Editorial: So macht man China stark
Blick auf die Huawei Deutschland Zentrale
Bild: picture alliance/dpa | Marius Becker
Eines der Versprechen, mit denen Trump 2016 gewählt wurde, war, die
Handels-Vormacht von China zu brechen. Die USA sollten wieder mehr
selber produzieren, Importzölle das Land vor chinesischen Dumping-Produkten
schützen. Die Zölle kamen tatsächlich, doch die Wirkung war nicht von
Dauer: Seit 2019 wächst der Außenhandelsüberschuss Chinas wieder. 2020
wird er - dem Corona-Einbruch im ersten Quartal zum Trotz - ebenfalls
weiter steigen. Schon bis Ende November wurde mehr Überschuss erzielt
als im Vorjahr.
Die Gründe für den Erfolg Chinas sind vielfältig
Blick auf die Huawei Deutschland Zentrale
Bild: picture alliance/dpa | Marius Becker
Einer ist die
schiere Bevölkerungszahl - warum soll das Land mit den meisten Bürgern
nicht auch das wirtschaftlich erfolgreichste sein. Aber auch die
unkoordinierten Wirtschaftsangriffe schaden dem Westen. Beispiel
Huawei: Zwar ist es durch das Verbot der Auslieferung von Google-Apps
auf neuen Huawei-Smartphones und den Druck auf die Auftragsfertiger
Globalfoundries und TSMC tatsächlich gelungen, Huawei wieder von Platz 1
der Smartphone-Hersteller zu verdrängen. Doch die verlorenen Anteile
kamen nur zu einem kleinen Teil Samsung und zu einem noch kleineren
Teil Apple zugute. Stattdessen wuchs der ebenfalls chinesische Hersteller
Xiaomi überproportional und erreichte im 3. Quartal 2020 einen
weltweiten Marktanteil von 14 Prozent, nach nur lediglich
10 Prozent im Vorquartal und 8 Prozent im Vorjahresquartal.
Apple - lange Zeit nach Stückzahl weltweit die Nummer zwei - wurde dadurch sogar auf den vierten Platz abgedrängt. Zwar spielt bei Apple auch der späte Start der neuen Modelle erst im Oktober statt sonst wie üblich im September rein. Aber selbst mit dem Marktanteil aus dem 3. Quartal 2018 oder 2017 von jeweils 12 Prozent würde es nicht für die Top 3 reichen (Quelle: Counterpoint).
Wenn es den in Huawei-Smartphones und -Basisstationen vermuteten (aber freilich nie nachgewiesenen) chinesischen Abhörchip tatsächlich gibt, dann steckt der natürlich genauso in Smartphones von Xiaomi oder Oppo. Die Welt wird nicht dadurch sicherer, dass eine chinesische Schmiede durch eine andere ersetzt wird. Man müsste schon anfangen, die Fertigung von Schlüsseltechnologien wie Computerprozessoren, Magnetmetallen oder Pharmaka in die "Alte Welt" zurückzuholen, wenn man Angst vor Hintertüren hat. Stattdessen hat sich auch unter Trump der Trend zum Outsourcing nach Asien sogar weiter verstärkt. Selbst das US-amerikanische Vorzeigeunternehmen Tesla Motors produziert immer mehr in China. Es wird gar über einen 100 Prozent in China hergestellten Tesla spekuliert [Link entfernt] , während alle in den USA hergestellten Tesla auch wichtige Komponenten aus China enthalten.
Sperrdiskussion über die Video-App TikTok
Auch der Angriff des scheidenden US-Präsidenten auf die chinesische Video-App TikTok ist wohl nach hinten losgegangen. Jüngst erklärte ein Gericht in Washington, dass der US-Präsident gar nicht das Recht hat, aufgrund von Notstandsgesetzen gegen TikTok vorzugehen. Die monatelange Sperrdiskussion über TikTok wird so gar zur Werbekampagne für die chinesische App. Denn wer sie vorher noch nicht kannte, kennt sie jetzt.
Und wenn sie auch in einem halben Jahr voraussichtlich weiterhin im App- und Play-Store zu haben sein wird, dann wird sie auch installiert werden, wenn Freunde beispielsweise E-Mails mit Links auf TikTok-Inhalte schicken. Man weiß jetzt ja, woher die App kommt, und kennt zwar auch die Vorwürfe, schließt aber daraus, dass es sie weiterhin gibt, dass die App "schon ok sein muss". Die Arbeitsplätze amerikanischer oder auch europäischer Webentwickler werden dadurch sicher nicht befördert, die chinesische Handels- und Leistungsbilanz hingegen schon.