Neue App für Breitbandmessung: Jetzt gibts Geld zurück
Wenn sich das versprochene High-Speed-Internet als leeres Versprechen entpuppt, können sich Verbraucher nun dagegen wehren. Mehr zu diesen neuen Regelungen lesen Sie im ausführlichen Bericht unten.
Betroffene Nutzer müssen ihrem Anbieter dafür allerdings eine Messung vorlegen, die etwas Zeit und Geduld erfordert. Der Nachweis erfolgt ausschließlich über die Software "Breitbandmessung" der Bundesnetzagentur.
Ab sofort steht nun die neue Version des Programms unter www.breitbandmessung.de für die Betriebssysteme Windows, macOS und Linux zur Verfügung. Es muss in der installierten Desktop-Version genutzt werden.
Der Beweis mit der App der Breitbandmessung wird allerdings viele Kunden ziemlich überfordern. In unserem nächsten Artikel berichten wir über den schweren Nachweis für lahmes Internet.
Lahmes Internet: BNetzA benennt Minderungsregelungen
Ist das Internet am Laptop zu langsam, muss erst ein LAN-Kabel angeschlossen werden, bevor man richtig messen kann.
Image licensed by Ingram Image, Montage: teltarif.de
Eines der spannenden Details des neuen Telekommunikationsgesetzes sind die "Minderungsregelungen für Festnetz-Internetzugänge". Ist das heimische Internet langsamer als von Anbieter versprochen, kann die monatliche Rechnung gemindert oder sogar außerordentlich gekündigt werden. Doch ganz so einfach ist es nicht.
Vorgaben im Detail
Die Bundesnetzagentur hat heute dazu Details veröffentlicht. Wer darauf brennt, seinem Anbieter einmal gründlich die Meinung zu sagen, braucht Geduld. Zwar wurde die Allgemeinverfügung zu den neuen Minderungsregelungen für Festnetz-Internetzugänge veröffentlicht, aber die Vorgaben werden erst nächste Woche am 13. Dezember wirksam. Erst dann wird ein "überarbeitetes Messtool" bereitgestellt. Der Kunde muss ja schließlich wasserdicht beweisen können, dass sein Internet zu langsam ist und nicht immer muss der Anbieter alleine daran Schuld sein.
"Unsere Vorgaben helfen Verbrauchern, ihre neuen Rechte geltend zu machen. Verbraucher können eine Minderleistung mit unserem Messtool mit vertretbarem Aufwand rechtssicher nachweisen", sagt Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur.
Voraussetzungen für eine Minderung
Ist das Internet am Laptop zu langsam, muss erst ein LAN-Kabel angeschlossen werden, bevor man richtig messen kann.
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Die Regelungen der Allgemeinverfügung sehen vor, dass Verbraucher für den Nachweis einer Minderleistung insgesamt 30 Messungen an drei unterschiedlichen Kalendertagen durchführen müssen. Im Vorfeld war noch von 20 Messungen an 2 Tagen die Rede gewesen. Dabei wird "ein Mindestabstand von jeweils einem Kalendertag zwischen den Messtagen sowie eine Verteilung der Messungen über den Messtag verankert", wie das im spröden Text der Netzagentur heißt.
Minderungsrelevante Abweichung
Und nun geht es ins Detail: "Für die Annahme einer minderungsrelevanten Abweichung bei der minimalen Geschwindigkeit reicht es, wenn an zwei von drei Messtagen die minimale Geschwindigkeit unterschritten wird."
Bevor man sich also beschweren kann, muss mit einem Programm gemessen werden, was man ab nächster Woche auf der Webseite breitbandmessung.de herunterladen und auf seinem PC installieren kann. Der PC oder Laptop muss über LAN-Kabel mit dem Router verbunden sein, eine reine WLAN-Verbindung gilt nicht. Das könnte für viele Anwender eine Hürde sein, weil oft der Schreibtisch oder die Couch weit entfernt vom Router stehen könnte. Einige Laptops haben sogar keine eigene LAN-Buchse, sie benötigen zunächst einen passenden USB-LAN-Adapter, den es im Zubehörhandel zu kaufen gibt.
Für die vom Anbieter versprochene "maximale Geschwindigkeit" meist mit "bis zu" umschrieben, "ist eine Minderleistung gegeben, wenn an zwei von drei Messtagen 90 Prozent des Maximums nicht einmal erreicht" werden. Bei der normalerweise zur Verfügung stehenden Geschwindigkeit liegt eine Abweichung vor, wenn diese nicht in 90 Prozent der Messungen erreicht wird.
Ein paar Beispiele
Verspricht der Anbieter beispielsweise 100 MBit/s und es kommen nur 91 MBit/s an, dann ist alles im grünen Bereich, weil die 90 Prozent ja erfüllt werden. Wenn an zwei von drei Tagen beispielsweise nur 50 MBit/s im Maximum erreicht werden, aber am dritten Tag alles gut ist, ist die Reklamation trotzdem berechtigt. Auch wenn von den vorgeschriebenen 30 Messungen 27 Messungen (=90 Prozent der Messungen) unterhalb der in unserem Beispiel tolerierten 90 MBit/s (90 Prozent) liegen, sollte die Geschichte klar sein. In einer "Handreichung" erläutert die Bundesnetzagentur genauer, wie sie sich das vorstellt.
