Langläufer

Telekom-Vorstand: Tim Höttges 10 Jahre im Amt

Im neuen Jahr gibt es ein Jubi­läum zu feiern. Timo­theus "Tim" Höttges ist seit 10 Jahren in Folge Chef der Deut­schen Telekom Akti­enge­sell­schaft. So lange hat vor ihm bei der Telekom noch niemand durch­gehalten.
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Der Autor erin­nert sich an eine Tarif-Pres­sekon­ferenz im Bonner Land­gra­benweg. Dort stellte der dama­lige Telekom-Chef René Ober­mann im persön­lichen Gespräch seinen neuen Finanz­chef vor. Tim Höttges, damals mit Strick­weste und Ärmel­kan­ten­scho­nern aus Leder bekleidet, wirkte schüch­tern. "Eigent­lich hätte nur noch der Blei­stift hinter dem Ohr gefehlt", witzelte ein Beob­achter damals.

Span­nende Entwick­lung

Telekom-Chef Timotheus Höttges seit 2014 im Amt Telekom-Chef Timotheus Höttges seit 2014 im Amt
Bild: dpa
Die Entwick­lung von Tim Höttges vom fast schüch­ternen Zahlen-fixierten "Kosten­rechner" zum CEO eines welt­weit bedeu­tenden Tele­kom­muni­kati­ons­unter­neh­mens ist beacht­lich.

Nachdem René Ober­mann auf eigenen Wunsch den Chef­sessel der Telekom verlassen hatte, trat Höttges dieses Amt an und verblüffte bei einem hoch­ran­gigen Pres­see­vent in Berlin die versam­melten Jour­nalisten mit einer längeren Rede. Kern­punkt: Der Kunden­ser­vice bei der Telekom sei eine einzige Kata­strophe, dort funk­tio­niere nichts richtig. Das war absolut unge­wöhn­lich, dass ein Unter­neh­mens­chef sein Unter­nehmen in ein so schlechtes Licht rückte.

Einge­weihte berich­teten damals, dass Höttges mit einem riesigen Notiz­block bewaffnet, in den Call-Centern der Telekom unge­wöhn­lich viel Zeit verbracht habe. Er habe Kunden­gespräche mitge­hört und sich unend­lich viele Notizen gemacht. Danach wurde der Kunden­ser­vice komplett neu orga­nisiert.

Verän­derungen

Auch wer nicht so tief ins Innere des Unter­neh­mens blicken konnte, bemerkte Verän­derungen.

Nachdem Höttges Vor-Vor-Vorgänger Ron Sommer in den USA auf Mobil­funk-Einkaufs­tour gegangen war, wurde er heftig kriti­siert: "Soviel Geld für einen nicht funk­tio­nie­renden Anbieter". Auch Sommers Nach-Nach­folger Ober­mann wurde heftig bedrängt, das teure Aben­teuer in den USA endlich zu beenden. Ein unter­schrifts­reifer Verkauf an AT&T wurde dann aber von den US-Behörden gekippt. Doch Ober­mann hatte sich für diesen als "unwahr­schein­lich" geltenden Fall weit­gehende Frequenz­rechte und sogar Entschä­digung in bar ausbe­dungen. Ein Schachzug, welcher der Telekom den Weg zum Erfolg in den USA ebnete. Höttges "erbte" das US-Unter­nehmen und die geplante Fusion mit US Sprint.

Ober­mann hatte noch John Legere einge­stellt, einen charis­mati­schen Typen, der 2013 bei T-Mobile US die "Un-Carrier Stra­tegie" star­tete. Eine Marke - vergleichbar mit simyo in Deutsch­land -, die alles anders machte und bis heute damit Erfolg hat. Viele US-Ameri­kaner wissen wohl gar nicht, dass T-Mobile US ein "deut­sches" Unter­nehmen ist. Höttges war von der lockeren Art von Legere ziem­lich beein­druckt und über­legte sich wohl, ob das auch in Deutsch­land funk­tio­nieren könnte.

2013 und 2014

In Deutsch­land wurde am 15.05.2013 beschlossen, Tim Höttges als Nach­folger von René Ober­mann zum 1.1.2014 zu berufen. In den USA star­tete der Verkauf von Apple-Produkten, damals war das iPhone 5 ange­sagt. Höttges wurde Aufsichts­rats­vor­sit­zender bei T-Mobile US. Für 3,9 Milli­arden US-Dollar kaufte T-Mobile US (TMUS) den Mobil­funk­anbieter Metro PCS. T-Mobile Tsche­chien wurde voll­ständig erworben und kostete 800 Millionen Euro.

