Kundenservice

Editorial: Die lange Leitung zum Anbieter

Wenn der Kunde schlechte Servicequalität auch noch bezahlen muss
Von Björn Brodersen

Eine Studie des Marktforschungsunternehmens Lightspeed Research hat ergeben, dass die Qualität des Kundendienstes den größten Einfluss auf die Kunden-Loyalität hat. Mehr als die Hälfte von 4 200 Befragten gaben an, dass ihre Callcenter-Erfahrungen darüber entscheiden, ob sie dem bestehenden Anbieter treu bleiben oder zu einem anderen Anbieter abwandern. Lange Wartezeiten, schlechte Sprachautomatisierung und wiederholtes Angeben ihrer Informationen stören die Kunden laut der Umfrage am meisten. Knapp zwei Drittel der in Deutschland befragten Nutzer würde gerne auf Self-Service-Hotlines verzichten und lieber mit den Agenten selbst sprechen, fast alle würden sich über Rückrufe statt längerer Wartezeiten freuen. Knapp die Hälfte der Befragten erwartet innerhalb von 24 Stunden eine Antwort auf ihre Anfrage. Auch noch interessant: Laut der Studie würde die Kunden gerne selbst wählen, auf welchem Weg - Telefon, E-Mail oder Online-Chat - sie mit ihrem Anbieter kommunizieren. Messen Sie daran mal Ihren Anbieter!

Schlechte Noten für die Servicequalität verteilte jüngst auch die Stiftung Warentest an deutsche Internetprovider. Besonders der Hamburger Anbieter freenet bekam hier sein Fett weg. Im Test betrug die durchschnittliche Wartezeit an der Telefon-Hotline 14 Minuten, E-Mails wurden frühestens nach 17 Tagen beantwortet, und selbst auf einfache Fragen zu den Produkten wussten einige Mitarbeiter keine Antwort. Testsieger wurde übrigens die viel gescholtene Deutsche Telekom mit ihrer Marke T-Online, noch schlechter als freenet schnitt der Kabelinternet-Anbieter Kabel Deutschland (KDG) ab. Generell in der Kritik hinsichtlich ihrer Beratungsqualität stehen vor allem auch externe Callcenter.

Wie können es die Anbieter besser machen?

Ein kostenfreier telefonischer Kundenservice ohne Wartezeit - und zwar nicht nur für potenzielle Neukunden - wäre aus Verbrauchersicht die ideale Situation. Verständnis würden die Kunden auch dafür haben, wenn die Anbieter je nach Anfrage unterschieden, ob sie dem Kunden kostenfrei oder gegen ein faires Entgelt Hilfe lieferten. Schnell und günstig reicht jedoch nicht: Wichtig ist auch, dass die Mitarbeiter die Produkte des Unternehmens kennen und bei Anfragen, die sie nicht selbst beantworten können, schnell den richtigen Ansprechpartner finden. Der Kunde sollte erwarten dürfen, dass sein Anliegen beim ersten Anruf geklärt wird, er sich auf erhaltene Versprechen verlassen kann und er nicht bei mehreren Anrufen verschiedenen Gesprächspartnern sein Anliegen oder die bisherige Kontakthistorie immer wieder neu darlegen muss. Das ist nur möglich, wenn die Mitarbeiter vom Unternehmen ausreichend Zeit für den einzelnen Anrufer eingeräumt bekommen und nicht an feste Zeitbudgets gebunden sind, so dass sie sich das Problem genauer schildern lassen können und nicht nur auf Stichworte des Kunden - und damit eventuell auf wenig hilfreiche Weise - reagieren.

Unternehmen, die ihre Kundenberatung an externe Callcenter auslagern, werden sicherlich größere Anstrengungen unternehmen müssen, um für einen hochwertigen Kunden-Support zu sorgen als Anbieter, deren Kundendienstmitarbeiter im Unternehmen sitzen. Aus diesem Grund sind auch Zweifel angebracht, dass die wegen Kosteneinsparungen geplante Auslagerung der Kundendienst-Mitarbeiter der Deutschen Telekom für besseren Service sorgen wird.

Das Vertrauen des Kunden in den Anbieter

Was immer auch die Telefon- und Internetanbieter für technische oder menschliche Anstrengungen unternehmen, das Ziel muss sein, das Vertrauen des Kunden zu gewinnen und danach auch zu bewahren. Qualitätsmängel oder Fehler können überall auftreten, besonders bei schnell wachsenden Telekommunikationsanbietern, nur sollten die Kunden nicht für solche Mängel bezahlen müssen. Schließlich haben die Anbieter in vielen Fällen schon jetzt etliche ihrer ureigenen Aufgaben an ihre Nutzer übertragen. Guter Kundendienst beginnt mit dem ersten Anruf eines Interessenten und hört auch nicht auf, wenn der Kunde für längere Zeit an seinen Vertrag gebunden ist - ansonsten wechselt er bei nächster Gelegenheit zur Konkurrenz.

Wir würden uns freuen, wenn Sie - in sachlicher Form - Ihre eigenen Erlebnisse an der Kunden-Hotline in dem unten stehenden Forum schildern würden - sowohl negative als auch positive.

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