Themenspezial Fußball halbherzig

Editorial: Sky vertut die Chance des Web-TV

Verwertung der Internet-Rechte nur halbherzig umgesetzt
Von Thorsten Neuhetzki

Die Spiele der Fußball-Bundesliga live im Internet als Web-TV - das gab es bislang noch nie. Zumindest, wenn man alle halb- und illegalen Angebote außen vorlässt. Mit der an diesem Wochenende gestarteten Saison hat sich das geändert - doch ist diese Neuerung wirklich eine, die den Kunden interessieren wird? Denn den Preis, den der Rechte-Inhaber Sky von den Kunden kassiert, ist für ein reines Internet-Produkt enorm. Mit happigen 19 Euro bittet Sky seine Web-TV-Kunden zu Kasse, Abonnenten zahlen 10 Euro. Nicht pro Spieltag oder Wochenende, nein, pro Spiel.

Mag ein solches Preisschema bei einem DFB-Pokal Erst-Rundenspiel mit dem Argument "Wann kann man seinen (kleinen) Lieblingsverein schon mal live im Fernsehen anschauen" gerechtfertigt sein, so muss sich Sky bei der Bundesliga die Frage stellen lassen, ob man überhaupt Kunden für das Produkt Web-TV haben will. Echte Fans werden da wohl eher ein echtes Abo abschließen. Und diejenigen, die sich nur mäßig für Fußball, aber dann doch für einige interessante Spiele interessieren, werden wohl eher die unterm Strich günstigere Sportsbar oder das Wohnzimmer von Freunden mit Sky-Abo aufsuchen. Oder aber gleich ins Stadion gehen - das ist bei vielen Vereinen auch schon für weniger als 19 Euro möglich und hat ein ganz anderes Flair als zu Hause vor dem PC die Spiele zu verfolgen.

Web-TV könnte individuelle Möglichkeiten bieten

Sky sollte eher das erworbene Alleinstellungsmerkmal der Web-TV-Rechte richtig ausschöpfen. Denkbar waren Modelle wie "Kaufe 10 Spiele der laufenden Saison für 50 Euro" oder "Folge deinem Verein". Bestehenden Sky-Kunden mit Bundesliga-Freischaltung sollte man den Service anbieten, dass auch außerhalb der eigenen vier Wände ein Spiel gratis oder für 1 Euro Traffic-Beitrag angeboten wird. Auch gäbe es sicherlich die Möglichkeit, per Web-TV Streams anzubieten, die die klassischen Verbreitungswege per Satellit und Kabel nicht leisten können. Was spricht dagegen, das ganze Spiel aus der Sicht des Torwartes zu verfolgen, den Trainer zu beobachten oder einen bestimmten Spieler zu beobachten. Dass die Signale dafür vorliegen, hat man in der Vergangenheit immer wieder demonstriert.

Klar, Sky hat ein gesteigertes Interesse, die Kunden auf die klassischen Pay-TV-Produkte zu lotsen. Doch nicht jeder will ein Abo und Preismodelle wie oben vorgeschlagen bietet Sky zumindest bislang im klassischen TV-Segment nicht an. Sky täte daher gut daran, die Einstellung zum Thema Web-TV zu überdenken, denn die Gesellschaft wird immer mobiler und der Kunde bindet sich immer weniger an klassische TV-Sendezeiten, wie die steigende Nutzung der Mediatheken von ARD und ZDF oder der Video-Portale von RTL und Vox zeigen. Statt die Angst zu haben, über das Internet Kunden zu verlieren, sollte Sky mit attraktivem Content und Preisen dafür sorgen, hier weitere, ergänzende Umsätze zu gewinnen. Auch im Sinne der Aktionäre, die in den vergangenen Monaten und Jahren viel einbüßen mussten. Das zeitversetzte Streaming der Spiele für Sky-Kunden zum Preis von 1 Euro ist ein richtiger Weg, aber er ist viel zu kurz und nicht konsequent zu Ende gedacht. Und vielleicht lässt sich der ein oder andere Web-TV-Kunde auch durch gute Qualität zu einem Abo überzeugen ohne dass der Web-TV-Preis künstlich hochgeschraubt werden muss.

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