Klage abgewiesen

Trotz über 3 000 Euro fürs Datenroaming: Kunde muss nicht zahlen

Landgericht Saarbrücken: Anbieter hat Informationspflichten verletzt
Von Marc Kessler

Justitia Das Saarbrücker Landgericht erteilte der Roaming-Forderung des Mobilfunk-Unternehmens eine Abfuhr
Foto: PictureArt - Fotolia.com
Ein Mobilfunk-Anbieter muss seinen Kunden aktiv auf anfallende Roaming-Gebühren im Ausland hinweisen - anderenfalls hat er keinen Anspruch darauf, die entsprechenden Kosten bei seinem Nutzer einzutreiben. Das entschied das Landgericht Saarbrücken (Az.: 10 S 12/12, Urteil vom 09.03.2012) in einem Urteil, auf das die Kanzlei Dr. Bahr hinweist.

Kunde nutzte mobiles Internet in Spanien einfach weiter

Justitia Das Saarbrücker Landgericht erteilte der Roaming-Forderung des Mobilfunk-Unternehmens eine Abfuhr
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Im konkreten Fall hatte der Kunde eines deutschen Mobilfunk-Anbieters im Inland eine (Internet-) Flatrate mit Pauschal­abrechnung genutzt. Als er Urlaub auf einer spanischen Ferieninsel machte, nutzte er seine SIM per Handy und Laptop weiterhin. Als die dadurch anfallenden Datenroaming-Kosten einen Betrag von mehr als 3 000 Euro erreichten, sperrte der Mobilfunk-Anbieter seinem Kunden den Anschluss.

Nachdem der Handynutzer seine erhebliche Rechnung im Anschluss nicht bezahlen wollte, verklagte ihn der Mobilfunker schließlich vor dem Landgericht Saarbrücken. Das wies die Klage indes ab. Denn für den Anbieter sei es "eine ungeschriebene Nebenpflicht im Rahmen des Mobilfunkvertrages" gewesen, seinem Kunden bei Einreise in das (EU-) Ausland "unentgeltlich individuelle, konkrete und substanzielle Informationen über den dafür geltenden Tarif zukommen zu lassen". Dies hätte er per "Versendung einer SMS oder E-Mail, aber auch Anzeige per Pop-Up-Fenster auf dem Endgerät des Beklagten" tun können, so die Richter.

Landgericht: Anbieter hätte zudem aktiv warnen müssen

Zudem habe das Mobilfunk-Unternehmen seinen Kunden nicht rechtzeitig auf die Kostenexplosion aufmerksam gemacht, befanden die saarländischen Richter. Denn "durch die Buchung der Flatrate habe der Beklagte zum Ausdruck gebracht, dass er seine monatlichen Kosten begrenzen und sich vor einem unbewussten Kostenanstieg" habe schützen wollen.

Nachdem der innerdeutsche Flatrate-Monatspreis um das Doppelte überschritten worden sei, hätte der Anbieter seinen Kunden warnen müssen, urteilte das Landgericht. Auf diese Art hätte sich der Mobilfunker davon überzeugen müssen, dass sein Kunde "den teuren Zugriff auf den ausländischen Dienst tatsächlich gewollt habe".

Schadensersatzanspruch des Kunden gleicht Roaming-Forderung aus

Nach alledem, heißt es im Urteil, stehe dem Beklagten ein Anspruch auf Schadensersatz in gleicher Höhe (wie die Forderung des Mobilfunk-Unternehmens) wegen der "Verletzung von Schutzpflichten" zu.

Update: 11.04.2012, 13:00 Uhr

Das Urteil bezieht sich auf einen Sachverhalt aus dem Jahr 2008; zu diesem Zeitpunkt existierte noch nicht das seit Juli 2010 EU-weit gültige Cut-off-Limit. Nachdem die Erst-Instanz, das Amtsgericht Saarlouis, noch im Sinne des Mobilfunk-Anbieters entschieden und den Kunden zur Zahlung von gut 3 500 Euro verurteilt hatte, entschied das Landgericht Saarbrücken - wie geschildert - nun im Sinne des Kunden.

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