MIG

Die "Anti-Funkloch Firma": Was tut sie eigentlich?

Funk­löcher sind ein Dauer­brenner-Thema. Ein Ex-Digi­tal­minister grün­dete die Mobil­funk-Infra­struktur-Gesell­schaft. Die Regie­rung hat gewech­selt, die Firma ist noch da. Was tut sie?
Von / dpa

Im Bundes­land Sachsen-Anhalt in der roman­tischen "Domstadt-Naum­burg an der Saale" befindet sich eine bundes­eigene Gesell­schaft, die über einen milli­arden­schweren Förder­topf verfügt. Diese Gesell­schaft wurde vom früheren Digi­tal­minister Andreas Scheuer ange­schoben und hört auf die Abkür­zung MIG. Das ist kein russi­sches Kampf­flug­zeug, sondern die Abkür­zung für Mobil­funk-Infra­struktur-Gesell­schaft. Ihre Home­page-Adresse ist sozu­sagen eine Kampf­ansage an Funk­löcher www.netzda-mig.de oder "Mobile digi­tale Zukunft für alle".

2024 bis 2025: Weniger Funk­löcher?

5G-Sendemast in der Oranienburger Straße in Naumburg an der Saale. Dort hat die MIG ihren Sitz. 5G-Sendemast in der Oranienburger Straße in Naumburg an der Saale. Dort hat die MIG ihren Sitz.
Foto: Picture Alliance/dpa/dpa-Zentralbild
Diese für das Schließen von Funk­löchern zustän­dige Firma rechnet damit, dass sich die Handy­netze in entle­genen Gebieten dank Förder­mit­teln des Bundes in den Jahren 2024 und 2025 deut­lich verbes­sern werden. Wich­tige Bedin­gung: Wenn die Mobil­funk-Netz­betreiber mitma­chen, werde man im kommenden Jahr nach aufwen­digen Vorar­beiten "eine deut­lich drei­stel­lige Zahl" von Förder­auf­rufen starten können, prophe­zeit der Chef der bundes­eigenen Mobil­funkin­fra­struk­tur­gesell­schaft (MIG), Ernst-Ferdi­nand Wilms­mann, gegen­über der Deut­schen Pres­seagentur (dpa) in Naum­burg an der Saale. In diesem Jahr waren es nur elf Stand­orte.

Nach den Förder­auf­rufen dauert es einige Monate bis zum Förder­bescheid und dann maximal 14 Monate bis zur Inbe­trieb­nahme des Funk­masten. "Es ist ein dickes Brett, was wir bohren müssen, aber 2024/25 wird der Effekt spürbar beim Bürger ankommen."

MIG seit 2021 aktiv

Ernst-Ferdinand Wilmsmann, Chef der MIG - rechts Kerstin Stromberg-Mallmann bei einem Auftritt beim BREKO. Ernst-Ferdinand Wilmsmann, Chef der MIG - rechts Kerstin Stromberg-Mallmann bei einem Auftritt beim BREKO.
Foto: BREKO
Die MIG wurde Anfang 2021 gegründet, nach dem grünen Licht aus Brüssel im Mai 2021 konnte die Gesell­schaft ihre Arbeit aufnehmen. Ihr steht ein 1,1 Milli­arden Euro schwerer Förder­topf des Bundes zur Verfü­gung, um dort Funk­löcher zu schließen, wo die Netz­betreiber Deut­sche Telekom, Voda­fone, Telefónica (o2) und inzwi­schen auch der Netz-Neuein­steiger 1&1 es nicht selbst tun können oder wollen.

In soge­nannten "Markt­erkun­dungs­ver­fahren" wird geklärt, ob das Gebiet nur mit staat­lichem Förder­geld ans Handy­netz gebracht werden kann. Ist dies der Fall, plant die MIG die Mast­stand­orte, mietet Grund­stücke, sondiert mögliche Hinder­nisse in Geneh­migungs­ver­fahren und schließt Vorver­träge ab. Danach startet sie einen Förder­aufruf.

