Editorial: Warten auf die Anti-Corona-App
Warten auf die Corona-Tracking-App
picture alliance/Hauke-Christian Dittrich/dpa
Die aktuelle Coronavirus-Epidemie hat auch ihre Vorteile. So
interessiert sich derzeit kaum jemand mehr dafür, ob die Eröffnung
des neuen Berliner Flughafens dieses Jahr tatsächlich zu Halloween
(31. Oktober) erfolgen wird, oder abermals um ein paar Jahre verschoben
wird. Schlecht ist es hingegen, wenn die
"es-muss-alles-seinen-Dienstweg-gehen"-Einstellung, mit der es nicht
gelingt, den Brandschutz beim neuen Berliner Flughafen zu gewährleisten,
auch auf die Pandemie-Bekämpfung durchschlägt.
Bis heute mangelt es für die Bevölkerung an Atemschutzmasken, auch deswegen, weil immer wieder betont wurde, dass nur FFP2- und FFP3-Masken einen zuverlässigen Schutz bieten können. Diese sind aber aufwändig in der Herstellung und daher derzeit besonders rar. Dabei bieten auch einfache Papiermasken einen gewissen Schutz, insbesondere dann, wenn (fast) alle sie tragen, da sie die Viren schon beim Ausatmen aufhalten. Statt die Produktion dieser einfachen Masken koordiniert hochzufahren, wird in Deutschland nun privat zu Hause gestrickt.
TraceTogether als OpenSource verfügbar
Warten auf die Corona-Tracking-App
picture alliance/Hauke-Christian Dittrich/dpa
Ähnlich langsam läuft es nun auch mit der deutschen bzw.
europäischen Corona-Tracking-App. Der Stadtstaat Singapur hat schon vor
einem Monat die App
TraceTogether
vorgestellt und diese wenige Tage später
als Open Source auch anderen Staaten zur Verfügung gestellt.
Da die App nur verschlüsselte und dadurch anonymisierte Datenpunkte sammelt,
ist sie datenschutzrechtlich grundsätzlich positiv zu beurteilen, wie
ich bereits ausgeführt hatte.
Dennoch wird der deutsche Tracker wegen Datenschutzbedenken wohl frühestens in vier Wochen kommen. Dabei gilt: Datensparsamer als der singapurianische Tracker wird man das Tracking kaum implementieren können. Ohne zentrale Anmeldung kann ein solcher Tracker nun mal nicht funktionieren. Und alle weiteren Daten werden nur noch lokal gesammelt und gespeichert und erst dann, wenn ein Nutzer die von ihm gesammelten Kontaktdaten an das Gesundheitsamt gibt, dort entschlüsselt, ausgewertet und zur Warnung der Kontakte verwendet.
Bei der Corona-Bekämpfung am allerwichtigsten sind freilich wachsame Behörden. Diesbezüglich hatte sich auch Singapur zuletzt nachlässig gezeigt: Zwar ist es dort bis heute gelungen, die eigene Bevölkerung vergleichsweise gut vor Covid-19 zu schützen. Aber in den letzten Tagen entdeckte Singapur tausende Covid-Infektionen unter Gastarbeitern aus Indien, Bangladesch, China und weiteren Nationen. Da diese in Schlafsälen untergebracht sind, konnte sich das Virus besonders leicht unter diesen ausbreiten.