Themenspecial Telefon und Internet im Festnetz Hintergrund

Call by Call bei Telekom-All-IP-Anschlüssen: Die Entscheidung naht

Bundesnetzagentur kündigt Regulierungsverfügung für August bis September an
Von Marc Kessler

Die Deutsche Telekom sieht dies indes naturgemäß anders. Sie argumentiert, die Auferlegung einer Verpflichtung zur Betreiber(vor)auswahl am All-IP-Anschluss sei nicht gerechtfertigt, da der Gesetzgeber unter einem "Anschluss an das öffentliche Telefonnetz" allein die PSTN-Technologie im Fokus gehabt habe. Wenn überhaupt, so die Telekom, dürfe eine solche Verpflichtung nicht zu einer netzseitigen, sondern nur zu einer geräteseitigen Betreiberauswahl führen.

Im Klartext: Die Telekom will das "klassische" Verfahren bei Call by Call, nämlich das Benutzen einer Vor-Vorwahl beim Wählen einer Rufnummer, durch ein Verfahren ersetzen, bei dem der Nutzer z.B. in seinem Router die Anbieter entsprechend einprogrammieren und freischalten müsste. Dies würde die Nutzung von Call by Call erheblich erschweren.

Deutsche Telekom droht mit geringerem Ausbau auf dem Land

In einer Stellungnahme an teltarif.de führt die Deutsche Telekom vor allem hohe Kosten an, die bei der Realisierung einer netzseitigen Lösung entstünden und droht implizit mit der Reduzierung von Mitteln für den Breitband-Ausbau auf dem Land: "Die Kosten und den Aufwand dafür hätte die Telekom zu tragen. Die erforderlichen finanziellen Mittel stünden für echte Innovationen und nachhaltige Investitionen vor allem in den ländlichen Raum dann nicht mehr zur Verfügung."

Höhere Preise für Call by Call bei All-IP-Anschlüssen?

Zudem argumentiert der Bonner Ex-Monopolist damit, dass die Kaufentscheidung des Kunden zugunsten der All-IP-Variante eines Double-Play-Pakets auch eine bewusste Entscheidung gegen die herkömmliche Betreiber(vor)auswahl sei. Zudem habe der Kunde noch längere Zeit die Wahl zwischen PSTN-basierten und IP-basierten Telefonanschlüssen. Im gleichen Atemzug verlangt die Telekom für die eventuelle Realisierung von Call by Call und Preselection bei IP-basierten Anschlüssen auch mehr Geld als bei klassischen Festnetzanschlüssen: Da ein "deutlich höherer netztechnischer Aufwand" für die Transportleistung als bei PSTN-Anschlüssen entstehe, müsse die Abrechnung abweichend und damit höher tarifiert werden. Hierbei müsse dann auch unterschieden werden, ob die Verbindung von einem PSTN- oder einem IP-basierten Anschluss geführt werde. Wäre die Telekom mit diesem Argument erfolgreich, hieße dies in der Konsequenz, dass die Preise für Call-by-Call-Gespräche von IP-Anschlüssen aus künftig wohl höher wären als bei klassischen Telefonanschlüssen.

Bundesnetzagentur will netzseitige Realisierung

Dr. Iris Henseler-Unger BNetzA-Vizepräsidentin Dr. Iris Henseler-Ungers Oma soll Call by Call problemlos nutzen können
Foto: Bundesnetzagentur
Was die Frage der Realisierung von Call by Call bei IP-basierten Anschlüssen angeht (netzseitig versus geräteseitig), hat sich die Bundesnetzagentur in ihrem Regulierungsentwurf allerdings klar positioniert. Sie geht davon aus, dass "bei routerseitiger Realisierung ein offenes Call by Call nicht möglich" sei. Die Einrichtung durch den Kunden stelle ein Hindernis dar. Zudem sei eine netzseitige Implementierung nicht unverhältnismäßig, so die Behörde.

Im Januar hatte die Vizepräsidentin der Bundesnetzagentur, Dr. Iris Henseler-Unger, gegenüber teltarif.de eine technische Alternative zwar nicht ausgeschlossen, aber gleichzeitig betont, das Verfahren bei All-IP-Anschlüssen müsse weiterhin so einfach bleiben, "dass es auch meine Oma versteht." Auch BNetzA-Präsident Matthias Kurth hatte sich im Gespräch mit teltarif.de explizit für Call by Call auch bei All-IP-Anschlüssen ausgesprochen.

Künftig Call by Call und Preselection auch für congstar-Kunden?

Mit Spannung darf auch erwartet werden, ob die Telekom künftig Call by Call und Preselection auch für Kunden ihrer Tochter congstar sowie für Geschäftskunden bei T-Systems anbieten muss. Der Regulierungsentwurf der Bundesnetzagentur jedenfalls schließt eindeutig "insbesondere die Unternehmen congstar GmbH und die Unternehmen der T-Systems-Gruppe" mit ein. Insofern könnten im Falle einer gegenüber dem vorliegenden Entwurf unveränderten Entscheidung auch congstar-Kunden künftig Call by Call und Preselection nutzen - für die Deutsche Telekom mit Sicherheit kein angenehmes Szenario.

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