Letzte Instanz

Klage abgewiesen: "1&1 baut modernstes 5G-Netz Europas"

Im Rechts­streit zwischen der Telekom Deutsch­land und der 1&1 AG hat das Ober­lan­des­gericht Koblenz ein abschlie­ßendes Urteil gefällt und gibt der 1&1 am Ende Recht.
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Die Anbieter stehen im stän­digen Wett­bewerb um Netz­ausbau und Kunden. Ab und zu landen Strei­tig­keiten zwischen den Anbie­tern vor Gericht. Wir hatten vor längerem über einen Rechts­streit zwischen der 1&1 und der Deut­schen Telekom vor dem Koblenzer Land­gericht berichtet.

Ober­lan­des­gericht weist Beru­fung ab

Heute hat die nächste Instanz, das Ober­lan­des­gericht Koblenz, das rechts­kräf­tige Urteil in einem von der Deut­schen Telekom gegen 1&1 ange­strengten Verfahren verkündet. Auch in zweiter Instanz habe das Gericht in den zentralen Punkten zu Gunsten von 1&1 entschieden und wies Beru­fungs­anträge der Deut­schen Telekom inso­fern ab, teilte die 1&1 AG heute mit.

5G-zu-Hause-Vermark­tung war recht­mäßig

Senderstandort von 1&1 auf 2600 MHz (Band 7 LTE) und 3500 MHz (Band n78 NR/5G) in Montabaur (Bahnhofsplatz) Senderstandort von 1&1 auf 2600 MHz (Band 7 LTE) und 3500 MHz (Band n78 NR/5G) in Montabaur (Bahnhofsplatz)
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Damit sei die Telekom abschlie­ßend mit dem Versuch geschei­tert, die im Dezember 2022 gestar­tete Vermark­tung des ersten auf dem 1&1 Mobil­funk­netz reali­sierten Produktes „5G zu Hause“ im Eilrechts­ver­fahren verbieten zu lassen. Das Gericht habe in seiner finalen Recht­spre­chung heute zudem bekräf­tigt, dass 1&1 weiterhin sagen dürfe, "das modernste 5G-Netz Europas" zu errichten. Auch die erneuten Bemü­hungen der Telekom, 1&1 dies abspre­chen zu wollen, seien somit geschei­tert.

Gericht bestä­tigt Auffas­sung von 1&1

Mit der Recht­spre­chung bestä­tige das Gericht, dass 1&1 für sich in Anspruch nehmen kann, "als euro­paweit erster und einziger Netz­betreiber" voll­ständig auf die inno­vative Open-RAN-Tech­nologie zu setzen und sich so deut­lich von tradi­tio­nellen Netz­archi­tek­turen, die häufig von nur einem Netz­aus­rüster wie dem chine­sischen Huawei-Konzern bereit­gestellt werden, zu diffe­ren­zieren.

"Mit Open RAN machen wir einen Unter­schied"

„Unser Ziel ist klar. Mit dem 1&1 Open RAN machen wir einen Unter­schied im deut­schen Mobil­funk. Als Inno­vati­ons­führer setzen wir auf eine komplett neue Tech­nologie: voll­ständig virtua­lisiert, mit offenen Schnitt­stellen und unab­hängig von domi­nie­renden Netz­aus­rüs­tern. Dass die Open-RAN-Tech­nologie voll funk­tions­fähig ist, haben wir mit dem Start unseres ersten Service gezeigt. Wir sind über­zeugt, dass hier die Zukunft liegt. Das eindeu­tige Urteil des Gerichts bestä­tigt dies. Auch die andau­ernden Bemü­hungen der Telekom sowie der etablierten Netz­betreiber insge­samt, uns als vierten Anbieter möglichst aus dem Spiel zu halten, verstehe ich als Bestä­tigung dafür, dass wir uns auf dem rich­tigen Weg befinden“, so Ralph Dommer­muth, CEO der 1&1 AG.

Open RAN ist anders als bisher

Anders als in tradi­tio­nellen Netzen werden bei Open RAN nicht mehr sämt­liche Netz­funk­tionen haupt­säch­lich über Hard­ware, die an den Anten­nen­stand­orten ange­bracht sein muss, sondern über via Soft­ware in einer privaten Cloud gesteuert. Diese Technik spannt beispiels­weise 1&1 in über 500 dezen­tralen Edge-Rechen­zen­tren auf, die via Glas­faser mit Gigabit-Antennen verbunden werden. Mithilfe stan­dar­disierter Schnitt­stellen sieht sich 1&1 in der Lage, "flexibel mit den sichersten und besten Herstel­lern" zusam­men­zuar­beiten. 1&1 betont dabei, im eigenen Netz von Beginn an auf Netz­kom­ponenten aus China zu verzichten.

