Vereint

Editorial: Die Fusion E-Plus/o2 erlauben oder verbieten?

Die schwierigen Abwägungen beim Bundeskartellamt
Von

Generell ist es sehr teuer, Infrastruktur parallel zu betreiben. Deswegen errichten die meisten Gemeinden Strom-, Wasser- und Abwassernetze mit eigenen Betrieben und lassen auch die Müllabfuhr alle Tonnen leeren. Wenn den Bürgern die zugehörigen Gebühren zu hoch sind, bleibt ihnen nur der Umzug in eine andere Gemeinde. Konkurrenz gibt es also nur sehr eingeschränkt. Ebenso gibt es bis heute im wesentlichen nur ein Telekom-Festnetz, und in den allermeisten Regionen auch höchstens ein Breitbandkabelnetz.

Editorial: Die Fusion E-Plus/o2 erlauben oder verbieten? Nach der Übernahme: Künftig ein Mobilfunknetz weniger?
Bild: o2
Von daher sind vier Mobilfunknetze eine Sondersituation. Sie wird überhaupt erst dadurch ermöglicht, dass für ein Mobilnetz nur vergleichsweise wenige Standorte erschlossen werden müssen. Je höher die transportierten Datenmengen jedoch steigen, und je dichter in der Folge von allen Betreibern die Basisstationen aufgestellt werden, desto gravierender werden jedoch die Nachteile des Parallelbetriebs mehrerer Netze.

Schwierige Abwägung

Die Zukunft lässt sich schon prinzipbedingt nicht vorhersagen, und so kann das Kartellamt bei seiner Entscheidung bestenfalls Wahrscheinlichkeiten abwägen. Wie hoch ist die Gefahr, dass drei Netzbetreiber ein verbotenes Kartell bilden? Was kostet das dann die Kunden? Und wie hoch sind im Vergleich dazu die bei Versagung der Fusion auf jeden Fall entstehenden Kosten für den Betrieb eines weiteren Netzes? Kann die Kartellgefahr durch Auflagen reduziert werden, z.B. durch regulierte Vorleistungsentgelte für Reseller und/oder die Pflicht, bestimmte Reseller im Eigentum des fusionierten Konzerns (z.B. simyo, blau, Fonic) zu verkaufen?

Wahrscheinlich wird das Kartellamt vor allem unsere Nachbarländer anschauen, und wie sich dort die Konkurrenzsituation nach der Übernahme eines Netzes und der Reduktion der Zahl der Netzbetreiber entwickelt hat. Als Beispiele seien Frankreich, Österreich und Großbritannien genannt. Andererseits existieren mit "drei" bzw. "three" in Österreich und Großbritannien schon seit längerem und mit "free" in Frankreich seit kurzem jeweils ein vierter Netzbetreiber, der mit einem reinen 3G-Netz (ohne GSM) die etablierten Netzbetreiber preislich stark unter Druck setzt.

In Deutschland gibt es keinen vergleichbaren Quereinsteiger. Dass in allen drei Ländern zudem ein vierter Netzbetreiber mit limitierter Infrastruktur sich nicht nur halten, sondern seine Marktanteile sogar steigern kann, ist ein sehr deutlicher Hinweis darauf, dass drei Netze doch ein Netz zu wenig sind. Sollte das Kartellamt auch zu diesem Schluss kommen, dann muss es die Fusion versagen.

Weitere Editorials

Mehr zum Thema E-Plus-Übernahme