In Deutsch­land star­tete das Angebot MagentaEINS, das Privat­kunden, die Mobil­funk und Fest­netz von der Telekom beziehen, Vorteile bietet. Es wurde später von Voda­fone ("GigaKombi") oder o2 ("KombiVorteil") mehr oder weniger "kopiert".

Im Fest­netz wurde die Vecto­ring-Tech­nologie vorge­stellt. Sie erfor­dert, dass ein einziges Unter­nehmen alle Leitungen in einem Orts­netz "unter tech­nischer Kontrolle" haben muss, damit höhere Geschwin­dig­keiten möglich werden. Der Clou ist ein mathe­matisch komplexes Verfahren, womit gegen­sei­tige Störungen heraus­gefil­tert werden können. Die Bundes­netz­agentur erteilte dem Verfahren ihren Segen, legte aber fest, dass sich konkur­rie­rende Unter­nehmen bewerben konnten. Es galt das Wind­hund-Prinzip.

Im September star­tete die Vermark­tung von VDSL-Vecto­ring. Nicht in allen Orts­netzen konnte oder wollte die Telekom sich die Herr­schaft über die Kabel sichern. Einige treue Telekom-Kunden wurden deshalb gekün­digt, sie verstanden die Welt nicht mehr. Später kaufte die Telekom bei örtli­chen Anbie­tern die Leis­tung ein und vermarktet sie seitdem unter "Magenta Regio".

2014 hatte die Telekom 70 Prozent des Scout24-Portals verkauft.

2015 und danach

2015 wurde der erste Hybrid-Router vorge­stellt, der unter MagentaZuHause Hybrid lang­sames Fest­netz mit LTE-Mobil­funk kombi­nieren konnte. Der große Haken an der Geschichte: Wer das nutzen wollte, musste direkter Kunde der Telekom sein oder werden. An konkur­rie­rende Anbieter verkaufte die Telekom dieses Angebot nicht. Entspre­chende Klagen wurden abge­wiesen. Auch verschie­dene Router­her­steller, die dafür Endge­räte anbieten wollten, bissen auf Granit. Die ersten Telekom-Router, die das konnten, wurden in Zusam­men­arbeit mit dem Hersteller Huawei entwi­ckelt. Später wurde zum Hersteller Sagemcom (Frank­reich) gewech­selt.

In den USA war die erwei­terte TMUS der dritt­größte Mobil­funk­anbieter nach Verizon und AT&T geworden und hatte Sprint über­holt, die damals noch eigen­ständig waren.

Die Telekom stellte ihre IP-Netz­stra­tegie vor, die zuerst in Kroa­tien, Ungarn und der Slovakei tech­nisch umge­setzt wurde.

Für 900 Millionen über­nahm die Telekom die rest­lichen Anteile der Slovak Telekom vom dortigen Staat.

Ende 2015 wurde ein Teil von T-Online an das Unter­nehmen Ströer verkauft und dafür ein Anteil an diesem "Stadt­möblierer" erworben. Dieser Deal ist tech­nisch kompli­ziert und doch reiz­voll. Die popu­lären E-Mail-Adressen "@t-online.de" werden weiter von der Telekom tech­nisch und admi­nis­trativ betreut. Nur die Nach­richten-Inhalte auf www.t-online.de stehen unter der Verant­wor­tung von Ströer, die dort ein in der Medi­enwelt stark beach­tetes Nach­richten- und Info­portal betreiben.

Die Infotafeln der Ströer KGaA sind an strategisch interessanten Punkten zu finden. Die Infotafeln der Ströer KGaA sind an strategisch interessanten Punkten zu finden.
Foto: Picture Alliance/dpa
Unter Stadt­möblie­rung versteht man die beleuch­teten Werbe­tafeln in Innen­städten oder an Ausfall­straßen. Der Deal hat einen Sinn: Diese Werbe­tafeln sind ideale Stand­orte für Small-Cells zur Netz­ver­dich­tung und sie sind bereits mit Strom oder sogar schon mit Glas­faser versorgt.

Zu Ströer gehört übri­gens auch die Ranger Commu­nica­tions, deren gefürch­teten Door-2-Door-Vertriebler von Haustür zu Haustür eilen, um den Kunden Tele­fon­anschlüsse oder ähnli­ches zu verkaufen. Nicht immer sind die Betrof­fenen vom Verhalten der Vertriebs­mit­arbeiter begeis­tert oder über­zeugt.