Desktop-App als Nachweisverfahren
Sobald Breitbandmessung als Desktop-App auf der Webseite breitbandmessung.de zur Verfügung steht, ist der "Nachweis einer Minderleistung" in der App "eingebaut". Betroffene oder interessierte Verbraucher brauchen lediglich die Messungen nach den Anweisungen der App durchführen. Die Messergebnisse können "einen Minderungsanspruch oder ein außerordentliches Kündigungsrecht" nach den neuen gesetzlichen Regelungen gegenüber ihrem Anbieter nachweisen und begründen.
Zum Hintergrund
Im September 2021 hatte die Bundesnetzagentur die Entwürfe der Allgemeinverfügung und der Handreichung zur Konsultation gestellt. Diese hatten als Nachweisverfahren 20 Messungen an zwei Kalendertagen auf Grundlage einer Vorlage aus dem Jahr 2017 der Bundesnetzagentur. Zu den Entwürfen gingen einige Stellungnahmen ein, so meldeten sich verschiedene Telekommunikationsverbände, der Verbraucherzentrale Bundesverband und einzelne Unternehmen zu Wort.
Die Anpassungen seien "aus Sicht der Bundesnetzagentur erforderlich", damit insbesondere der Nachweis der Regelmäßigkeit einer Abweichung rechtssicher von den Verbrauchern erbracht werden kann. Schließlich sollen ja "verlässliche Rahmenbedingungen für Verbraucher" geschaffen werden.
Im Telekommunikationsgesetz sind neue Verbraucherrechte verankert. Diese räumen Verbrauchern das Recht ein, das vertraglich vereinbarte Entgelt zu mindern oder den Vertrag außerordentlich ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen. Diese Möglichkeiten bestehen im Falle von "erheblichen, kontinuierlichen oder regelmäßig wiederkehrenden" Abweichungen bei der Geschwindigkeit zwischen der tatsächlichen Leistung der Internetzugangsdienste und der vom Anbieter angegebenen Leistung.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Internet im Mobilfunk und Festnetz ist ein "shared medium", d.h. viele Nutzer teilen sich eine gewisse Bandbreite. Wie im Straßenverkehr kommt es ja nach Tageszeit und Wochentag zu schwankender Verkehrsbelastung, dann geht entweder gar nichts oder nur noch langsam. Bestimmte Verteiltechnologien scheinen mehr oder weniger anfällig zu sein. Beim auf das DOCSIS-Protokoll aufgeblasenem TV-Kabel-Systemen berichten Kunden immer wieder von Problemen zur TV-Hauptsendezeit beispielsweise am Abend oder bei Fußballspielen oder anderen "Straßenfegern". Aber auch bei xDSL-Technik (ADSL, VDSL, Vectoring) oder sogar bei Glasfaserversorgung kann die erzielbare Geschwindigkeit zeitweise oder dauerhaft unter den Erwartungen liegen.
Nun haben betroffene Kunden eine Möglichkeit, dem Anbieter das Problem "rechtssicher" zu vermitteln. Dazu müssen sie ihren PC oder Laptop direkt mit dem Router verbinden, weil eine schlecht ausgeleuchtete WLAN-Versorgung, die Geschwindigkeit massiv drosseln kann. Stellt sich heraus, dass nicht der Anbieter, sondern das eigene WLAN "Schuld" hat, muss die Wohnung entweder mit LAN-Kabeln in die einzelnen Zimmer zum jeweiligen PC oder Laptop oder z.B. mit WLAN-Mesh-Repeatern ausgeleuchtet werden, hier kann ein Fachmann eines örtlichen Elektro- Computer- oder TV-Betriebes helfen, einige Telefon- und Internetanbieter bieten diesen Service ebenfalls an, allerdings gegen Aufpreis.
Von einer Lösung mit Power-LAN (Internetverbindung über die Stromleitung) raten wir dringend ab. PowerLAN kann gewaltige Störungen bei Rundfunk- und Funkdiensten erzeugen und umgekehrt auch störanfällig und unzuverlässig sein.
Vom Regen in die Traufe?
Spannend wird nun sein, wie die Anbieter auf messtechnisch fundierte Reklamationen reagieren werden. Werden sie die sich beschwerenden Kunden kommentarlos aus dem Vertrag entlassen (und ersparen sich dabei den Ärger, die schlechten Systeme zu reparieren oder zu aktualisieren), werden sie eine Minderung der monatlichen Grundgebühr akzeptieren (was unterm Strich ebenfalls kostensparender sein könnte) oder werden sie mit echtem Widerstand (sprich das Bestreiten der Reklamation oder das Ignorieren der Beschwerde) reagieren?
Für den Kunden, der möglicherweise unerwartet schnell aus seinem Vertrag rauskommt, wird es möglicherweise ein Weg vom Regen in die Traufe. Wenn der bisherige Anbieter ein "schlechtes" Internet bietet, gibt es bei ihm vor Ort eine Alternative, die schneller oder zuverlässiger verfügbar ist? Viele Orte werden bekanntlich oft nur von einem Anbieter - falls überhaupt - einigermaßen ausreichend versorgt.
Warten wir auf den 13. Dezember und die ersten Messergebnisse. Wie erleben Sie ihren Internet-Anschluss? Ist der oft oder immer langsamer als versprochen? Welche Technologie verwendet ihr Anbieter? Wie haben Sie gemessen? Berichten Sie es in unserem Forum.