Unterversorgt

Connect misst katastrophale Mobilfunk-Datenversorgung im Zug

Abbruchraten von bis zu 60 Prozent: Mobiles Surfen im ICE ist derzeit ein Glücksspiel. Aufgrund der besonderen Situation bei Zügen ist schnelle Besserung zudem nicht in Sicht. Es gibt aber einen Ausweg aus dem Problem.
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Entlastung würde es schon bringen, wenn die im ICE montierten Repeater nicht nur die Bänder um 900 und 1 800 MHz verstärken, sondern auch 800, 2 100 und 2 600 MHz. So kämen mehr UMTS- und LTE-Signale in den Zug. So, wie sie aktuell verbaut sind, erweisen sich die Repeater sogar als Signalkiller: Kunden von Vodafone, o2 und E-Plus surfen in Zügen ohne Repeater besser als in Zügen mit dieser Technik. Nur Telekom-Kunden profitieren beim mobilen Surfen vom Repeater.

Die Experten vom Messinstitut P3 communications und die Redakteure der Connect führen das bessere Funktionieren der Repeater für Telekom-Kunden darauf zurück, dass die Repeater auf das schnarchlangsame GSM-Netz ausgelegt sind, dadurch aber auch LTE-1800 mitverstärken. Diese LTE-Frequenz wird allerdings in Deutschland nicht nur von der Telekom eingesetzt, sondern auch von E-Plus für den LTE-Aufbau verwendet. Insofern reicht das als einzige Erklärung nicht aus. Vielleicht kommt noch hinzu, dass die Bahn damals die Telekom mit dem Einbau der Repeater beauftragte. Die Telekom-Techniker haben garantiert die Repeater im eigenen Netz umfangreicher getestet als in den drei Fremdnetzen.

Bessere Repeater, die endlich alle wichtigen Frequenzen aller Netze verstärken, helfen zudem nichts, wenn es kein Signal gibt. Eigentlich wurde LTE-800 - die digitale Dividende - schon vor Jahren dazu erkoren, die weißen Flecken von der Breitband-Landkarte zu tilgen. Doch bis heute ist LTE-800 bei allen Netzbetreibern eher so etwas wie ein Flickenteppich denn ein dichtes Netz.

Zu hoffen ist, dass die Fusion von o2 und E-Plus die Situation verbessert. Mit dem hoffentlich ebenfalls fusionierten Investitionsbudget lässt sich natürlich ein dichteres Netz knüpfen. Zudem liegt der fusionierte Konzern nun endlich mit der Ausstattung an reichweitenstarken tiefen Frequenzen (800 MHz und 900 MHz) auf Augenhöhe mit den Platzhirschen Telekom und Vodafone. Bei den hohen Frequenzen - 1 800, 2 100 und 2 600 MHz - liegt das fusionierte Unternehmen sogar deutlich vorne. Wenn aber o2/E-Plus in den kommenden Jahren stark ins Netz investiert, dürfte das auch Vodafone anstacheln.

Hotspot als Alternative

Als Ausweg bleiben zumindest in den ICEs die WLAN-Hotspots: Dank zusätzlicher - richtfunkähnlicher - Funkkanäle auf Basis von Flash-OFDM bei 450 MHz zwischen ICE und Basisstationen verfügen diese gerade abseits der Städte über eine höhere verfügbare Datenrate als die mobilen Datendienste. Andererseits teilen sich alle Insassen des Zugs diesen Hotspot. Viele Smart­phones sind zudem so konfiguriert, dass sie umfangreiche Downloads, wie Updates des Betriebssystems, nur herunterladen, wenn sie in einem WLAN eingebucht sind. Dabei unterscheiden sie nicht zwischen dem festnetz-versorgten kapazitätsunkritischen heimischen WLAN und dem letztendlich mobilen WLAN im Zug. Entsprechend hohe Datenmengen fallen an, die die Hotspots dann immer wieder zusammenbrechen ließen.

Inzwischen haben Bahn und Telekom begonnen, die Hotspots nachzubessern, mit ersten sichtbaren Erfolgen. In der ersten Klasse ist die Hotspot-Nutzung ab kommendem Jahr kostenfrei, in der zweiten Klasse voraussichtlich ab 2016. Ebenso können viele Inhaber eines Mobilfunk- oder Festnetzvertrags der Telekom die von der Telekom betriebenen ICE-Hotspots kostenlos benutzen. Derzeit lohnt sich für Bahnvielfahrer ein Telekom-Vertrag also doppelt: Er bietet auf dem Handy bei direkter Nutzung des mobilen Internets die besten Datenraten, und er gibt Zugang zu den Hotspots.

Kurz- bis mittelfristig dürften die WLAN-Hotspots im ICE mehr zur stabilen Online-Versorgung beitragen als der weitere Netzausbau und bessere Repeater. Das beginnt schon damit, dass die Hotspots die Flash-OFDM-Technik zusätzlich zum HSPA- und LTE-Mobilfunk zur Verfügung haben. Hinzu kommt, dass die Hotspots eigene aktive Technik in den Zügen einsetzen, über die relativ leicht Daten über Versorgungslücken gesammelt werden können. Diese können dann direkt für die Ausbauplanung verwendet werden.

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