In England war die Telekom-Tochter T-Mobile durch den Kauf von One2One in den dortigen Mobil­funk­markt einge­stiegen und hatte das Angebot später gemeinsam mit der fran­zösi­schen Orange (ursprüng­lich von einem Deutsch-Briten gegründet) zur EE (= Ever­ything Every­where) fusio­niert. 2016 wurde das Unter­nehmen EE an die Britisch Telecom verkauft. Durch einen Akti­entausch plus Bargeld wurde die Deut­sche Telekom auf einmal mit 12 Prozent Anteils­eigener an British Telecom. Der poli­tisch unsin­nige Brexit verdarb der Telekom weitere Entwick­lungs­pläne in Groß­bri­tan­nien gewaltig. Die Angst vor den "Hunnen" (= die Deut­schen) ist in England heute noch allge­gen­wärtig.

2016

2016 war das Jahr von EntertainTV, das mit neuem Design und einer Replay-Funk­tion aufge­wertet wurde.

Ende des Jahres wurden alle Service-Akti­vitäten der Telekom in eine eigene "Einheit" bei der TDG gebün­delt. Die TDG ist die Telekom Deutsch­land GmbH, die alle Akti­vitäten in Deutsch­land durch­führt.

Schon im Früh­jahr war die Part­ner­schaft mit der korea­nischen SK Telecom (SKT) vertieft worden. Korea gehörte zu den Pionieren bei 5G-Netzen und IoT (Internet der Dinge).

2017

2017 wurde der indisch-stäm­mige Manager Srini(vasan) Gopalan zum Vorstand Europa der Deut­schen Telekom AG berufen.

Die Telekom-Tochter DeTeMedien, die bisher die Heraus­gabe der gedruckten Tele­fon­bücher verant­wor­tete, wurde an ein Konsor­tium mittel­stän­discher Verlage verkauft. Noch gibt es gedruckte Tele­fon­bücher, sie werden aber immer dünner, weil sich viele Kunden aus Angst vor "Spam-Anrufen" aus den Büchern austragen oder nicht mehr neu eintragen lassen.

Nicht nur DeTeMedien, auch die Reste der "Scout24"-Kette (Dating, Auto, Immo­bilien etc.) wech­selten endgültig den Besitzer. Im Telekom Vorstands­bereich wurde das Ressort VTI gegründet, was für "Tech­nologie & Inno­vation" steht. Als neue Vorständin für diesen Bereich wurde Claudia Nemat ernannt. Das bishe­rige Ressort "Europa und Technik" wurde seitdem als "Europa" weiter­geführt.

2017 war auch das Jahr von StreamOn. Für den Kunden war das eine Quasi-Flat­rate im mobilen Internet, aller­dings nur zu Anbie­tern oder Ange­boten, die vorher mit der Telekom entspre­chende Abkommen geschlossen hatten. Damit wurden aber Anbieter, die kein Abkommen hatten oder die gefor­derten tech­nischen Voraus­set­zungen nicht erfüllen konnten oder wollten, diskri­miniert, und schließ­lich landete die Geschichte vor dem Euro­päi­schen Gerichtshof, der die Sache kippte.

Im glei­chen Jahr wurde der Rollout von "LTE überall" gestartet, schon in der Gewiss­heit, dass ab 2020 die fünfte Gene­ration (5G) folgen würde.

Der Internet-Hosting-Provider Strato hatte eine Zeit­lang der Telekom gehört, er ging für 600 Millionen Euro an die United Internet AG, deren bekann­teste Marken 1&1 (und Ionos) sein dürften.

2018

2018 waren vier Jahre rum, Tim Höttges wurde als Gesamt­vor­stand bis zum 31.12.2023 "wieder­bestellt". Seit 2018 melden die Finanz­kenn­zahlen der Telekom "unun­ter­bro­chenes EBITDA Wachstum". Erst­malig lud die Telekom zu soge­nannten CapitalMarketDays ein, die sich an Finanz­inves­toren und Analysten richten. In Polen wurde ein Groß­han­dels­ver­trag (Wholesale) unter­zeichnet, der T-Mobile Polen (TMPL) den Zugang zu 1,7 bis 4 Millionen Haus­halten per Glas­faser für die nächsten 20 Jahre ermög­licht.

