Kompliziert

VZBV: Minderung & Kündigung bei geringer Bandbreite

Wenn das Internet lang­samer als verspro­chen ist oder gar nicht funk­tio­niert, kann ein Kunde ab dem 1.12. entweder die Rech­nung kürzen oder vorzeitig kündigen. Schwierig wird die Beweis­füh­rung werden.
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Ist das Internet zu langsam, soll künftig eine Minderung oder vorzeitige Kündigung möglich sein. Ist das Internet zu langsam, soll künftig eine Minderung oder vorzeitige Kündigung möglich sein.
Bild: teltarif.de
Am 1. Dezember 2021 tritt das neue Tele­kom­muni­kati­ons­gesetz (TKG) in Kraft. Im neuen Para­gra­phen 57 Abs. 4 ergibt sich die Möglich­keit für die Kunden, sich bei dem gebuchten Inter­net­zugangs­anbieter zu beschweren, den monat­lichen Preis zu mindern oder gar vorzeitig zu kündigen, wenn die verspro­chene Inter­net­leis­tungs­daten nicht mit der Realität zusam­men­passen.

Probleme mit Kabel-TV-Internet

Ist das Internet zu langsam, soll künftig eine Minderung oder vorzeitige Kündigung möglich sein. Ist das Internet zu langsam, soll künftig eine Minderung oder vorzeitige Kündigung möglich sein.
Bild: teltarif.de
Das kann z.B. sein, wenn der Kunde über Kabel-TV mit dem Internet verbunden ist. Zu bestimmten Tages­zeiten sind die histo­risch gewach­senen Cluster des Kabel-TV über­lastet und die Anbieter bemühen sich, Kapa­zität nach­zurüsten. Genauso denkbar ist es, dass eine Kabel-TV-Haus­ver­teil­anlage seit Jahren nicht mehr gewartet wurde und somit die Daten­raten sinken. Bei DSL-Verbin­dungen können ange­ros­tete Kabel­ver­teiler für Aussetzer oder lang­samere Daten sorgen. Bisher war der Kunde auf den "guten Willen" des Anbie­ters ange­wiesen. Das soll sich jetzt ändern.

Verbrau­cher­zen­trale Bundes­ver­band nimmt Stel­lung

Der Verbrau­cher­zen­trale Bundes­ver­band (vzbv) hat dazu eine Stel­lung­nahme zum Entwurf der Bundes­netz­agentur (Amts­blatt 17/2021, Seite 237 [Link entfernt] ) veröf­fent­licht. Es geht um tücki­sche Details: Wann entspricht die gelie­ferte Inter­net­geschwin­dig­keit nicht der im Vertrag zuge­sicherten Geschwin­dig­keit? Wie kann man das fest­stellen? Die Bundes­netz­agentur stellt dazu ein Messtool unter www.breitbandmessung.de zur Verfü­gung. Idea­ler­weise möchte die Netz­agentur, dass eine App auf dem PC oder dem Handy instal­liert wird, um Messungen vorzu­nehmen. Und beim heimi­schen Anschluss soll der "Mess-PC" fest mittels LAN-Kabel mit dem Router verbunden sein.

Messung über WLAN ist kritisch

Wenn das Internet über das heimi­sche WLAN "hakt" und "ruckelt", muss das gar nicht an der schlechten Leitung des Internet-Anbie­ters liegen, sondern oft an der mangel­haften Funk­ver­sor­gung im Haus oder der Wohnung des Kunden. Abhilfe können hier Repeater schaffen, die man kaufen oder beim Internet-Anbieter mieten kann. Aktu­elle Modelle vernetzen sich über Mesh-Technik und können dann in Abhän­gig­keit von Kanal­bele­gung, Störungen und so weiter immer wieder neu die beste Verbin­dung aufbauen.

Messungen über WLAN sollen akzep­tiert werden

Der Verbrau­cher­ver­band möchte aber, dass auch Messungen über WLAN akzep­tiert werden, wenn der Kunde nah genug am Router sich befindet. Es gibt längst Haus­halte, die nur noch über WLAN mit dem Router verbinden, ein LAN-Kabel oder ein LAN-fähiges Endgerät exis­tiert dort mögli­cher­weise gar nicht.

Der vzbv fordert, dass das Messtool nicht nur soft­ware­basiert, sondern auch über den Browser und über WLAN zugäng­lich sein muss. Darüber hinaus sei eine Auto­mati­sie­rung der Mess­kam­pagne erfor­der­lich, derzeit sind nur manu­elle Messungen vorge­sehen, die der Nutzer selbst anstossen muss. Aus Verbrau­cher­sicht sollte die Bedien­ober­fläche des Messtools so schlank und nutzer­freund­lich wie möglich ausge­staltet werden, um die Nutzung nicht nur für tech­nisch versierte Verbrau­cher zu ermög­lichen und darüber hinaus auch Barrie­refrei­heit (z.B. bei Sehbe­hin­derten Personen) zu garan­tieren.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Man darf gespannt sein, ob eine Minde­rung oder vorzei­tige Kündi­gung bei schlechten Verbin­dungen auch in der Praxis möglich sein wird. Das kann im Zwei­fels­fall zur Gutach­ter­schlacht werden, wenn der Anbieter sich quer legt und behauptet, dass bei ihm alles in Ordnung sei und der Kunde tech­nisch keine Ahnung habe oder falsch gemessen habe.

Es könnte auf eine wesent­lich einfa­chere Lösung hinaus­laufen: Eine monat­liche oder noch kürzere Kündi­gungs­frist. Dann können unzu­frie­dene Kunden sofort aus dem Vertrag raus und zufrie­dene Kunden bleiben.

Weiterhin proble­matisch bleiben die Kunden, die einfach nur schnel­lere und zuver­läs­sigere Leitungen haben und gar nicht kündigen wollen. Da hängt es auch in Zukunft von der Moti­vation des Anbie­ters ab, denn Qualität kostet Geld, was oft keiner ausgeben möchte, sowohl der Kunde (der jeden Cent sparen muss oder will) als auch der Netz­betreiber, der Angst vor hohen Umrüst- oder Nach­rüst­kosten seines Netzes hat.

Im Mobil­funk hat die Telekom erst­malig Tarife mit monat­licher Kündi­gungs­frist einge­führt.

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