Self-Tracking: Wenn Nutzer freiwillig Bewegungsprofil, Puls & Co. speichern
Der Trend des Self-Tracking
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Auf dem Mobile World Congress in Barcelona waren sie nahezu bei jedem
großem Hersteller präsent - Fitness-Bänder, mit denen Nutzer ihren Puls
kontrollieren, Schritte zählen und den Blutzuckerspiegel im Auge behalten
können. Die Bänder arbeiten zusammen mit Smartphones, die gesammelten
Daten werden mittels Apps zu einer persönlichen Statistik zusammengestellt.
Dass diese Gesundheits-Apps und Fitness-Bänder gerade in Zeiten immer beliebter werden, in denen der Datenschutz durch die NSA-Affäre heiß diskutiert wird, verwundert etwas. Doch immer mehr Nutzer speichern mit vollem Einverständnis nicht nur ihren Standort, sondern eben auch viel persönlichere Dinge wie ihr Bewegungsprofil, die verbrauchten bzw. zugenommenen Kalorien sowie die Pulsfrequenz. Self-Tracker nennt man solche Nutzer, die Daten über sich selbst sammeln und in einer Art digitalem Tagebuch speichern.
Der Trend des Self-Tracking
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Entstanden ist der Trend der Selbstvermessung - oder auf Englisch
"Quantified Self" - bereits 2007 in den USA. Von dort schwappte er dann
nach Deutschland, wobei er hierzulande erst in den vergangenen Monaten
zusehends Beachtung fand. Bei der Selbstvermessung dreht sich alles um
Zahlen und Statistiken zu einzelnen Menschen.
Risiken gibt es viele
Unbestreitbar ist, dass das Sammeln von Daten, die über Apps und Computerprogramme erfasst werden, auch Risiken birgt. Es entstehen umfangreiche Bewegungsprofile, die im schlimmsten Fall auch gegen die Nutzer verwendet werden können. So kann beispielsweise aus den Daten herausgelesen werden, wann sich ein Nutzer zu Hause befindet und wann eben nicht - eine Einladung für Einbrecher.
"Es ist erschreckend, welch präzise Profile man schon mit wenigen Daten erstellen kann", sagt Jens-Martin Loebel von der Leuphana-Universität Lüneburg, der einen fünf Jahre dauernden Selbstversuch gemacht hat. Zu Untersuchungszwecken hat er seine eigenen GPS-Daten gesammelt und ausgewertet. "Standort-Daten werden übrigens von jedem, der ein Handy hat, immer gesammelt. Nur bleiben ihm die Daten verborgen", erklärt er. Erst kürzlich sollen Demonstranten in der Ukraine, deren Standort wohl per GPS ermittelt worden war, eine Sammel-SMS bekommen haben, dass sie als Teilnehmer eines Massenaufruhrs registriert worden seien, berichtet er.
Die Krankenakte im Handy
Noch intimer als der Standort sind die Daten, die Aufschluss über den Gesundheitszustand eines Menschen machen. Spätestens dann, wenn Krankenkassen und Versicherer auf die Idee kommen, diese für sich zu nutzen, kann es für den Daten-Sammler unangenehm werden. Dann heißt es unter Umständen, dass eine Lebensversicherung nur abgeschlossen wird, wenn der Nutzer zuvor ein Tracking-Band trägt und Daten übermittelt. Denkbar ist aber auch, dass Krankenkassen Informationen von selbstenttarnten Sportmuffeln erhalten. Der Nutzer wird somit zum gläsernen Menschen.
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Einer, der selbst Apps programmiert und täglich nutzt, ist Andreas
Schreiber vom Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum (DLR). Wegen eines
Schlaganfalls muss Schreiber ständig Blutdruck, Puls und
Blutzuckerspiegel messen. "Da sind die Apps sehr hilfreich und ich
weiß, dass sie verhältnismäßig sicher sind", sagt er.
Der Durchschnittsnutzer habe aber oft gar keine Ahnung, von wem die Apps stammen, was sie machen und was sie tatsächlich alles sammeln. "Firmen spielt die Selbstüberwachung natürlich in die Karten. Je mehr Informationen sie bekommen, desto interessanter und genauer sind die erkennbaren Muster", sagt Schreiber. Sein Tipp: Die Daten möglichst bei unterschiedlichen Anbietern speichern, damit nicht auf einfachstem Wege ein Profil erstellt werden kann.
Ähnlich sieht es der Hamburger Datenschützer Ulrich Kühn. Er empfiehlt, auf Datenspeicherungen außerhalb des Handys zu verzichten. "Je weniger in sogenannten Clouds im Internet gespeichert wird, desto besser." Außerdem sollten Tracker auf das Aufzeichnen von sehr sensiblen Daten verzichten und sich bei der App-Wahl eher auf europäische Anbieter konzentrieren, weil diese in Sachen Datenschutz greifbarer seien.
Wissenschaftler Loebel warnt davor, "Menschen und ihr Leben ausschließlich auf Zahlen zu reduzieren". Und Prof. Rupert Gerzer, Leiter des Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin beim DLR in Köln, sieht noch eine andere Gefahr der Sammelei: "Es kann eine Art Sucht entstehen."