Bereits Ende 2018 wurde die 5G-Stra­tegie der Telekom vorge­stellt. Das Ziel: 99 Prozent der Bevöl­kerung, sowie 90 Prozent der Fläche mit 5G im Jahre 2025 zu errei­chen. Was die Bevöl­kerung betrifft, rekla­miert die Telekom aktuell bereits 96 Prozent. Für den Rest der Fläche gibt es aber noch einiges zu tun.

Ein von den Vorgän­gern von Höttges geerbtes Problem­kind war und ist T-Systems, intern mit TSI bezeichnet. 2018 wurde der US-Ameri­kaner Adel Al-Saleh zum Vorstand bestellt, der das als "unre­gierbar" geltende Unter­nehmen ziem­lich auf den Kopf stellte. In Öster­reich kaufte die Telekom den dortigen Kabel-TV-Anbieter UPC-Austria von Liberty Global ab. An der Kasse waren 1,8  Milli­arden Euro in bar zu entrichten.

2019 und danach

2019 hat die Telekom ihr "Enter­tain"-Angebot in "MagentaTV" umbe­nannt. Zugleich wurde die Tele2-Nieder­lande gekauft, in Form einer 25-prozen­tigen Betei­ligung und 189 Millionen Euro in bar.

Die Telekom Albania "performte" wohl nicht so erfolg­reich wie erhofft und wurde daher von der grie­chi­schen Telekom-Tochter OTE für 50 Millionen Euro an eine "Telecom Invest AD" verkauft. In vielen Kritiken war damals öfters zu lesen, dass das Netz der Telekom in Alba­nien "besser" als der Telekom in Deutsch­land sei. Das wird von der Telekom aber deut­lich demen­tiert.

Der damalige albanische Präsident Edi Rama war stolz, die Deutsche Telekom im Land zu haben. Der damalige albanische Präsident Edi Rama war stolz, die Deutsche Telekom im Land zu haben.
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Orga­nisa­torisch wurde dem Telekom-Vorstand ein neues Ressort GD (Group Deve­lop­ment) hinzu­gefügt. Dort wurden die Bereiche "USA & Unter­neh­mens­ent­wick­lung" zusam­men­gefasst. Spöt­tisch könnte man sagen, dass dort alle Akti­vitäten und Betei­ligungen zu finden sind, von den sich die Telekom-Entscheider nicht sicher sind, was sie damit machen wollen. Für die Betei­ligung in den USA hingegen gilt das sicher nicht. Denn T-Mobile USA befeuert heute wesent­lich den Erfolg der Deut­schen Telekom welt­weit.

Im glei­chen Jahr wurde Chris­tian P. Illek zum Finanz­chef der Telekom bestellt. Er besitzt eine Detail­kenntnis über Vorgänge und Produkte der Telekom, auch wenn diese nicht direkt mit Finanzen zu tun haben. Der studierte Chemiker und Betriebs­wirt Illek war schon 2010 bei der Telekom als Privat­kun­den­vor­stand und ab 2012 Chef von Micro­soft in Deutsch­land gewesen.

Birgit Bohle wurde zur CHRO (Chief Human Ressources Officer, auf Deutsch: Perso­nal­vor­ständin) ernannt.

In Öster­reich wurde die T-Mobile Austria (die vorher die popu­läre Marke max.mobil ("Klax Max") einge­stellt hatte) mit der frisch einge­kauften UPC-Austria fusio­niert und in "Magenta" umbe­nannt.

Erst­malig wurden soge­nannte ESG (Klima­schutz­ziele) formu­liert.

2020

Das Jahr 2020 war ein turbu­lentes Jahr.

Die Telekom star­tete mit dem MagentaTV Stick den Umstieg ihres Internet-TV-Ange­botes ins OTT-Zeit­alter (OTT = Over the Top) und grün­dete die Glas­faser Nord­west, eine sehr erfolg­reiche Koope­ration mit der privaten EWE Tel. Das Ziel: 1,5 Millionen Haus­halte mit Glas­faser bis ins Haus oder die Wohnung zu versorgen.

Nach jahre­langen Verhand­lungen mit Regie­rungen, Gewerk­schaften, Bundes­staaten und vor Gericht passierte das lange für unmög­lich gehal­tene: Die Fusion von T-Mobile US und US Sprint zur neuen T-Mobile US wurde voll­zogen.

In Deutsch­land, Kroa­tien, Ungarn und Tsche­chien nahm die Telekom erste 5G-Campus-Netze in Betrieb.

In Deutsch­land wurde der Geschäfts­kun­den­bereich neu geordnet und in die TDG inte­griert.

