Lex Google: Koalition beschließt neues Leistungsschutzrecht
Was wird das Leistungsschutzrecht für Verleger bewirken? Ein Vorhaben mit vielen Unbekannten. Die Interessensgruppen legen ihre Argumente bereits in ihre Waagschale.
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Zweieinhalb Jahre nach ihrem Koalitionsvertrag will die
Bundesregierung eines ihrer medienpolitischen Vorhaben in die Tat
umsetzen: Kommerzielle Nachrichtenportale im Internet sollen künftig
eine Abgabe an Presseverlage zahlen, wenn sie deren Artikel in ihr
eigenes Angebot einbinden. Schon seit Jahren versuchen große Verlage, dieses Thema zu lancieren. Im Internet wird dies als "Lex Google"
scharf kritisiert.
Bitkom dagegen, Bertelsmann dafür
Was wird das Leistungsschutzrecht für Verleger bewirken? Ein Vorhaben mit vielen Unbekannten. Die Interessensgruppen legen ihre Argumente bereits in ihre Waagschale.
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Der Branchenverband Bitkom sprach von einer "Zwangsabgabe", die
sachlich nicht gerechtfertigt sei. Sie habe nichts mit einem
Leistungsschutzrecht im Sinne der bestehenden Rechte bei anderen
Berechtigten zu tun. "Die Zwangsabgabe würde einen massiven
Systembruch im Urheberrecht zugunsten einer einzelnen Branche
bedeuten", heißt es in der Bitkom-Erklärung, die allerdings von dem
Bitkom-Mitglied Bertelsmann AG nicht mitgetragen wurde. Bertelsmann
unterstützt wie andere Großverlage in Deutschland das
Verleger-Leistungsschutzrecht.
Die Koalition aus Union und FDP hatte am Sonntag beschlossen, die Stellung der Verlage bei der Durchsetzung eines neuen Leitungsschutzrechtes im Netz zu verbessern. "Gewerbliche Anbieter im Netz, wie Suchmaschinenbetreiber und News-Aggregatoren, sollen künftig für die Verbreitung von Presseerzeugnissen (wie Zeitungsartikel) im Internet ein Entgelt an die Verlage zahlen", heißt es in dem Beschlusspapier der Koalition. Privatleute sollen von der geplanten Regelung nicht betroffen sein, weil die private Nutzung von Presseerzeugnissen im Internet kostenlos bleibt. Auch für Firmen sollen Papierausdrucke und das Lesen von Nachrichten am Bildschirm unentgeltlich bleiben.
Gesetzesvorhaben wird viele Klippen umschiffen müssen
Insgesamt ist das Vorhaben noch sehr schwammig formuliert. Es werden keine konkreten Beträge genannt. Noch liegen keine weiteren Details vor, wie die Umsetzung genau aussehen soll. Das federführende Bundesjustizministerium, das einen Gesetzesvorschlag erarbeiten soll, wird sich auch mit dem Problem genauer Definitionen befassen müssen. Der Branchenverband Bitkom sagt, Begriffe wie Presseerzeugnis und Presseverleger müssen klar definiert sein. Es deutet sich jetzt schon an, dass an den Beschluss der Koalition sich eine langjährige Debatte anschließen wird, die im Endergebnis auch das Versanden des Vorhabens bedeuten kann.
In dem Papier der Koalition heißt es lediglich, auch die Urheber sollten eine angemessene finanzielle Beteiligung an der Verwertung des Leistungsschutzrechts erhalten. "Einzug und Verteilung der Entgelte soll über eine Verwertungsgesellschaft erfolgen. Die Schutzdauer soll ein Jahr betragen."
Typisch Internet: Was ist mit Inhalten im Ausland?
Ein ganz eigenes Problem lässt sich ohne weiteres vorhersagen: Wie soll das Leistungsschutzrecht für Verleger aussehen, wenn das Angebot im Ausland produziert wird? Außerdem sei aufgrund der Dienstleistungsfreiheit innerhalb der EU der Berechtigtenkreis nicht wirksam auf deutsche Unternehmen zu begrenzen. Damit aber würden die Abgaben wohl nur innerhalb Deutschlands fällig, auszahlbar jedoch zumindest europaweit, so ein Argument des Bitkom. Mit diesem Alleingang Deutschlands gefährde die Bundesregierung das Ziel, das Urheber- und Leistungsschutzrecht europaweit zu harmonisieren.
Weitreichende Kritik durch alle gesellschaftliche Kreise
Der Blogger und Journalist Stefan Niggemeier kritisierte den Koalitionsbeschluss scharf: "Das ist etwa, als müssten die Gelben Seiten den Unternehmen dafür zahlen, dass sie ihre Informationen aufnehmen dürfen. Als müsste der Busfahrer dem Kirmesbetreiber Geld dafür geben, dass er die Kunden zu ihm bringt. Dem Vorhaben fehlt jede innere Logik." Im Kurzmitteilungsdienst Twitter verglichen viele Anwender die Koalitionspläne mit "Hartz IV für Verlage" oder sprachen von einem "bedingungslosen Grundeinkommen" für die Medienhäuser.