kostenfreie Basis-Nutzung ist unmöglich. Also wieder ab in den Browser und zur Telekom navigieren. Dort können wir für 4,95 Euro pro Monat die Lizenz zur Nutzung der App erwerben. Die Laufzeit beträgt ohne Wenn und Aber mindestens 24 Monate. Danach kann man monatlich kündigen. Aber Glück für uns: Dem Starterpaket liegt ein Coupon bei, mit dem uns die Telekom die ersten 24 Monate der Nutzung der App schenkt.

Info-hungrige Telekom

Unsere Kontodaten müssen wir im Bestellprozess aber dennoch hinterlegen. Die Seite erklärt uns, die wir natürlich sofort die Nase rümpfen: „Wir möchten, dass Sie auch nach Ablauf der Mindestvertragslaufzeit Ihre Magenta SmartHome App-Lizenz lückenlos weiternutzen können.“ Warum dafür allerdings auch eine Bonitätsprüfung notwendig ist, die nur schwerlich zwei Jahre in die Zukunft schauen kann, bleibt uns schleierhaft. Wir haben diesbezüglich beim Unternehmen angefragt, allerdings noch keine Antwort erhalten. Sobald dies geschieht, ergänzen wir selbstverständlich diesen Text.

Screenshot aus dem Bestellprozess für die Lizenz der Magenta Smarthome App. Komfort-Funktion? Nicht nur Bezahlen sollen Magenta Smarthome Kunden, sie müssen auch der Bonitätsprüfung zustimmen.
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Nachdem wir nun also zähneknirschend unsere Kontodaten herausgerückt und auch der Bonitätsprüfung zugestimmt haben, bekommen wir mit der Bestellbestätigung einen Code, der uns die Nutzung der App und die Verbindung der App mit unserem Qivicon-Account ermöglicht. In der App nun finden wir die vermissten Funktionalitäten und noch einige mehr.

Große, aber beschränkte Komponentenvielfalt

Jetzt melden wir ein paar Geräte an. Das erfolgt mithilfe eines Dialogs ziemlich einfach und gut verständlich. Zu jedem von uns ausgewählten Gerät gibt der Dialog Hinweise, wie das entsprechende Gerät mit Energie versorgt wird und wie lange es paarungsbereit sein wird. Alle Geräte verbinden sich problemlos und können noch im Dialog einem Raum zugeordnet werden.

Screenshot der Benutzeroberfläche zu Beginn des Dialogs um Geräte einzubinden. Große Vielfalt und doch ein Käfig: Das Magenta Smarthome System versteht sich auf viele Hersteller, lässt aber keine unbekannten Geräte zu.
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Allerdings lässt sich nur eine ausgewählte – wenn auch vergleichsweise große – Zahl an Geräten mit der Basis verbinden. Unsere Versuche, die Steckdose „FRITZ!DECT 200“ oder das Comet-Thermostat von EUROtronic mit der Home Base zu koppeln, scheitern daran, dass sich für diese Geräte kein Eintrag im Auswahldialog finden lässt. Es gibt auch keinen Eintrag „Andere Geräte koppeln“. So stellt sich Magenta Smarthome hier als zum Teil geschlossenes System dar. Nur wer kooperiert, bekommt auch Zugang. Für die Nutzer ist das nicht so schön. Andere Systeme wie beispielsweise AVM mit seiner FRITZ!Box zeigen sich hier offener und lassen die Kopplung aller Komponenten zu, auch wenn die Funktionalität anschließend (noch) eingeschränkt sein kann. Screenshot des Dialogs zur Einbindung der Komponenten. Vorbildlich: Das System führt auch unbedarfte Nutzer gut nachvollziehbar durch die Einbindung der Komponenten.
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Mit den angemeldeten DECT-ULE-Komponenten können wir in der App manuelle und automatische Situationen sowie Alarmsysteme erstellen. Dahinter verbergen sich jeweils Kombinationen von Aktoren und Sensoren, die je nach Zustand die jeweils andere Komponente aktivieren. So können wir einen einfachen „Post-Melder“ erstellen. Dafür befestigen wir einen der Magnetschalter im Inneren unseres Briefkastens und mit der Klappe und legen ein entsprechendes Profil in der App an. Nun meldet uns unser Handy, wenn die Klappe des Briefkastens für mehr als ein paar Sekunden geöffnet wurde. Genauso können wir ein Alarmsystem einrichten. Wir montieren den anderen Magnetschalter an der Eingangstür und verknüpfen ihn in der App mit der Sirene. Melden wir uns in der App dann als abwesend, ertönt bei Türöffnung nach drei Sekunden ohrenbetäubendes Schrillen der Sirene. Für die Einrichtung der Profile hält die App zahlreiche Vorlagen und Assistenten bereit, was die Erstellung der Szenen auch für eher unbegabte Nutzer einfach machen sollte.

