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BNetzA: Frequenzvergabe noch nicht entschieden

Der Vize­prä­sident der Bundes­netz­agentur stellt klar: Die Verschie­bung der Frequenz­ver­gabe ist noch nicht entschieden.
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Zur Eröff­nung der Tagung „Connected Germany“ stellte Dr. Wilhelm Esch­weiler, Vize­prä­sident der Bundes­netz­agentur fest, dass der Titel „ein zentrales Ziel der deut­schen Digital- und Infra­struk­tur­politik“ auf den Punkt bringe. Nur ein umfas­send vernetztes Deutsch­land sei lang­fristig in der Lage, seine Rolle als inno­vativer Vorreiter zu behaupten daher müsse der flächen­deckende Ausbau eines giga­bit­fähigen Glas­faser­netzes von Wirt­schaft, Politik und Verwal­tung glei­cher­maßen voran­getrieben werden.

Deutsch­land hat sehr gutes Versor­gungs­niveau

Wilhelm Eschweiler (links) Vizepräsident der Bundesnetzagentur bei der 5G-Versteigerung in Mainz. Wilhelm Eschweiler (links) Vizepräsident der Bundesnetzagentur bei der 5G-Versteigerung in Mainz.
Foto: Picture Alliance/dpa
Entgegen einiger, sehr verkür­zender Darstel­lungen biete das deut­sche Tele­kom­muni­kati­ons­netz in der Breite ein gutes Versor­gungs­niveau. Mitte 2021 hätten laut Breit­band­atlas annä­hernd 90 Prozent der Haus­halte poten­ziell Zugang zu Anschlüssen mit 100 MBit/s gehabt. Die Abde­ckung mit Gigabit-Geschwin­dig­keiten betrage über 62 Prozent.

Im „Digital Economy and Society Index 2021“ der Euro­päi­schen Kommis­sion belegte Deutsch­land in der Kate­gorie „Konnek­tivität der Fest- und Mobil­funk­netze“ den 6. Platz unter allen EU-Staaten.

Nur 20 Prozent können Glas­faser nach­fragen

Dennoch gebe es Hand­lungs­bedarf: Nur etwa jeder fünfte Haus­halt kann bislang FTTH/B-Anschlüsse nach­fragen.

Die Ursa­chen liegen für Esch­weiler darin, dass Deutsch­land von einer vergleichs­weise leis­tungs­fähigen Bestands­infra­struktur auf Basis von Kupfer- und Kabel­netzen profi­tiere. Darüber ließen sich noch Produkte reali­sieren, die für große Teile der Bevöl­kerung attraktiv in Preis und Leis­tung seien. Es klinge paradox: Die gute Perfor­mance der exis­tie­renden Netze, die auch in der Pandemie ihre Belast­bar­keit unter Beweis gestellt haben, bremse den Glas­faser­ausbau spürbar. Derzeit werden nur ca. ein Drittel der mögli­chen FTTH/B-Anschlüsse tatsäch­lich genutzt.

Diese nied­rige soge­nannte „Take-Up“-Quote erschwere die Refi­nan­zie­rung von Glas­faser­inves­titionen. Zum anderen sorgten auch begrenzte Tief­bau­kapa­zitäten und lang­wie­rige Geneh­migungs­ver­fahren für Verzö­gerungen des Glas­faser­aus­baus.

Hemm­nisse aus dem Weg räumen

Die kürz­lich durch das Digi­tal­minis­terium (BMDV) veröf­fent­lichten Eckpunkte zur Giga­bit­stra­tegie würden einige der bestehenden Hemm­nisse anspre­chen („adres­sieren“).

Dazu sei es wichtig, dass alle Betei­ligten an einem Strang zögen und Hürden beim Ausbau aus dem Weg räumten. Seitens der Bundes­netz­agentur sagte Esch­weiler Unter­stüt­zung „nach Kräften“ zu.

Esch­weiler sieht, dass die Betei­ligten ihren Ausbau beschleu­nigten, was sich an „deut­lich stei­genden Inves­titionen“ zeige: Allein in 2020 flossen fast 11  Milli­arden Euro in den Glas­faser­ausbau. Finanz­starke Inves­toren hätten das Anla­gepo­ten­zial von Glas­faser­netzen erkannt und koope­rierten mit etablierten Unter­nehmen.

