Hintergrund

Wann ist ein Glasfaser-Anschluss eigentlich ein Glasfaser-Anschluss?

"Glasfaser" ist derzeit das Marketing-Buzzword schlechthin. Doch warum bezeichnet die Telekom VDSL als Glasfaseranschluss? Wir zeigen Ihnen die verschiedenen Anschlussformen und die Bedeutung, die die Glasfaserleitungen für sie haben.
Von Thorsten Neuhetzki

FTTB kommt aber auch im TV-Kabel zum Einsatz. So baut Vodafone Kabel Deutschland in Berlin-Köpenick etwa FTTB-Netze für die Wohnungsbaugesellschaft degewo aus. Im Keller der Gebäude werden die dann allerdings nicht auf die Telefonleitung geschaltet, sondern auf die Koaxial-Kabel-Infrastruktur. Dabei ist das Kabel-Netz (auch als HFC-Technologie bezeichnet) vom verwendeten Standard (derzeit DOCSIS 3.0) gar nicht darauf angewiesen, mit dem Glasfaser nah beim Kunden zu sein, da sich mit DOCSIS große Entfernungen überbrücken lassen. Allerdings ist das Kabelnetz ein Shared Medium, das heißt je mehr Nutzer hinter dem Glasfaserübergabepunkt das Internet nutzen, desto langsamer wird es. Liegt das Glasfaserkabel also im Haus, ist die Zahl der Mitbewerber um freie Kapazitäten gering. Das wird erst recht relevant, wenn DOCSIS 3.1 eingeführt wird. FTTB: Hier geht das Glasfaserkabel bis zum Haus FTTB: Hier geht das Glasfaserkabel bis zum Haus
Foto: teltarif.de / Thorsten Neuhetzki

Hat der Kabelanbieter nicht schon bis zum Hausübergabepunkt das Glasfasernetz ausgebaut, so liegt das Glasfaserkabel in aller Regel bis zu einem der Verstärkerpunkte in der Straße. Wie nah das Kabel in der Nähe liegt und wie viele Kunden sich einen Fiber-Node teilen, ist von Fall zu Fall unterschiedlich und nicht öffentlich einsehbar.

Zwischenstufe FTTdp in Deutschland (derzeit?) ohne Bedeutung

Verlassen wir das Gebäude der Kunden, so befinden wir und mit der Glasfaser-Verlegung bei Übergabepunkt im Bürgersteig. Diese Anschlussform, die auch als FTTdp (Fiber to the Distribution Point) bezeichnet wird, kommt in Deutschland jedoch faktisch nicht vor, wird jedoch beispielsweise in der Schweiz genutzt. In Deutschland wäre denkbar, dass die Telekom als Netzbetreiber des alten Kupfernetzes beispielsweise für das kommende Supervectoring zusätzliche Verzweigerkästen in unmittelbarer Nähe der Häuser errichtet. Sie würde sich so das Durchgraben von Gärten und das Durchbohren von Hauswänden sparen und könnte mit Supervectoring oder G.fast dennoch hohe Datenraten anbieten. Noch ist das aber Zukunftsmusik.

VDSL basiert auch auf Glasfaser - bis zum Kabelverzweiger

Verlegt wird die Glasfaserleitung in aller Regel von der Telekom sowie zahlreichen Anbietern, die ebenfalls eigene VDSL-Netze aufbauen, bis zum Kabelverzweiger (Kvz), der je nach Anbieter auch einen anderen Namen trägt. Zwei Beispiele sind MFG (Multifunktionsgehäuse) oder ASAT (Außenschrank Aktivtechnik). Gemeint ist aber immer der große graue Kasten am Bürgersteig, bis zu dem die Glasfaserleitung verlegt wird. Hier wird dann VDSL-Technik eingesetzt und die bestehende Kupferleitung zum Kunden genutzt.

Die Telekom bezeichnet inzwischen alle Anschlüsse, die über VDSL realisiert werden als Glasfaseranschlüsse, was nur bedingt richtig ist. Immerhin sind hier oftmals noch mehrere hundert Meter Kupfer zu überbrücken. Aus Wettbewerberkreisen wurde auch schon kritisiert, dass man dann auch jeden DSL-Anschluss als Glasfaseranschluss bezeichnen könne, schließlich werde dieser ab der Vermittlungsstelle auch über Glasfaserleitungen realisiert. Glasfaserleitungen müssen so weit wie möglich zum Kunden verlegt werden Glasfaserleitungen müssen so weit wie möglich zum Kunden verlegt werden
Foto: teltarif.de / Thorsten Neuhetzki

Wollen die Telekommunikationsanbieter in einigen Jahren wirklich Gigabit-Anschlüsse für jeden anbieten, müssen sie in jedem Fall die Glasfaserleitung deutlich näher an den Kunden heranführen, als sie es heute in aller Regel machen. Eine Strecke von mehreren hundert Metern per Kupferkabel lässt sich nach heutigem technischen Stand bei solchen Datenraten kaum noch verwenden.

Fazit: Ohne das Glasfaserkabel geht's nicht

Selbst in den Mobilfunknetzen geht fast nichts mehr ohne Glasfaserkabel. Zwar lassen sich einzelne Sendemasten noch über Richtfunk anbinden, doch mit immer weiter steigenden Datenraten und gleichzeitig sinkenden Latenz-Zeiten muss auch hier die Glasfaserleitung immer mehr Datentransport übernehmen. So gesehen ist theoretisch auch LTE ein Glasfasernetz. Es ist also eine Definitionssache, was am Ende wirklich als Glasfasernetz bezeichnet werden kann.

Wichtig für den Kunden ist eines: Je näher der Kabelstrang mit den Glasfasern an den Kunden heranrückt, desto schneller kann seine Leitung perspektivisch werden. Wer also heute neu baut, sollte nach Möglichkeit mindestens an Leerrohre von der Wohnung bis in den Keller denken, durch den später einmal Glasfaseradern gezogen werden können. Im Idealfall wird das Gebiet aber ohnehin direkt komplett mit Glasfaseranschlüssen erschlossen.

Was perspektivisch noch aus der Kupferleitung herausgequetscht werden kann, zeigen wir in unserem Hintergrund-Text "Bei 1 GBit/s ist noch nicht Schluss".

teltarif.de-Podcast geht auf VDSL- und Glasfaser-Internet ein

In unserem Podcast "Strippenzieher und Tarifdschungel" sind wir in der ersten Folge auf die unterschiedlichen Internet-Zugangsarten (DSL, VDSL, FTTB und FTTH) eingegangen und haben die Unterschiede erklärt. Hier können Sie direkt in die Folge reinhören oder als MP3 herunterladen:

Sind 50 MBit/s bis 2018 flächen­de­ckend umsetzbar?

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