SMS-Alarm nur für Telekom-Kunden

Screenshot der Magenta Smarthome App für Smartphones. Auch in der Magenta Smarthome App für Smartphones helfen Dialoge bei der Einrichtung der Szenen und Alarmsysteme.
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Aber auch hier müssen wir mäkeln. Denn neben dem Push-Alarm aufs Smartphone bietet uns die App die Möglichkeit, bei Alarm oder bei einer Meldung eine SMS an mehrere Nummern zu versenden. Das ist praktisch, wenn das eigene Telefon unterwegs die Datenverbindung verliert (Stichwort: Offline trotz EDGE). Der Haken dabei allerdings: Die SMS können ausschließlich an Mobilnummern im Netz der Telekom gesendet werden.

Das ist für uns absolut nicht nachvollziehbar. Warum zwingt der Konzern Kunden, die bereits für die Nutzung der App (und damit des Dienstes) zahlen, auch mit seinem Mobilfunkanschluss zum Konzern zu wechseln? In Zeiten von kaum mehr existenten Kosten für Kurzmitteilungen kann dieses Verhalten nur als „Käfighaltung“ der eigenen Kunden gewertet werden. Auch diesbezüglich haben wir bei der Telekom angefragt und warten noch auf Antwort.

Bug or Feature?

Bei der Nutzung von Magenta Smarthome sind uns weitere kleinere Unstimmigkeiten aufgefallen. So erfolgt bei Verlust der Verbindung zwischen Basis und Sensor oder Aktoren kein automatisches neues Pairing. Das Gerät muss erst erneut in den Pairing-Modus versetzt und mit dem System verbunden werden. Dies erfolgt nicht automatisch. Während der Vorgang läuft, wird das Gerät wieder erkannt und gekoppelt, allerdings gibt der Dialog darauf keinen Hinweis und läuft immer weiter. Wir haben ihn abgebrochen und das entsprechende Gerät war wieder aktiv. Noch einen zweiten Punkt entdeckten wir in Sachen Pairing. Nachdem wir die Sirene vom Strom getrennt haben, verblieb sie im System für eine ziemlich lange Zeit als aktiv gekennzeichnet.

Auch bei den Räumen hat das System einen Bug (oder ein Feature, je nach Sichtweise). Wir leerten das System von allen Räumen, um eine übersichtliche Testumgebung zu haben. Das mag Qivicon allerdings gar nicht und hat immer wieder eine Grundauswahl an Räumen automatisch erstellt. Erst nachdem wir einen einzelnen „Testraum“ eingerichtet hatten, beließ es das System dabei und fügte keine weiteren Räume hinzu.

Fazit

In Sachen Magenta Smarthome sind wir gespalten. Uns gefällt die optisch wie funktional gute Umsetzung des Systems mit seinen sehr hilfreichen Assistenten. Allerdings sehen wir in Magenta Smarthome einen Käfig: Verwenden kann man nur ausgewählte Komponenten. Nutzen kann man das System nur mit einem monatlichen Abo des Dienstes. Obendrein muss man, um alle Optionen zu nutzen, auch noch zwingend Mobilfunk-Kunde der Telekom sein. Dazu kommt, dass das System zwingend Cloud-basiert arbeitet, obwohl viele Funktionen auch offline beziehungsweise lokal umsetzbar sind, wie es viele andere Systeme es vormachen, wie unter anderem die freie Hausautomation FHEM oder auch die noch sehr begrenzte Smarthome-Funktionalität der FRITZ!Box von AVM. So lautet unser Fazit: Schönes System mit schalem Beigeschmack.

Nach diesem Test hat die Telekom nun ausführlich auf unsere Fragen und Kritikpunkte reagiert. Die offizielle Stellungnahme lesen Sie hier: Magenta Smarthome - Telekom äußert sich zu SMS- und Energieproblemen.

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