Müssen Skype & Co. genauso reguliert werden wie Call by Call?
Müssen Skype & Co. genauso reguliert werden wie Call by Call?
Bild: Skype
Als 1998 die Telekommunikationsmärkte liberalisiert wurden, waren Call by Call und Preselection - beide staatlich reguliert - Garanten für mehr Wettbewerb im Festnetz. Während Preselection an Bedeutung eingebüßt hat, wird Call by Call trotz Flatrates nach wie vor verwendet. Doch mittlerweile nutzen viele Anwender vermehrt Over-the-Top-Dienste (OTT) wie Skype oder WhatsApp Call, die kein eigenes Netz aufgebaut haben und ihre Dienste meist kostenlos per Software oder App über das Internet anbieten.
Im aktuellen Newsletter der Juconomy-Rechtsanwälte [Link entfernt] diskutiert Rechtsanwalt Dr. Marc Schütze daher die Frage, ob es gerecht ist, dass derartige OTT-Dienste, von denen es mittlerweile unzählige gibt, staatlich weniger kontrolliert und reguliert werden als die Anbieter von Call by Call oder Preselection, die sich an gewisse Vorgaben halten müssen und Sanktionen befürchten müssen, wenn sie die Vorgaben wie beispielsweise eine Tarifansage bei Call by Call nicht einhalten.
Senken Netzbetreiber wegen Skype & Co. ihre Preise?
Müssen Skype & Co. genauso reguliert werden wie Call by Call?
Bild: Skype
Ausgangspunkt des Newsletter-Beitrags ist die Haltung der EU-Kommission, die die Auffassung vertritt, dass OTT-Dienste möglicherweise eine Alternative für Call by Call sein könnten. Gleichzeitig hat die EU-Kommission laut Rechtsanwalt Schütze im Rahmen der neuen Märkteempfehlung 2014 eine
Hintertür geöffnet, den Markt weiterhin auf Basis nationaler Entscheidung regulieren zu können.
Der Anwalt hält diesen Ansatz der EU zur Rolle der OTT-Anbieter allerdings für falsch. Das Kennzeichen von Call by Call und Preselection war, dass sie einen zeitweise recht starken Druck auf die Preisgestaltung der Netzbetreiber ausgeübt haben. Studien hätten gezeigt, dass die OTT-Anbieter allerdings keinen Preisdruck auf die Netzbetreiber ausüben, so wie die EU sich das wünschen würde.
Größtes Problem der OTT-Anbieter ist der Datenschutz
Die OTT-Anbieter seien darüber hinaus kaum empfehlenswert, wenn man den datenschutzrechtlichen Aspekt betrachte. Sowohl die Verbindungsdaten als auch die Bestandsdaten würden aufwändig und umfassend für Werbezwecke ausgewertet. "Wer nicht zum gläsernen Endkunden mutieren möchte, kann diese Dienste in aller Regel nicht nutzen", konstatiert der Rechtsexperte.
Außerdem gebe es Berufsstände, die auf Geheimnisschutz angewiesen sind - dazu gehören beispielsweise Journalisten, Rechtsanwälte, Priester, Pastoren und Seelsorger. Diese bekommen mit vielen Diensten wie WhatsApp Call oder Skype Probleme, da die Dienste laut Schütze "zum Teil nicht einmal das Fernmeldegeheimnis wahren und eine Analyse auch der Gesprächsinhalte vornehmen". Zum Teil geschehe dies nur, um die Sprachqualität zu wahren, andere Anbieter würden aber vermutlich weitergehen und die Inhalte auch für Werbezwecke analysieren.
Der Anwalt verweist auf die Seite Secure Messaging Scorecard, wo in einer tabellarischen Übersicht die wichtigsten OTT-Anbieter genannt werden. Gleichzeitig wird visualisiert, ob die Dienste eine Transportverschlüsselung, eine Vollverschlüsselung, die Verifizierung von Kontakten, einen offenen Quellcode und andere Sicherheitsfeatures bieten. In der Fülle der dort genanten Messenger und VoIP-Anbieter können immerhin ChatSecure, CryptoCat, OTR-Messaging, Signal/Red Phone, Silent Phone, Silent Text, Telegram und Textsecure alle Anforderungen erfüllen, während Mxit, AIM, Blackberry Messenger, Ebuddy, Hushmail, Kik, Skype, Viber und der Yahoo Messenger ganz schlecht abschneiden.
Muss die BNetzA bei OTT-Anbietern härter durchgreifen?
Der Rechtsanwalt kommt zu dem Schluss, dass die VoIP- und Messaging-Anbieter staatlich und insbesondere datenschutzrechtlich viel strenger reguliert werden müssten. Sie seien wie CbC und Preselection ebenfalls als Telekommunikationsdienst gemäß Paragraf 3 Nr. 24 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) einzustufen. Dies gelte "insbesondere bei einem Routing über IP-Technik", also in NGN-Netzen. Bei einer "richtigen Anwendung" des TKG würden die OTT-Anbieter daher dem "TKG-Datenschutz- und Überwachungsregime" unterstehen. Bislang sei die BNetzA allerdings "auf diesem Auge blind" und habe noch kein öffentliches Untersuchungsverfahren eingeleitet.
Das Thema wird auch auf diversen Veranstaltungen in der kommenden Zeit diskutiert. Die CbC-Anbieter treffen sich am 23. September in Köln und debattieren über die Rolle der OTT-Anbieter, während die Bundesnetzagentur selbst am 27. Oktober eine Konferenz zum Thema "Klassische Telekommunikationsnetzbetreiber und die Rolle der OTT-Anbieter" abhält.