Staat­liche Förder­gelder erlaubten die Auswei­tung der Glas­faser­netze in Regionen ohne wirt­schaft­liche Ausbau­per­spek­tiven. Dadurch komme der Ausbau immer mehr in Bewe­gung.

BNetzA in dyna­mischem Umfeld

Esch­weiler defi­nierte die Rolle der Bundes­netz­agentur „in diesem dyna­mischen Markt­umfeld“: „Als Regu­lie­rungs­behörde obliegt es uns in erster Linie, die regu­lato­rischen Rahmen­bedin­gungen zu schaffen.“ Inves­titionen sollen geför­dert, der Wett­bewerb gesi­chert und Verbrau­cher geschützt werden.

Kupfer- und Glas­faser­netze sollen unter­schied­lich betrachtet werden, die euro­päi­schen Vorgaben seien zu beachten. Es gebe einen deut­lichen Unter­schied „zwischen dem Kupfer­bestands­netz eines ehema­ligen Mono­polisten“ (gemeint ist die Deut­sche Telekom) und dem Glas­faser­netz, welches zu großen Teilen „noch mit erheb­lichen Inves­titionen“ im Wett­bewerb ausge­baut werden müsse.

Im Sinne einer „Regu­lie­rung light“ könnten Vorgaben für Glas­faser­netze auf das nötige Minimum begrenzt werden, was die Refi­nan­zie­rung erleich­tere und den Ausbau zügiger machen könne. Das sei aber kein Frei­brief: Wenn Wett­bewerbs­pro­bleme „auffällig“ würden, „sind wir weiterhin in der Lage, schnell und effektiv einzu­greifen“.

Bundes­netz­agentur als Austausch­platt­form für alle Betei­ligten

Dabei sei die Behörde nicht nur ein klas­sischer Regu­lierer, sondern bringe auch in die Umset­zung der Giga­bit­stra­tegie ihre Exper­tise ein und verstehe sich als Platt­form für den Austausch von Infor­mationen und Meinungen.

Trans­parenz von zentralen Daten und Gege­ben­heiten sei Bedin­gung für funk­tio­nie­rende Märkte. Esch­weiler nannte das „Gigabit-Grund­buch“, das z. B. Auskunft über unter­ver­sorgte Gebiete oder mitnutz­bare Infra­struk­turen geben könne. Die Netz­agentur fördere den direkten Austausch zwischen den Markt­teil­neh­mern unter dem Titel „Giga­bit­forum“, der schon im kommenden Monat fort­gesetzt und weiter­ent­wickelt werden soll. Diese Diskus­sions­platt­form wurde bereits letztes Jahr gestartet.

Stan­dards für den künf­tigen Umstieg von Kupfer auf Glas

Zentrale Themen seien derzeit Stan­dar­disie­rungen im Zusam­men­hang mit Open Access oder die Entwick­lung eines Fahr­plans für den späteren Umstieg von Kupfer auf Glas­faser. Durch diese Kommu­nika­tion entstünden Perspek­tiven, Planungs­sicher­heit und Trans­parenz beim Glas­faser­ausbau.

Bei Verhand­lungen oder Konflikten stehe die Netz­agentur weiter als Vermittler oder Schieds­richter zur Verfü­gung. Esch­weiler lobte das Bemühen der Markt­teil­nehmer, Verhand­lungs­lösungen zu finden.

Wohin steuert 5G?

Für die Netz­agentur ist das Thema Breit­band viel­seitig. Eine leis­tungs­fähige Fest­netz­infra­struktur bilde das Rück­grat leis­tungs­fähiger Funk­netze. Die Bundes­netz­agentur bemerkt eine Verbes­serung der mobilen Breit­band­ver­sor­gung in Deutsch­land, speziell in den letzten zehn Jahren, und beruft sich dabei auch auf unab­hän­gige Quellen wie den „Connect-Test“.

Dazu hätten „ambi­tio­nierte Versor­gungs­auf­lagen“ aus vergan­genen Auktionen beigetragen. Die Mobil­funk­netze der drei etablierten Netz­betreiber werden weiter ausge­baut – auch im länd­lichen Bereich.

Das vierte Netz soll kommen

Ein viertes Netz soll hinzu­kommen. Mindes­tens 1000 Basis­sta­tionen müssen hierfür noch in diesem Jahr in Betrieb genommen werden – so sehen es die Auflagen vor, und das entspricht auch den Planungen des Markt­ein­stei­gers. Beim Ausbau der Mobil­funk­netze werde mit 5G eine neue, viel­ver­spre­chende Funk­technik einge­setzt.