Da Anbie­ter­wechsel (speziell im Fest­netz) immer noch eine ziem­lich diffi­zile Ange­legen­heit werden können, wurde bei der Telekom der soge­nannte "Concierge Service" für Wechsel, Umzug und Bauherren einge­führt. Seitdem bietet die Telekom eine spezi­elle Bera­tung für eine opti­male Heim­ver­net­zung an, etwa durch die neuen Speed Home WiFi/WLAN-Mesh-Repeater, welche die Heim­ver­sor­gung verbes­sern können.

Ende des Jahres wurde bei der Telekom Deutsch­land erst­mals ein neuer Chef ernannt, der nicht in Deutsch­land geboren und mutter­sprach­lich mit Englisch aufge­wachsen ist. Srini Gopolan, der in Rekord­geschwin­dig­keit Deutsch gelernt hat und dessen deut­sches Lieb­lings­wort "Geneh­migungs­ver­fahren" lautet, hat viele Probleme des deut­schen Marktes besser verstanden als seine heimi­schen Kollegen. Für die Telekom Europa wurde die belgisch-stäm­mige TK-Mana­gerin Domi­nique Leroy (früher bei Belgacom/Proximus) berufen.

2020 war auch das Jahr der Corona-Pandemie, die "trotz extremer Nach­frage" bewäl­tigt werden konnte, wie die Telekom betont. Die von SAP und Telekom gebaute und orga­nisierte amtliche Corona Warn App erzielte 50 Millionen Down­loads. Sämt­liche Call-Center-Akti­vitäten der Telekom wurden vorüber­gehend ins Home-Office verlegt. Das gab, so makaber es klingt, der Digi­tali­sie­rung im Lande einen gewal­tigen Schub.

2021

2021 wurde das Funk­turm­geschäft in den Nieder­landen in einen Infra­struk­tur­fonds (DIV) umge­lagert.

Nach 17 Jahren wurden alle UMTS-Netz-Systeme ausge­schaltet. Die bisher mit 3G (UMTS) genutzten Frequenzen bei 2,1 GHz stehen seitdem für 4G und 5G zur Verfü­gung.

In den USA hat die Telekom ihren Anteil an der T-Mobile USA durch "Akti­entausch" mit dem japa­nischen Unter­nehmen Soft­bank erhöht.

Das Thema Open RAN drang erst­malig in das Bewusst­sein der Öffent­lich­keit. Im Berliner "Open Lab i14y" können inter­essierte Netz­betreiber, Hersteller und Diens­tean­bieter ihre Open-RAN-Produkte auf Inter­ope­rabi­lity (zwischen dem ersten "I" und dem letzten "y" sind 14 Buch­staben, deswegen "i14y") prüfen.

Stolz vermeldet die Telekom, über 90 Prozent der Bevöl­kerung mit 5G versorgt zu haben. Abseits der Ballungs­zen­tren warten aber Bürger immer noch drauf, über­haupt einmal mit Mobil­funk versorgt zu werden. In extremen Fällen greift die "Mobil­funk­behörde" MIG unter die Arme.

Derweilen wurde TMUS zum zweit­größten Mobil­funk­anbieter in den USA. Damit die US-Kunden schneller auf 5G umsteigen, wurde dort ein kosten­loses Geräte-Umtausch­angebot aufge­legt.

Im Sommer 2021 schockte eine Flut­welle das Ahrtal und die Welt. In aller­kür­zester Zeit musste die komplett zerstörte Infra­struktur wieder auf- oder besser neuge­baut werden. Hier hatte die Telekom den Vorteil, dass sie schon aus histo­rischen Gründen auf Groß-Scha­dens­ereig­nisse besser vorbe­reitet ist als ihre meist klei­neren privaten Konkur­renten. Einige Orte wurden dabei von Grund auf mit Glas­faser versorgt, die Kupfer­lei­tungen und ganze Gebäude voller Vermitt­lungs­technik hatte es schlicht "fort­geschwemmt".

Nutzer von MagentaEINS können seit 2021 eine Unli­mited-Option bekommen, wenn der Grund­tarif MagentaMobil L gebucht ist. Durch die Kombi­nation von Fest­netz und zahl­rei­chen Mobil­funk-Zusatz­karten kann die Nutzung von Telekom-Produkten güns­tiger werden. Aller­dings muss der Gesamt­ver­trag auf ein "Fami­lien­ober­haupt" laufen, wobei die Bezie­hungs-Verhält­nisse nicht von Belang sind. Das "Ober­haupt" zahlt und haftet. Single-Haus­halte ohne Fest­netz zahlen dafür im Mobil­funk weiterhin oft viel zu viel.

