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Editorial: Ist mobiles Internet nur eine Nebenleistung?

Vodafone hat die Tarife für zusätzliches Datenvolumen via SpeedOn drastisch erhöht. Dürfen sie das auch bei laufenden Verträgen? Oder hat der Kunde ein Recht auf konstante Preise während der Vertragslaufzeit?
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Die Änderung der Einordnung zahlreicher vermeintlicher Nebenleistungen als Hauptleistungen bedeutet nicht, dass diese kostenlos sein müssen. Der Tk-Anbieter kann ja nichts dafür, wenn ein Kunde seine SIM-Karte verschlampt. Und da Vertragsfreiheit gilt, darf der Tk-Anbieter in seiner Preisliste für Service-Leistungen, wie die Neuausstellung einer SIM-Karte, ein Entgelt vorsehen, das nicht nur die Kosten deckt, sondern auch einen Gewinnanteil enthält. Doch darf der Anbieter den Preis hierfür gegenüber Bestandskunden nicht einfach ändern, sondern muss bei Preisanpassungen gegenüber Bestandskunden die gestiegenen Kosten nachweisen. Gegenüber Neukunden darf der Anbieter natürlich jederzeit neue Preise festlegen, ebenso darf er mit Bestandskunden z.B. bei Vertragsverlängerungen bei gegenseitiger Zustimmung neue Preise vereinbaren.

Wer als Vodafone-Kunde mehr Datenvolumen benötigt, hat das Nachsehen Wer als Vodafone-Kunde mehr Datenvolumen benötigt, hat das Nachsehen
Foto: teltarif
Was gilt nun für Speed-On-Pakete, mit denen der Kunde nach Erreichen der Datendrossel sich zusätzliches Datenvolumen nachkaufen kann? Ist das eine Nebenleistung mit frei änderbaren Preisen, oder eine Hauptleistung, bei der der Anbieter die Preisliste nach Vertragsschluss nur noch im Ausnahmefall (nachweislich gestiegene Kosten) ändern darf?

Für die Antwort "Nebenleistung" spricht, dass die SpeedOn-Pakete bei den meisten Anbietern überhaupt erst in den letzten ein bis zwei Jahren eingeführt wurden, bei Penny Mobil beispielsweise erst im Dezember letzten Jahres. Wer bei einem Anbieter ohne SpeedOn die Drossel erreicht, oder bei das SpeedOn nicht kaufen will, weil es ihm zu teuer ist, der kann eine beliebige Prepaid-SIM-Karte eines anderen Anbieters erwerben und deren Datendienste weiterverwenden. Browser und Apps auf dem Smartphone funktionieren unabhängig vom Anbieter.

Gegen die Antwort "Nebenleistung" spricht, dass die genannte Zweit-SIM den Nutzer zum häufigen SIM-Karten-Wechsel zwingt, wenn er sein Handy auch noch zum Telefonieren und/oder SMSen verwenden will. Mittlerweile sind bei allen Vertragstarifen und bei so gut wie allen Prepaid-Tarifen SpeedOn-Pakete nachbuchbar. Anders als noch vor zwei Jahren, wagt keiner der wichtigen Anbieter mehr, seine Kunden in der Drossel hängen zu lassen. Aus einer optionalen Leistung, die anfangs nur wenige Anbieter im Programm hatten, wurde eine Regelleistung, die es bei allen gibt.

Schließlich ist der mobile Internetzugang definitiv eine der Hauptleistungen, über die beim Vertragsschluss konkrete und genaue Vereinbarungen getroffen werden: LTE ja/nein, maximale Surfgeschwindigkeit oder die Größe des Pakets bis zur Drossel. Aufgrund der stürmischen Entwicklung bei Apps und Datendiensten ist es für den Verbraucher schlicht und einfach unmöglich, seinen Datenverbrauch für die gesamte Laufzeit eines Zwei-Jahres-Vertrags im Vorhinein so genau abzuschätzen, dass er während der Laufzeit niemals einen Nachschlag braucht. Da sich zudem die Pakete der Netzbetreiber und Discounter immer ähnlicher werden (All-Net-Sprachflatrate, Datenpaket mit Drossel nach Verbrauch des Inklusivvolumens), sind gerade Verfügbarkeit und Preis von SpeedOn-Paketen ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zwischen den Tarifen! Diese Funktion verlieren sie aber, wenn man sie zur Nebenleistung erklärt und die Konditionen nach Belieben durch den Netzbetreiber änderbar sind.

Die Verbraucher sind gefragt!

Eine Entscheidung zwischen beiden Auffassungen ist schwierig, die Rechtslage alles andere als eindeutig. Ein Kunde, der einen Smartphone-Vertrag geschlossen hat, als es noch gar kein SpeedOn gab, wird sich gegenüber dem Netzbetreiber kaum darauf berufen können, dass das später eingeführte SpeedOn von Anfang an Vertragsbestandteil war. Je mehr SpeedOn aber zum Regelprodukt wird, desto mehr werden sich die Netzbetreiber auf konstante Preise verpflichten lassen müssen. Vielleicht hat Vodafone jetzt gerade die letzte Chance genutzt, die Preise legal zu erhöhen, ohne den Kunden ein Widerspruchsrecht oder gar Kündigungsrecht einräumen zu müssen.

Angesichts der wenig eindeutigen Rechtslage sind um so mehr die Verbraucher gefragt. Je mehr Kunden beim Vertragsabschluss im Laden nachfragen, was passiert, wenn man in die Drossel läuft, und ob die Tarife zum Nachkaufen von Daten während der Laufzeit sich ändern können oder nicht, desto eher werden die Netzbetreiber bereit sein, die SpeedOn-Tarife ausdrücklich für die Vertragslaufzeit festzuschreiben. Wie das Beispiel Vodafone zeigt, sind solche Nachfragen auch dringend nötig, denn offensichtlich fühlt sich zumindest dieser Anbieter mitnichten an die Preislisten aus der Vergangenheit gebunden.

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