Markt in Bewe­gung

Alte UMTS-Technik wurde aus Effi­zienz­gründen bereits abge­schaltet. Der Markt sei in Bewe­gung, das spreche für Wett­bewerb.

Die Bundes­netz­agentur setzt sich zudem für nach­hal­tigen Wett­bewerb auf der Infra­struktur- und Diens­tee­bene ein und stelle Frequenzen bereit, um Netz­ausbau und Wett­bewerb zu fördern.

Frequenz­ver­gabe - noch keine Entschei­dung gefallen

Der Frequenz­bereich bei 800 MHz seit für die Flächen­ver­sor­gung „bedeutsam“, die Frequenz­lizenzen enden im Jahr 2025. Die Netz­agentur hatte eine Diskus­sion ange­stoßen und wertet aktuell die Stel­lung­nahmen aus. Esch­weiler dankte für die rege Betei­ligung.

Die kurz­fris­tige Verschie­bung der Frequenz­ver­gabe sei möglich, falls nicht alle Punkte vor 2025 hinrei­chend geklärt werden könnten.

Esch­weiler stellt aber klar: „Eine Präfe­renz für eine Verlän­gerung der Nutzungs­rechte – wie es in der Öffent­lich­keit zum Teil wahr­genommen wurde – hat die Bundes­netz­agentur jedoch ausdrück­lich nicht.“

Mit der ersten „Bedarfs­abfrage“ sollte heraus­gefunden werden, ob es Anzei­chen für eine mögliche Frequenz­knapp­heit geben könnte. Am Ende solle eine ausge­wogene Entschei­dung stehen.

BNetzA will Unab­hän­gig­keit der 1&1 unter­suchen

Esch­weiler kündigte an, noch in diesem Jahr über die "wett­bewerb­liche Unab­hän­gig­keit der 1&1“ zu entscheiden. Seiner Behörde gehe es darum, „dass 1&1 ein eigenes Netz aufbaut und künftig den Vertrieb auf anderen Netzen einstellt“ (soll heißen, die bisher bei o2 unter­gebrachten Kunden müssen ins 1&1 Netz verschoben werden).

Die Bundes­netz­agentur werde ein Posi­tions­papier zum weiteren Vorgehen veröf­fent­lichen und ein Stra­tegie­papier zur lang­fris­tigen Bereit­stel­lung der Frequenzen erar­beiten. Parallel werde das Thema Infra­struktur-Sharing „weiter­ent­wickelt“, damit Koope­rationen da greifen, wo der Infra­struk­tur­wett­bewerb an seine Grenzen stoße.

Neue Frequenzen auf UHF?

Esch­weiler ging auf die Forde­rung nach weiteren zusätz­lichen Frequenzen ein, etwa im UHF-Band (wo heute noch TV-Sender arbeiten). Das sei eines der großen Themen der Welt­funk­kon­ferenz (WRC) 2023.

Weitere Themen seien dort mobile Breit­band­anwen­dungen – u. a. über Satel­liten –, die Verbes­serung der wissen­schaft­lichen Erkun­dung der Erde und der Schutz der Kommu­nika­tions­infra­struktur vor den Auswir­kungen von Sonnen­erup­tionen.

Neues TKG

Esch­weiler ging auf das neue Tele­kom­muni­kati­ons­gesetz (TKG) ein. Viele Rege­lungen sind geblieben, manches hat sich geän­dert. Das Recht auf Versor­gung mit Tele­kom­muni­kati­ons­diensten wurde aufge­wertet. Wenn die Netz­agentur Unter­ver­sor­gung fest­stellt, muss sie nach Unter­nehmen Ausschau halten, welche frei­willig ihre neuen Kunden anschließen und versorgen. Meldet sich kein Unter­nehmen für eine frei­wil­lige Leis­tung, wird im Einzel­fall das dafür am besten geeig­nete Unter­nehmen verpflichtet.

Als unab­hän­gige Regu­lie­rungs­behörde setze sie auf den Wett­bewerb, unter­stützte aber auch Koope­rationen „wo der Infra­struk­tur­wett­bewerb an seine Grenzen stößt.“ Und weiter: „Wo der Ausbau stockt, werden wir durch­greifen, wenn die Spiel­regeln nicht einge­halten werden.“

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