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Editorial: Handy schlägt Laptop

Mehr Pixel, mehr Sensoren: Samsung Galaxy S4 setzt neue Maßstäbe
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Samsung Galaxy S4 Samsung Galaxy S4
Bild: teltarif.de / Steffen Herget
Wer einen Laptop mit den folgenden Eckwerten sucht:

  • Full-HD-Display (oder besser)
  • großer Blickwinkelbereich
  • gehärtetes Frontglas
  • Eingebautes mobiles Internet 2G/3G/4G
  • GPS
stellt schnell fest, dass das Angebot sehr dünn wird, und die Preise sehr hoch steigen. Das Dell Latitude E5530 Advanced ist zwar noch einer der günstigsten Full-HD-Laptops (zumindest, wenn man den Rabatt von 438 Euro auf den Listenpreis einrechnet, den Dell derzeit im eigenen Online-Shop ausweist), lässt sich ab Werk aber weder mit einem LTE/4G-Modul noch einen Touchscreen ausstatten. Das Convertible (Tablet und Laptop) ThinkPad Helix von Lenovo erfüllt für rund 1700 Euro zwar alle Anforderungen an das Display, wird hierzulande jedoch ebenfalls nur in einer 3G-Version ausgeliefert. LTE ist standardmäßig nur in Nordamerika dabei.
Samsung Galaxy S4

Verlangt man dann noch eine 13-Megapixel-Kamera, NFC-Chip, UKW-Radio, Sensoren für Beschleunigung und Drehbeschleunigung, sowie eine Laufzeit von 50 Stunden bei ausgeschaltetem Display, aber aktivem Prozessor, verlässt man endgültig den Bereich der Laptops von der Stange. Zwar sind die genannten Funktionen alle über ansteckbare Module realisierbar. Wirklich tragbar ist das so enstandene Konglomerat aus Laptop und zahlreichen USB-Dongles und Zusatzakkus aber nicht mehr, weder vom Formfaktor, noch vom Gewicht, noch vom Preis.

Es ist also kein Wunder, dass sich Smartphones inzwischen vielfach öfter verkaufen als Laptops. Der Hauptkonkurrent des oben anhand der Features skizzierten Samsung Galaxy S4, nämlich das iPhone 5, wurde im Weihnachtsquartal geschätzte 27 Millionen Mal verkauft. Das sind ähnlich viele Smartphones eines einzigen Modells, wie die beiden führenden PC-Hersteller Lenovo und HP im gleichen Zeitraum zusammen absetzen konnten, und zwar über alle Modelle und Bauformen vom Billig-PC über Netbooks hinweg bis zu High-End-Laptops.

Rechenleistung ist nicht mehr alles

Samsung Galaxy S4 Samsung Galaxy S4
Bild: teltarif.de / Steffen Herget
Klar haben selbst einfache PCs und Laptops mehr Speicher und eine stärkere CPU als selbst Highend-Smartphones. Doch für die üblichen Computing-Anwendungen - Web-Browsing, Navigation, Wiedergabe von Fotos, Musik oder Videos, einfache Logik- oder Geschicklichkeitsspiele, Messaging oder Organizer - ist die Rechenpower der Smartphones inzwischen mehr als ausreichend. Klar lassen sich Office-Dokumente am PC oder Laptop besser editieren als mit dem Smartphone. Doch wie viele Nutzer benötigen diese klassichen PC-Funktionen überhaupt? Und sind für den reinen Büro-Job nicht auch die meisten PCs überdimensioniert?

Und so wird auch bei den Smartphones zurecht gefragt, ob es beim Samsung Galaxy S4 wirklich ein Achtkern-Chip sein muss, zumal das Gerät anfangs wohl mit nur vier Kernen ausgeliefert werden wird. Doch wird der Achtkerner ein Chip mit vier starken, schnellen, aber auch stromhungrigen, und vier schwächeren, langsameren und dadurch viel effizienteren Kernen sein. Die Verdopplung der Kernzahl dient also dazu, möglichst effizienten Ersatz für die Hochleistungskerne in all jenen Betriebssituationen zu haben, in denen diese gerade nicht benötigt werden. Das klingt von der Theorie her sinnvoll; ob es auch in der Praxis funktioniert und die Batterielaufzeit verlängert, wird sich zeigen.

Ebenso darf gefragt werden, ob bei Smartphones die Steigerung der Auflösung von HD Ready mit 1280 mal 720 Pixel auf Full HD mit 1920 mal 1080 Pixel wirklich Vorteile bringt. Bei einem 5 Zoll großen Bildschirm steigt so die Pixeldichte von knapp 300 auf 440 Pixel pro Inch. Damit drängeln sich 17 Pixel pro Millimeter. Auflösen kann das das menschliche Auge nicht mehr. Zwar sind bei Druckern noch höhere dpi-Zahlen von 600 oder gar 1200 üblich; doch beherrschen diese auch keine Halbtöne, so dass sie Farbbilder mit viel höherer Auflösung, als man sehen kann, rastern müssen, damit das Raster unsichtbar bleibt.

Fast scheint es, als ob das Samsung Galaxy S4 und zahlreiche andere jüngst erschienene Smartphones, insbesondere das HTC One oder Sony Xperia Z, in dieselbe Performance-Falle tappen, wie die PC-Welt: Statt die Geräte durch neue Features für eine noch größere Zielgruppe attraktiv zu machen, wird auf die Optimierung der Papierform der bestehenden Features hingearbeitet. Mit der Steuerung durch Blickgesten geht Samsung beim Galaxy S4 aber auch neue Wege im Bedienkonzept. Mal schauen, wie gut das funktioniert.

Mit Sicherheit wird sich das Samsung Galaxy S4 sehr gut verkaufen. Dazu gibt es genug zufriedene S3-Kunden. Einen triftigen Grund für ein Upgrade zum S4 dürften zwar die wenigsten davon haben. Wenn sie aber von Freunden und Bekannten nach einer Smartphone-Empfehlung gefragt werden, werden sie aber oft genug antworten, dass sie sich selber das S4 kaufen würden, wenn sie nicht schon das S3 hätten.

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