Die letzten Funk­löcher geraten mehr ins öffent­liche Bewusst­sein. Der Begriff "graue Flecken" wurde vorge­stellt. Das sind Bereiche, wo wenigs­tens ein Netz­betreiber bereits versorgt, die anderen aber nicht. Mit Unter­stüt­zung der Bundes­netz­agentur wurden erste Verein­barung zwischen der Telekom, o2-Telefónica, Voda­fone und sogar 1&1 geschlossen.

Die Technik MOCN erlaubt es, das ein Netz­betreiber nicht nur seine eigene Kennung, sondern auch eine fremde Kennung ausstrahlt. Die Signale der fremden Kunden werden dann mitver­sorgt und später im Netz an den Konkur­renten über­geben. Doch es gibt Einschrän­kungen: Nur auf 800 MHz, nur auf Gegen­sei­tig­keit und nur eine stark begrenzte Anzahl von Stationen, die daran teil­nehmen dürfen. Die Telekom möchte ihren USP (Allein­stel­lungs­merkmal) des "besseren" oder "besten" Netzes nicht verlieren und begründet damit ihre - je nach Tarif und Rech­nungs­weise - höheren Preise.

Welt­weit wurde 2021 bei der Telekom die Funk­tion "Network Slicing" vorge­stellt. Hier kann in einem 5G-Netz ein spezi­eller abge­schirmter "Bereich" defi­niert werden, wo Daten­ver­bin­dungen zuver­lässig zustande kommen, wenn außer­halb des "Slice" bereits Über­las­tungen auftreten. Wer einen Slice buchen will, muss einen Aufpreis bezahlen. Ziel­gruppe sind zunächst Hoch­sicher­heits-, Indus­trie- oder andere "wich­tige" Nutzer, etwa Radio- oder TV-Stationen, die aus Hotspots berichten wollen und garan­tierte Band­breiten brau­chen.

2022 und 2023

2022 wurde der Vertrag von Tim Höttges erneut verlän­gert. Seine Wieder­bestel­lung ist vom 1.1.2022 bis zum 31.12.2026 termi­niert. Es ist durchaus denkbar, dass Tim Höttges diesen Job bis zum letzten Tag ausfüllen wird, er wäre dann 64 Jahre alt. Aus Protest gegen den Angriff auf die Ukraine zog die Deutsche Telekom ihr Personal aus Russland ab. Aus Protest gegen den Angriff auf die Ukraine zog die Deutsche Telekom ihr Personal aus Russland ab.
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Im Ukraine Krieg zeigte die Telekom klare Haltung: Der IT-Betrieb in St. Peters­burg wurde geschlossen, russi­schen Mitar­bei­tern wurde bei der Auswan­derung geholfen. Ukrai­nische Flücht­linge wurden mit kosten­losen SIM-Karten unter­stützt. Dem Vorbild der Telekom folgten bald Voda­fone und o2-Telefónica.

In den USA wurde eine Part­ner­schaft mit dem Raum­fahrt-Unter­nehmen SpaceX begründet. Die Idee ist, eines Tages Mobil­funk­ver­sor­gung in entle­genen Regionen per Satellit für die Massen­kund­schaft anbieten zu können. Idea­ler­weise sollte das mit bereits im Markt befind­lichen Endge­räten nutzbar sein. Die dafür notwen­digen Satel­liten fliegen aber noch nicht.

Die Telekom verkauft ihre Tochter T-Mobile Nieder­lande an eine Inves­toren­gruppe, zu der auch die Invest­ment­bank Warburg-Pincus gehört, bei der unter anderem der ehema­lige Telekom-Chef René Ober­mann an führender Stelle arbeitet.

In Tsche­chien einigen sich T-Mobile.cz (TMCZ) und Vodafone.cz auf den gemein­samen Ausbau von Glas­faser­anschlüssen und (teil­weise) gegen­sei­tigen Netz­zugang.

Im Aufsichtsrat der Deut­schen Telekom gibt es eine Zäsur: Prof. Ulrich Lehner geht in den Ruhe­stand. Neu gewählt wird Dr. Frank Appel, zu dem Zeit­punkt noch Vorstand der Deut­sche Post/DHL. Das wird von einigen Aktio­närs­ver­tre­tern deut­lich kriti­siert, weil sie eine Doppel­belas­tung fürchten.

