Maßnahme

Kein Netzaufbau: Bußgeldverfahren gegen 1&1 (Update)

Nur fünf Stand­orte statt 1000: Die BNetzA schaut beim 1&1-Netz nun nicht mehr tatenlos zu, sondern leitet ein Bußgeld­ver­fahren gegen das Unter­nehmen ein.
Von dpa /

Bußgeldverfahren eingeleitet wegen mangelnden Netzausbaus Bußgeldverfahren eingeleitet wegen mangelnden Netzausbaus
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Wegen Mängeln beim Mobil­funk-Ausbau soll erst­mals in Deutsch­land ein Tele­kom­muni­kati­ons­kon­zern ein Bußgeld bezahlen.

Wie aus einem Schreiben der Bundes­netz­agentur an ihren Beirat hervor­geht, hat die Aufsichts­behörde ein Bußgeld­ver­fahren gegen das Unter­nehmen 1&1 eröffnet.

Nur fünf Stand­orte statt 1000

Bußgeldverfahren eingeleitet wegen mangelnden Netzausbaus Bußgeldverfahren eingeleitet wegen mangelnden Netzausbaus
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1& hatte sich bei der Frequenz­auk­tion 2019 dazu verpflichtet, bis Ende vergan­genen Jahres 1000 Stand­orte mit dem schnellen 5G-Stan­dard in Betrieb genommen zu haben. Tatsäch­lich waren es fünf. 1&1 begrün­dete die Mängel mit Problemen bei Ausbau­part­nern, die bei Masten und Dach­stand­orten nur schlep­pend voran­kamen. Das Schreiben der Netz­agentur liegt der Deut­schen Presse-Agentur vor.

Die Höhe des Bußgeldes ist unklar. Einem früheren Schreiben der Behörde zufolge werden bis zu 50.000 Euro je Standort in Betracht gezogen - das wären knapp 50 Millionen Euro. Es ist aber davon auszu­gehen, dass der Betrag nied­riger ist. In dem Verfahren bekommt 1&1 nun die Möglich­keit zur Stel­lung­nahme. Je stich­hal­tiger die Argu­mente der Firma sind, desto geringer wird das Bußgeld ausfallen. Eine Spre­cherin des Unter­neh­mens sagte, die Eröff­nung des Verfah­rens komme nicht über­raschend. "1&1 wird im Rahmen der Anhö­rung gegen­über der Behörde Stel­lung beziehen."

Auch die anderen haben Schwie­rig­keiten

Bei den Frequenz­auk­tionen bekommen die Netz­betreiber Pflichten aufer­legt, damit ihr Netz möglichst schnell und gut ausge­baut wird. Übli­cher­weise haben alle Netz­betreiber mehr oder weniger Schwie­rig­keiten bei der Erfül­lung von Auflagen. 2019 verfehlte Telefónica (o2) eine bestimmte Ausbau­pflicht deut­lich. Damals verzich­tete die Netz­agentur aber darauf, die Firma zur Kasse zu bitten. Bei 1&1 ist das anders, auch weil das Ausmaß der Verfeh­lung vergleichs­weise groß ist.

In Deutsch­land gibt es bisher drei Handy­netze, und zwar von der Deut­schen Telekom, o2 und Voda­fone. 1&1 ist die Nummer vier. Aller­dings exis­tiert dieses Netz bisher nur in einer abge­speckter Mini­ver­sion als soge­nanntes Fest­netz-Ersatz­pro­dukt: Nur bestimmte Kunden werden mit den wenigen bereits funkenden 1&1-Antennen verbunden, um in ihren eigenen vier Wänden Internet zu haben. Handy­nutzer, die unter­wegs sind und an den Sende­sta­tionen vorbei­kommen, haben keine Verbin­dung. Der Start­schuss für die mobile Nutzung soll im Herbst sein.

Update 16:15 Uhr: Erste Reak­tionen auf das Verfahren

Nach Ansicht von Bran­chen­experten ist das Einschreiten der Netz­agentur gegen 1&1 über­fällig. "Der Ausbau­stand des 1&1-Netzes liegt so weit hinter den Auflagen zurück, dass der Aufsichts­behörde gar nichts anderes übrig blieb", sagt Torsten Gerpott von der Univer­sität Duis­burg-Essen. Die erst­malige Bußgeld-Verhän­gung sei finan­ziell für das Unter­nehmen zwar verkraftbar. "Aber es ist ein desas­tröses Signal und ein blei­bender Makel für die Repu­tation von 1&1."

Aber liegt es nicht eigent­lich an Zulie­ferern, die viele Masten bauen sollten und Zusagen an den Auftrag­geber 1&1 nicht einhielten? Gerpott schüt­telt den Kopf. So ein Argu­ment sei "nicht trag­fähig", sagt der Professor. "1&1 hat selbst Fehler gemacht, etwa in der Wahl des Tech­nik­part­ners." Zudem habe die Firma die Komple­xität eines Netz­baus unter­schätzt. Es sei nun "eine span­nende Frage, ob 1&1 über­haupt noch die Kurve kriegt".

Im Bundestag stieß die erst­malige Eröff­nung eines Bußgeld­ver­fah­rens gegen einen Netz­betreiber auf Zustim­mung. "Es ist positiv, dass die Bundes­netz­agentur ihren Instru­men­ten­kasten nutzt, damit die Handy­netze möglichst gut sind", sagte der Grüne Maik Außen­dorf. "Ich bin sicher, dass die Aufsichts­behörde mit Augenmaß vorgeht." Sein FDP-Kollege Rein­hard Houben bezeich­nete die Verfah­rens­eröff­nung als "nur logisch". Schließ­lich habe 1&1 die Zusagen nicht erfüllt. Ende des Updates.

Im Jahres­bericht von United Internet und 1&1 und auf der Analys­ten­kon­ferenz stellt Unter­neh­mens­chef Dommer­muth klar: "Wir werden das 5G Netz bauen".

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