Kundenservice

Editorial: Die lange Leitung zum Anbieter

Wenn der Kunde schlechte Servicequalität auch noch bezahlen muss
Von Björn Brodersen

Mehrere Telefonate, komplizierte automatische Sprachsysteme und endlose Warteschleifen - wenn die Kunden sich mit Fragen oder Beschwerden an ihren Anbieter wenden wollen, staut sich oft Ärger auf. Nicht nur werden solche Anfragen über kostenpflichtige Hotlines schnell sehr teuer. In vielen Fällen genügt auch nicht ein kurzer Anruf beim Provider, um die erhoffte Auskunft oder Problemlösung zu erhalten, sondern der Kunde muss gleich mehrmals den Kundendienst des Unternehmens anrufen und verschiedenen Mitarbeitern sein Anliegen schildern. Um den Rückruf eines für sein Problem zuständigen Mitarbeiters kann er in der Regel vergebens bitten. Es ist kein Wunder, wenn dann mancher Kunde auf die Service-Qualität seines Anbieters schimpft.

In der Regel können die Kunden auf Hotline-Anrufe verzichten, da die Anbieter mittlerweile immer mehr Kundendienstleistungen auf die zahlende Kundschaft abwälzen. Auf speziellen Website-Bereichen können die Kunden selbst ihre Vertragsdaten verwalten und beispielsweise Tarifänderungen veranlassen oder etwa Antworten auf häufig auftretende Fragen oder technische Störungen finden. Auch potenzielle Neukunden, die sich über die verfügbaren Angebote informieren oder einen Neuvertrag abschließen wollen, müssen meist weder hohe Kosten noch lange Wartezeiten befürchten. Schwierig kann es nur werden, wenn beispielsweise Probleme bei einem DSL-Anschlusswechsel oder Abrechnungsfehler auftreten oder wenn etwa unbestellte Leistungen berechnet oder Termine nicht eingehalten werden. Wer seinen Anbieter dann in die Pflicht nehmen will, kommt aber in vielen Fällen gar nicht mehr ohne größeren Aufwand an ihn ran.

Lange Wartezeiten steigern die Frustration

Dass die Anrufer teilweise erst einmal in langen und teuren Warteschleifen hängen, ohne überhaupt eine Leistung zu erhalten, ist die eine Sache. Wenn die Kunden dann in starre Sprachsysteme gezwungen oder mit Callcenter-Mitarbeitern verbunden werden, die das herangetragene Problem nicht lösen bzw. nicht schnell einen kompetenten Kontakt herstellen können, steigen nicht nur die Kosten sondern auch die Frustration des Anrufers. Konfrontiert man die Unternehmen mit negativen Erfahrungen der Hotline-Nutzer, verweisen diese gerne auf einige schwarze Schafe in der Branche. Andererseits hat aber wahrscheinlich jeder Kunde schon einmal eine unbefriedigende Beratung am Telefon erlebt. Es handelt sich also offenbar um ein weiter verbreitetes Problem.

Was viele Unternehmen außerdem anscheinend außer Acht lassen: Mündige Verbraucher, die mit dem telefonischen Kundenservice unzufrieden sind, werden bei nächster Gelegenheit zur Konkurrenz wechseln - diese Erfahrung macht zurzeit beispielsweise die Deutsche Telekom, deren Kundenservice in Qualitätstests zwar immer noch besser als der vieler Konkurrenten abschneidet, an den die Kunden allerdings höhere Erwartungen haben. Die Bereitschaft unzufriedener Kunden zum Anbieterwechsel sollte nicht unterschätzt werden, schließlich gibt es zu jedem Angebot im Festnetz-, Mobilfunk- und Internet-Bereich einen ähnlichen Tarif eines anderen Providers.

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