Keine Fest­netz­ruf­nummer?

Im Zuge des Beru­fungs­ver­fah­rens hatte die Telekom bemän­gelt, dass das Produkt „1&1 5G zu Hause“ keine herkömm­lichen Sprach­dienste bereit­stelle, sondern dafür auf OTT-Dienste (von Dritt­anbie­tern) zurück­greife. Diese Argu­men­tation hatte sich auf die erste Produkt­ver­sion bezogen und sei zwischen­zeit­lich obsolet: "Neben High­speed-Internet und Tele­fon­funk­tionen über OTT-Dienste verfügt '1&1 5G zu Hause' seit einiger Zeit auch über herkömm­liche Tele­fonie, betont man bei 1&1. Dabei vergibt 1&1 entweder eigene oder portierte Rufnum­mern aus dem vor Ort zustän­digen Orts­netz.

Wer ist die 1&1 AG ?

Viele Menschen kennen die Marke "1&1", aber weniger die Zusam­men­hänge. Zur Erin­nerung: Die 1&1 AG ist ein "börsen­notierter Tele­kom­muni­kati­ons­anbieter" mit Sitz in Monta­baur. Das Unter­nehmen gehört zum Konzern­ver­bund der United Internet AG. Die Marke "1&1" richtet sich an "Value- und Premi­umseg­mente" (Kunden, die auf Qualität Wert legen). Die bisher bei "Dril­lisch" (jetzt 1&1) ange­sie­delten Discount-Marken des Konzerns spre­chen nach Angaben des Unter­neh­mens preis­bewusste Ziel­gruppen an.

Das vierte Netz

Nach der erfolg­rei­chen Teil­nahme an der 5G-Frequenz­auk­tion baut 1&1 als Neuein­steiger und vierter deut­scher Netz­betreiber das "euro­paweit erste voll­ständig virtua­lisierte Mobil­funk­netz auf Basis der inno­vativen Open-RAN-Tech­nologie auf". Das geht aller­dings viel lang­samer als gedacht oder von vielen erhofft. 1&1 nennt als Begrün­dung Verzö­gerungen beim Dienst­leister Vantage-Towers. Wo konkret bereits Sender online sind, kann auf der Verfüg­bar­keit­seite von 1&1 erfragt werden. Wo aktuell weitere neue Sender in Betrieb gehen oder geplant sind, teilt das Unter­nehmen bislang noch nicht mit.

Mobil­funk­netz­start in Q3/2023 geplant

Nach dem Netz­start von 1&1 für Mobil­funk­kunden, der für das dritte Quartal 2023 geplant ist, sollen Bestands­kunden, die bisher im o2-Netz "ange­sie­delt" waren, in das "neue" Netz 262-23 migriert werden. 1&1-SIM-Karten, die im o2-Netz funken und nach 2018 ausge­geben wurden, können über eine verschlüs­selte Steuer-SMS dann in das neue Netz umge­schaltet werden. Die Kunden merken davon unter Umständen nichts. Wenn sie bisher schon 5G genutzt haben, wird das nach Umschal­tung nur noch dort funk­tio­nieren, wo 1&1 bereits eigene Sender "on air" hat.

Wo es diese Sender noch nicht gibt, können die 1&1-Kunden im Netz von o2 roamen, aller­dings nur in 2G oder 4G/LTE-Tech­nologie. Bei älteren Handys muss mögli­cher­weise die Funk­tion "Inter­natio­nales Roaming" für Sprache und/oder Daten im Handy vorher extra frei­gegeben werden.

Perspek­tivisch ist vertrag­lich vorge­sehen, dass o2 seine Roaming-Bereiche für 1&1 sukzes­sive redu­ziert, d.h. 1&1 sollte bis dahin diese Bereiche selbst versorgen.

Inter­essant zu wissen ist übri­gens auch, dass 1&1 Kunden im Netz von o2 stel­len­weise über Technik von Huawei funken, da o2-Telefónica in seinem Netz derzeit noch auf als zuver­lässig und günstig geltende Sender­technik von Huawei setzt.

Für seine Mobil­funk-Kunden, die derzeit noch im o2-Netz "aufge­hängt" sind, bietet 1&1 aktuell die Nutzung des 5G-Netzes von o2 in bestimmten Tarifen an.

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