Telekom T Phone

In Öster­reich arbeiten die neue Magenta und Meri­diam bei 650.000 neuen Glas­faser­anschlüssen im länd­lichen Raum zusammen.

Welt­weit wird das Smart­phone T-Phone einge­führt. Basis ist ein Modell der erfolg­rei­chen REEVL-Baureihe aus den USA, die vom HK-Hersteller WingTech stammt. Das Ziel: Ein erschwing­liches 5G-fähiges Smart­phone, für das es regel­mäßig Updates gibt, das bereits von Android 12 auf 13 aktua­lisiert wurde und in Kürze mit Android 14 versorgt werden soll.

T-Mobile USA wird Ende 2022 zur wert­vollsten Tele­fon­gesell­schaft welt­weit.

2023

Anfang 2023 ist die Telekom die wert­vollste euro­päi­sche Marke. Die Telekom verkauft 51 Prozent ihrer Funk­turm-Tochter DFMG an die Finanz-Inves­toren DigitalBridge und Brook­fields für knapp 13 Milli­arden Euro, behält aber die Hoheit was Stand­orte und Netz­ausbau betrifft.

Nachdem bereits Ende 2022 99 Prozent der Bevöl­kerung (nicht der Fläche) als "mit LTE versorgt" ange­sehen wird, habe die Telekom 2023 diese Marke in jedem Bundes­land "geknackt", gleich­wohl gibt es immer noch Orte und Bereiche, wo es aktuell gar kein Netz gibt.

Stolz gibt die Deut­sche Telekom bekannt, die Mehr­heit an ihrer Tochter T-Mobile USA (TMUS) erreicht zu haben. Die Telekom-Aktie - lange Jahre Sorgen­kind - hat die 20-Euro-Kurs-Marke deut­lich über­schritten.

Das Thema Glas­faser rückt in den Fokus. Der Ausbau von Telekom und ihren privaten Mitbe­wer­bern ist in Fahrt gekommen. Da es keinerlei staat­liche oder private Koor­dinie­rung der Ausbau­akti­vitäten gibt, kommt es an bestimmten Stellen zu Konflikten, wenn die Telekom an Orten ihren Ausbau ankün­digt oder durch­führt, wo private Unter­nehmen in der Hoff­nung auf rentable Exklu­siv­ein­nahmen den "eigen­wirt­schaft­lichen" Ausbau verspro­chen haben.

Wo es nach langen Zitter­par­tien "staat­lich geför­derten" Ausbau gibt, kommt es auch nicht immer voran, weil die Unter­nehmen dann verpflichtet sind, ihre Leitungen anderen Anbie­tern zur Verfü­gung stellen zu müssen. Das stößt weder bei der Telekom noch bei den Konkur­renten immer auf Begeis­terung, wie Betrof­fene berichten.

Die Telekom gibt bekannt, dass etwa 8 Millionen Haus­halte in Deutsch­land einen FTTH-Anschluss bei der Telekom buchen könnten. Die "Take Up"-Rate (der wirk­lich gebuchten und akti­vieren Anschlüsse) liegt deut­lich darunter.

Ende 2023 wurde bekannt, das T-Systems-Chef Adel al Saleh das Unter­nehmen verlässt, sein Nach­folger wird der erfolg­reiche Service-Vertriebs­chef Dr. Ferri Abol­hassan.

Der Chef inter­essiert sich für Details

10 Jahre ist Telekom-Chef Tim Höttges im Amt. Er inter­essiert sich für die Technik seines Hauses, testet in launigen Videos auf Social Media seine Produkte oder gratu­liert seinen Mitar­bei­tern per YouTube Video, indem er zu Weih­nachten Plätz­chen backt, Hütten schrei­nert oder andere Dinge versucht, sogar die "Take Outs" (Fehler beim Dreh) fehlen nicht.

Was nicht rentabel ist, kommt weg

Regel­mäßig hinter­fragt Höttges intern die Profi­tabi­lität neuer oder bestehender Produkte, und manches Angebot wurde schon trotz Kunden­pro­testen einge­stellt, weil es sich "nicht rechnet." Das war beispiels­weise der Paral­lelruf im Tele­fon­netz (ein Anruf konnte "parallel" auf mehreren Anschlüssen z. B. Fest/Mobil) klin­geln). Auch die persön­liche Rufnummer (0700) wurde bei der Telekom als Nummern­hoster gekippt.

Ein besserer OTT-Messenger der Telekom namens IMMMR wurde vorge­stellt, erprobt und verschwand wieder.

