Verzögert

Corona-Warn-App: In Deutschland erst im Mai

Eigent­lich sollte eine Smart­phone-App, die Betrof­fene vor einer Corona-Infek­tion warnen soll, schon zum Ende der Oster­fe­rien verfügbar sein. Bundes­ge­sund­heits­mi­nister Spahn sagt nun, dass sich die Menschen in Deutsch­land noch gedulden müssen.
Von dpa /

Wer hat wann wen getroffen? Eine Corona-App soll es protokollieren. Wer hat wann wen getroffen? Eine Corona-App soll es protokollieren.
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Die geplante Handy-App zur Eindäm­mung des Coro­na­virus in Deutsch­land wird erst im Mai zur Verfü­gung stehen. Das hat Bundes­ge­sund­heits­mi­nister Jens Spahn heute ange­kün­digt. "Aus heutiger Sicht sind es eher vier Wochen als zwei Wochen, bis wir tatsäch­lich dann eine haben, die auch alle Anfor­de­rungen voll erfüllt", sagte der CDU-Poli­tiker.

Spahn betonte, die App müsse drei unter­schied­liche Anfor­de­rungen erfüllen: Daten­si­cher­heit, Daten­schutz und den eigent­li­chen Zweck, nämlich die Ausbrei­tung der Epidemie einzu­dämmen. "Es muss eine sichere App sein, weil es um sensible Daten geht, was Hacken, Zugriff von anderen und anderes angeht", sagte der Minister. Beim epide­mio­lo­gi­schen Konzept müssten Fragen geklärt werden, etwa welcher Abstand zwischen den Personen und welche Kontakt­zeit maßgeb­lich seien. "Diese Para­meter werden mit den drei zustän­digen Behörden BSI für die Daten­si­cher­heit, das RKI für die Epide­mio­logie und der Daten­schutz­be­auf­tragte für den Daten­schutz bear­beitet".

Nutzung soll frei­willig sein

Wer hat wann wen getroffen? Eine Corona-App soll es protokollieren. Wer hat wann wen getroffen? Eine Corona-App soll es protokollieren.
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Eine Corona-Warn-App für Deutsch­land ist seit Wochen im Gespräch. Sie baut auf dem Konzept des euro­päi­schen Konsor­tiums PEPP-PT auf. Dabei soll Blue­tooth-Funk­technik verwendet werden. Die App kann die Infek­tion zwar nicht unter­binden, aber die Betrof­fenen schnell infor­mieren, wenn sie Kontakt zu Infi­zierten hatten. Die Nutzung soll frei­willig sein. Spahn betonte, mit der App könne man viel genauer erfassen, wen man die vergan­genen 14 Tage getroffen habe, als sich ledig­lich an die Kontakte zu erin­nern. Sie helfe auch bei der Benach­rich­ti­gung der Betrof­fenen.

"Es ist ganz ganz wichtig, dass wir, wenn jemand positiv getestet ist auf Corona, ganz schnell Kontakte nach­ver­folgen können der letzten Tage, infor­mieren können und auch bitten können, auffor­dern können, zu Hause zu bleiben", sagte Spahn zuvor im ARD-"Morgen­ma­gazin". "Das muss im Moment händisch gemacht werden, per Telefon, durch Aufsu­chen durch die Gesund­heits­ämter. Und eine solche App könnte das natür­lich deut­lich erleich­tern."

Apps zur Corona-Bekämp­fung werden derzeit in mindes­tens zwölf euro­päi­schen Ländern vorbe­reitet oder sind bereits im Einsatz, etwa in Öster­reich oder in Norwegen. Die EU-Kommis­sion hatte dazu am Donnerstag einen Werk­zeug­kasten für Contact-Tracing-Apps vorge­schlagen, damit die Apps in einer Art Roaming-Verfahren länder­über­grei­fend verwendet werden können. Dieses Ziel wird auch von Google und Apple verfolgt, die eine zwei­stu­fige Unter­stüt­zung von Corona-Warn-Apps ab Mai ange­kün­digt hatten. In einer ersten Stufe wollen die beiden Tech-Giganten eine Program­mier­stelle veröf­fent­li­chen, die eine Erstel­lung einer App erleich­tern soll. Später sollen die Funk­tionen in die Smart­phone-Betriebs­sys­teme Android und iOS einge­baut werden.

Weiterhin Bedenken beim Daten­schutz

Obwohl das "Contact Tracing" in Form einer weit­ge­hend anony­mi­sierten Verfol­gung mögli­cher Kontakte zu Infi­zierten auf frei­wil­liger Basis erfolgen soll, ist das Konzept unter Daten­schüt­zern und in der wissen­schaft­li­chen Commu­nity nicht unum­stritten. "Herr Spahn spricht davon, dass die App den Anfor­de­rungen genügen sollen, die an eine solche Tech­no­logie gestellt werden", sagte Kilian Holz­apfel, Rese­ar­cher des Physik-Depart­ments (TU München). Die Projekt­ar­beit von PEPP-PT und dem dahin­ter­ste­henden Daten­spei­che­rungs­pro­zess sei intrans­pa­rent und frag­würdig.

Die SPD-Abge­ord­nete Birgit Sippel sieht bei dem Konzept des "Contact Tracings" vor allem die Grund­rechte auf Frei­zü­gig­keit bedroht. "Wenn etwa das Recht, das Haus zu verlassen, oder die U-Bahn zu nutzen, an die Nutzung einer App gekop­pelt wird, dann können wir nicht mehr von Frei­wil­lig­keit spre­chen", sagte die Abge­ord­nete, die im Justiz­aus­schuss des EU-Parla­ments feder­füh­rend an Gesetzen zu elek­tro­ni­schen Beweis­mit­teln und Privat­sphäre in der Kommu­ni­ka­tion arbeitet, dem Portal netzpolitik.org.

Der EU-Abge­ord­nete Patrick Breyer (Pira­ten­partei), der im EU-Parla­ment in der Frak­tion der Grünen sitzt, befürchtet, dass die Tracing-Apps zu viele Warn­mel­dungen absetzen. "Die Apps werden wahr­schein­lich Zehn- oder Hundert­tau­sende von Personen benach­rich­tigen, die zur Arbeit oder zum Einkaufen unter­wegs waren. Es ist absehbar unmög­lich für diese, sich testen zu lassen. Die Wirkung kann kaum mehr sein als weit verbrei­tete Besorgnis oder sogar Panik. Zudem ist mensch­li­cher Kontakt nur eines der Infek­ti­ons­ri­siken."

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