Es dauert alles so lange

Auf die Frage, warum all das so lange dauere, sagte Wilms­mann, die Suche nach geeig­neten Grund­stü­cken, die Vorbe­rei­tung von Geneh­migungs­ver­fahren und die Abspra­chen mit der Tele­kom­muni­kati­ons­branche bräuchten nun mal Zeit. Man arbeite daran, dass es schneller gehe. "Zum Infra­struktur-Ausbau braucht man jedoch einen langen Atem." Im Vergleich zum eigen­wirt­schaft­lichen Ausbau stehe man in Sachen Verfah­rens­dauer gut da.

Bisher hat die MIG zwei Förder­bescheide vergeben, einer in einem Wander­gebiet in Bayern und einer bei der Talsperre Möhnesee in NRW. Diese beiden Masten werden nun gebaut und aller Voraus­sicht nach Ende 2023 in Betrieb genommen.

972 Markt­erkun­dungs­ver­fahren

Zudem schloss die MIG bislang 972 Markt­erkun­dungs­ver­fahren ab und stellte dabei in drei Viertel der Fälle fest, dass die Tele­kom­muni­kati­ons­firmen keinen eigen­wirt­schaft­lichen Ausbau planen und dass diese Gebiete somit förder­fähig sind. Ist das der Fall, machen sich MIG-Mitar­beiter auf den Weg und suchen das Gespräch mit Grund­stücks­eigen­tümern, um sie für einen Miet­ver­trag für einen Handy­masten zu gewinnen. Das gestalte sich häufig schwierig, sagte Wilms­mann. Man könne nur eine mode­rate Miete bieten.

Da die Förde­rung nach sieben Jahren auslaufe und die staat­lichen Zahlungen wegfallen, sollte sich der Standort dann finan­ziell selbst tragen, das müsse von Anfang an berück­sich­tigt werden.

Skepsis vor Mobil­funk schreckt Vermieter ab

Zudem sei die Mobil­funk-Skepsis vor Ort mitunter groß. Unlängst hätte ein Grund­stücks­eigen­tümer seine Bereit­schaft zur Vermie­tung signa­lisiert, dann aber zurück­gezogen, weil Nach­barn Druck gemacht haben.

Auch Netz­betreiber bauen selbst weiter

Separat zur staat­lich geför­derten Netz­ver­bes­serung arbeiten die Netz­betreiber daran, auf eigene Kosten Funk­löcher zu schließen. Hierzu sind sie im Rahmen von Ausbau­vor­gaben, die sich aus der Frequenz­auk­tion des Jahres 2019 ergeben, verpflichtet.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Vor der letzten Bundes­tags­wahl waren sich Beob­achter sicher, dass die neue Ampel­regie­rung die "MIG" als erstes "einstampfen" würde. Auch teltarif-Gast­autor Prof. Torsten J. Gerpott vertrat in einem Beitrag die Ansicht, dass die Aufgaben der MIG eigent­lich Sache der Bundes­netz­agentur seien.

Das Konstruk­tions­prinzip der MIG ist kompli­ziert. Nahe­lie­gend wäre die MIG als staat­licher Netz­betreiber gewesen, der selbst­ständig Sende­masten baut, mit eigener Technik ausstattet und den Sende­betrieb mit einer eigenen Netz­ken­nung aufnimmt. Die etablierten Netz­betreiber hätten dann mit dem "MIG-Netz" ein Roaming-Abkommen schließen müssten. Doch dazu hätte die MIG eigene Frequenzen und Lizenzen gebraucht und das wäre auf die Schnelle wohl regu­lato­risch und juris­tisch gar nicht machbar gewesen.

Ob die MIG besser inner­halb der Bundes­netz­agentur oder als eigene "Firma" funk­tio­niert, ist im Moment müßig zu disku­tieren. Wenn die MIG jetzt wirk­lich Schwung in die Geschichte bringen kann, wäre das zu begrüßen. Nun fehlt noch die Beschleu­nigung der umständ­lichen Geneh­migungs­ver­fahren vor Ort und eine breite Über­zeu­gungs­kam­pagne in den weißen-Flecken-Regionen, dass Mobil­funk kein "Teufels­zeug" ist, sondern längst zur Daseins­vor­sorge und Grund­ver­sor­gung gehört.

Regel­mäßig werfen wir einen Blick auf den aktu­ellen Netz­ausbau.

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