Themenspezial: Verbraucher & Service Notfalldaten

Infos für Retter: Notfalldaten digital oder analog?

In einem Notfall zählt jede Sekunde. Einsatz­kräfte sollten also die wich­tigsten Pati­enten­daten schnell parat haben. Wie funk­tio­niert das in der digi­talen Welt am besten? Oder muss es analog sein?
Von dpa /

Ein Mensch liegt regungslos am Boden. Für Einsatz­kräfte wie Marco König ist es jetzt wichtig, nicht nur das Leben dieses Menschen zu retten, sondern auch so viele Infor­mationen wie möglich über ihn oder sie zu erhalten. Könnte derje­nige verbluten? Trägt sie einen Herz­schritt­macher?

"Die Notauf­nahme braucht später eben­falls jedes Detail. Je mehr wir den Ärzten sagen können, desto besser", erklärt König, Vorstand des Deut­schen Berufs­ver­bands Rettungs­dienst. "Die wich­tigsten Daten sind Aller­gien, Medi­kation und Vorer­kran­kungen."

Notfall­pass auf dem Smart­phone

Beispielsweise in der "Health-App" auf iPhones (Bild: iPhone 14 Pro) können Gesundheitsdaten gespeichert werden Beispielsweise in der "Health-App" auf iPhones (Bild: iPhone 14 Pro) können Gesundheitsdaten gespeichert werden
Bild: teltarif.de
Manch einer hat genau diese Infor­mationen zu Hause nebst Pati­enten­ver­fügung und Vorsor­gevoll­macht in einem Notfall­ordner abge­heftet. Soweit vorbild­lich. Aber geht das heut­zutage nicht digital auf dem Smart­phone, das man sowieso so gut wie immer bei sich hat?

Tatsäch­lich kann man bei Betriebs­sys­temen wie Android und iOS eine Art Notfall­pass anlegen mit Daten etwa zu Erkran­kungen, Blut­gruppe, Aller­gien und einem zu alar­mie­renden Notfall­kon­takt.

Bei iOS dient dazu die Health-App, bei Android die App Notfall­infor­mationen. Alle Angaben lassen sich im Sperr­zustand anzeigen. "Wenn sie von Nutzen sein sollen, müssen die Hinweise auf dem Handy stets aktuell gehalten werden", sagt König. Einen Blick auf das Smart­phone würden König und seine Kolle­ginnen und Kollegen jedoch eher nicht werfen, entweder aus Zeit­mangel oder weil sie nicht hoffen, dort etwas Sinn­volles zu finden.

Notfall­daten auf der Gesund­heits­karte

Doch es gibt einen digi­talen Ort, an dem bequem alle wich­tigen Fakten für den Notfall gespei­chert werden können. Mutmaß­lich tragen die meisten Menschen diesen "Ort" eben­falls stets bei sich: die elek­tro­nischen Gesund­heits­karten der Kran­ken­kassen. Schon jetzt können darauf Notfall­daten gespei­chert und abge­rufen werden. Letz­teres können Ärztinnen und Ärzte im Ernst­fall auch ohne Zustim­mung des Pati­enten tun, etwa wenn dieser bewusstlos ist.

Die Notfall­daten werden von Ärzten und Ärztinnen ange­legt, beispiels­weise wenn chro­nische Erkran­kungen oder eine Schwan­ger­schaft vorliegen, heißt es seitens des für die Digi­tali­sie­rung des Gesund­heits­wesens zustän­digen Unter­neh­mens Gematik, deren Haupt­gesell­schafter das Bundes­gesund­heits­minis­terium ist. Die Notfall­daten werden auf der elek­tro­nischen Gesund­heits­karte gespei­chert, eine Kopie kann in die elek­tro­nische Pati­enten­akte.

Persön­liche Erklä­rung als Ergän­zung

Als einen Teil des Notfall­daten­satzes kann man eine persön­liche Erklä­rung hinzu­zufügen, etwa die Infor­mation, ob und wo eine Vorsor­gevoll­macht und eine Pati­enten­ver­fügung vorliegen. Aller­dings: Die elek­tro­nische Pati­enten­akte war 2021 als frei­wil­liges Angebot für die 74 Millionen gesetz­lich Versi­cherten gestartet, wird bisher aber nur von einem Bruch­teil genutzt.

Um einen Durch­bruch zu errei­chen, wird deshalb eine Opt-out-Lösung geprüft. Heißt: Alle bekommen die E-Akte und müssen im Zweifel aktiv wider­spre­chen, statt wie derzeit aktiv einzu­wil­ligen. Wenn es so kommt, müsste das aber gesetz­lich fest­geschrieben werden.

"Eigent­lich wäre dieser Weg der einfachste", sagt König. Aller­dings können Notfall­sani­täter wie er auf diese Daten momentan gar nicht zugreifen, selbst wenn sie vorlägen. Bisher können nur verkam­merte Berufe im Gesund­heits­wesen einen Ausweis bean­tragen, der ihnen den Zugriff ermög­licht, also beispiels­weise Ärzte, Zahn­ärzte, Psycho­the­rapeuten oder Apotheker.

In einem Pilot­betrieb des Landes Nord­rhein-West­falen ist das seit dem vergan­genen Jahr test­weise Pfle­gekräften, Hebammen und Physio­the­rapeuten erlaubt - nicht aber Einsatz­kräften.

Ausgabe noch in diesem Jahr geplant

Zunächst können Beschäf­tigte, die ihre Berufs­erlaubnis in Nord­rhein-West­falen erhalten haben, den elek­tro­nischen Ausweis bean­tragen. Pfle­gekräfte, Hebammen und Physio­the­rapeuten aus anderen Bundes­län­dern sollen dann nach und nach Zugang zum Register erhalten.

"Wir hoffen, dass die Retter demnächst mitbe­rück­sich­tigt werden", sagt König. Ziel sei es, noch in diesem Jahr die Ausgabe der Ausweise an Notfall­sani­täter möglich zu machen, teilt die Gematik mit. Bis dahin und bis alle den elek­tro­nischen Notfall­daten­satz auch nutzen, gebe es keine Präfe­renz, wo die Infor­mationen bereit gehalten werden, meint König. Wich­tiger sei deren Aktua­lität.

In einer weiteren Meldung geht es um die Frage: Kommt 2024 die elek­tro­nische Pati­enten­akte für alle?

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