Aufwendig ange­kün­digte "eigene" Produkte wie eine hoch intel­ligente "KI"-Smart­watch wurden in Barce­lona vorge­führt. Die Uhr verschwand danach auf Nimmer­wie­der­sehen. Ein intel­ligenter Laut­spre­cher "Hallo Magenta" wurde später wegen Erfolg­losig­keit "einge­stampft", obwohl er in weiser Voraus­sicht schon "Alexa" mitin­tegriert hatte.

Die plau­sible Idee, dass die Deut­sche Telekom als inter­natio­naler Anbieter in jedem Land Europas unter der eigenen Marke und mit eigenen Produkten vor Ort präsent sein müsste, wurde auf dem Altar der Renta­bilität geop­fert, beispiels­weise in Alba­nien oder Rumä­nien.

In den Nieder­landen wurde die im Prinzip erfolg­reiche T-Mobile.NL verkauft, da sie kein Fest­netz­angebot machen konnte.

Die Euro-Telco, ein Traum?

Höttges hatte mehr­fach kriti­siert, dass es z. B. im 300-Millionen-Einwohner-Land USA nur drei bis vier große Mobil­funk­anbieter gibt, in Europa hingegen sind es 94 Mobil­funk-Netz­betreiber aus 28 Ländern, wie das Unter­nehmen Umlaut ermit­telt hat.

Höttges plädierte für eine Euro­päi­sche Telco, die bishe­rige natio­nale Anbieter zusam­men­schließen müsste.

Doch dieser Plan dürfte uner­reichbar sein: Erstens gibt es in Europa unter­schied­liche Spra­chen und Menta­litäten. Zweiten würde eine Europa-Telco als erstes die Perso­nal­zahlen radikal kürzen, weil viele Unter­neh­mens­teile dann euro­paweit agieren würden und die Leute in den natio­nalen Außen­stellen "über­flüssig" wären. Das könnte je nach Land und Unter­nehmen zu gewal­tigen "Verwer­fungen" und Protesten führen.

Auch die Leitung einer euro­päi­sche Telco müsste auf natio­nale Befind­lich­keiten Rück­sicht nehmen und wäre dann entweder schwer­fällig oder man würde kompro­misslos eine Linie durch­ziehen, was entweder eine lange Durst­strecke, (poli­tische) Proteste oder Kunden­ver­lust bedeuten könnte.

Verständ­liche Reden

Höttges wurde mehr­fach für die verständ­lichsten Vorstands­reden ausge­zeichnet. Viel­leicht könnte man ihn früh morgens wecken und ihn um eine Finanz­zah­len­über­sicht bitten, die er vermut­lich aus dem Stand allge­mein verständ­lich wieder­geben könnte.

Wer könnte Höttges Nach­folger/in werden?

Wer könnte Nachfolger von Höttges werden? Vorständin Technik & Innovation Claudia Nemat (links) oder Deutschland Chef Srini Gopalan (rechts)? Wer könnte Nachfolger von Höttges werden? Vorständin Technik & Innovation Claudia Nemat (links) oder Deutschland Chef Srini Gopalan (rechts)?
Foto: Deutsche Telekom
Aktuell steht das Thema Nach­folge noch nicht zur Debatte. Allge­mein wird Deutsch­land-Chef Srini Gopalan als mögli­cher Nach­folger gesehen, ihm könnte dann Wolf­gang Metze als neuer Deutsch­land-Chef folgen. Andere meinen, dass Technik-Vorständin Claudia Nemat gute Chancen hätte. Wer es am Ende wird, ist heute noch nicht absehbar.

Telekom = Behör­den­post?

Vielen Kriti­kern ist die Telekom "unheim­lich", weil sie mit der Telekom immer noch die Behör­den­post verbinden. Jeder Mensch im Land kann über persön­liche Erleb­nisse und Eindrücke berichten. Nicht immer verliefen die so, wie der einzelne Kunde sich das vorge­stellt hat.

Eins ist aber klar: Ohne die Deut­sche Telekom läuft in Deutsch­land und darüber hinaus nichts. Würde das Unter­nehmen - aus welchen Gründen auch immer - über Nacht ersatzlos verschwinden, hätten die Konkur­renten und Mitbe­werber gewal­tige Probleme.

Also kann die Konkur­renz nur durch Koope­ration und durch bessere und preis­wer­tere Produkte und vor allen Dingen einen besseren Service punkten. Doch da hat die Telekom eine sehr hohe Latte vorge­legt.

Tim Höttges wünschte sich mehr Kauf­lust der Deut­schen.

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