Kooperation

Schweiz: Swisscom und Salt bauen zusammen Glasfaser

Wenn in der Schweiz Glas­faser ins Haus kommt, sind das immer vier Fasern. Eine für die Swisscom ist gesetzt, die zweite kann für Salt und die dritte für einen örtli­chen Anbieter sein; eine vierte bleibt als Reserve.
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In der Schweiz arbeiten die Netzanbieter Swisscom und Salt beim Glasfaserausbau zusammen. Details wurden heute vorgestellt. In der Schweiz arbeiten die Netzanbieter Swisscom und Salt beim Glasfaserausbau zusammen. Details wurden heute vorgestellt.
Foto: Swisscom
Das Thema Koope­ration zwischen Markt­kon­kur­renten ist nicht nur in Deutsch­land groß in Mode. Es lohnt ein Blick über die Grenze in die Schweiz. Hier gibt es krea­tive Ideen, wie der Netz­ausbau im Fest­netz mit Glas­faser beschleu­nigt werden kann.

Drei gleich­wer­tige Netze?

In der Schweiz arbeiten die Netzanbieter Swisscom und Salt beim Glasfaserausbau zusammen. Details wurden heute vorgestellt. In der Schweiz arbeiten die Netzanbieter Swisscom und Salt beim Glasfaserausbau zusammen. Details wurden heute vorgestellt.
Foto: Swisscom
Die drei Mobil­funk­netz­betreiber sind zugleich auch im Fest­netz unter­wegs. Swisscom hat das Mobil­funk­netz Natel und das Fest­netz (schwei­zerisch "Fixnet"). Der Mobil­funker Sunrise hatte sich kürz­lich mit dem Kabel-TV-Anbieter UPC zusammen getan, wenn auch anders als zunächst geplant.

Der dritte Heraus­for­derer im Bunde ist einst­mals als Orange Suisse gestartet und heißt heute Salt. Salt führte als erster Anbieter 10 GBit/s im Down­stream für Privat­kunden ein, mit der AppleTV-Box als seri­enmä­ßigem Media-Konverter. Das war (in Europa) bis dahin einzig­artig, wie Salt-Chef Pascal Grieder in einer Tele­fon­kon­ferenz heute morgen bekannt gab. Grund des Anlasses: Der Schweizer Markt­führer Swisscom und der Heraus­for­derer Salt haben sich zu einer Koope­ration zusammen gefunden.

Koope­ration statt Konfron­tation

Eigent­lich wollte Salt mit Sunrise/UPC zusam­men­arbeiten, aber daraus wurde nichts. Das Projekt "Swiss Open Fiber" exis­tiert nicht mehr und das Nach­fol­gepro­jekt "Swiss Open Reach" wird "abge­wickelt", wie es auf Schweizer-Deutsch heißt.

Für Salt-CEO Pascal Grieder ist das ein "histo­rischer Moment. Wir sind 2018 in den Fest­netz-Breit­band-Markt einge­stiegen, unser Ziel ist es, Produkte für brei­tere Bevöl­kerungen bieten zu können, bis 2025 sollen unsere Produkte national (Schweiz­weit) in Part­ner­schaften mit Elek­tri­zitäts­werken (EWs) und Gemeinden und in Part­ner­schaft mit der Swisscom entstehen." Drei Millionen Haus­halte sollen mit Glas­faser erreichbar sein. Wo es keine Glas­faser gibt, stellt Salt den Netz­zugang ("Fixed Wire­less Access") über seine "Gigabox" her, die 4G und 5G beherrscht.

WeKo ermit­telt

Ob bei der Koope­ration eine Unter­suchung der Schweizer Aufsicht­behörde WeKo (WeKo = Wett­bewerbs­kom­mis­sion) mitge­holfen hat, wollten die Teil­nehmer nicht näher defi­nieren, aber am Ende zählt das Ergebnis, dass sie es tun.

Swisscom baut seit 10 Jahren Glas

Dabei baut Swisscom seit mehr als 10 Jahren "Fiber to the Home" (FTTH)-Glas­faser­netze. "Das wird an vielen Orten zusammen mit den örtli­chen oder über­regio­nalen Ener­gie­ver­sor­gungs­unter­nehmen im Rahmen von Glas­faser-Koope­rationen gemacht", wie der Swisscom-Technik-Chef (CTIO) Chris­toph Aeschli­mann den zuhö­renden Pres­sever­tre­tern erläu­terte. Es gehe nach dem Prinzip von "offenen Netzen". Seit 2008 habe die Swisscom rund 4,4 Milli­arden Schweizer Franken (knapp 4 Milli­arden Euro) in verschie­dene Glas­faser­tech­nolo­gien inves­tiert.

Die Swisscom möchte die landes­weite FTTH-Abde­ckung bis Ende 2025 auf rund 60 Prozent ausbauen, die maximal mögliche Geschwin­dig­keit wird dann 10 GBit/s (Down­load und Upload) betragen.

Part­ner­schaft mit Salt

Nun geht Swisscom mit Salt eine Glas­faser-Part­ner­schaft ein. Dadurch können Inves­titionen gebün­delt, bestehende Netz­kapa­zitäten optimal genutzt und die Ange­bots­viel­falt bei beiden Anbie­tern weiter erhöht werden.

Diese Glas­faser-Part­ner­schaft mit Salt, betonten beide Parteien, ist lang­fristig ausge­legt. Salt nutzt für Privat­kun­den­ange­bote bereits seit mehreren Jahren einen physi­schen Layer-1-Zugang zu Swisscom-Glas­fasern in einer Point-to-Point-Archi­tektur.

Im Rahmen der erwei­terten Glas­faser-Part­ner­schaft inves­tiert Salt in ein lang­fris­tiges Nutzungs­recht an Glas­faser­anschlüssen von Swisscom und betei­ligt sich so an den hohen Netz­inves­titionen und den dazu­gehö­rigen Geschäfts­risiken. Damit verfügt das Unter­nehmen nun auch in Swisscom FTTH-Glas­faser­netzen in Point-to-Multi­point-Archi­tektur, was Swisscom seit 2020 gebaut hat und bis 2025 noch ausbaut, über einen eigenen physi­schen Layer-1-Zugang, auf dem Salt eigene Services anbieten und betreiben kann.

Swisscom bleibt Eigen­tümerin und hat die Gesamt­ver­ant­wor­tung

Swisscom trägt weiterhin die Gesamt­ver­ant­wor­tung für die Netz­pla­nung, den Netz­ausbau sowie den Unter­halt und bleibt Eigen­tümerin der Infra­struktur. Die Netze bleiben "offen" und bieten Zugang für Mitbe­werber.

Swisscom und Salt steht es jeder­zeit frei, mit anderen Part­nern zusam­men­zuar­beiten. Die Glas­faser-Part­ner­schaft sieht keine Exklu­sivität vor. Swisscom bietet jedem Mitbe­werber einen diskri­minie­rungs­freien Netz­zugang "zu attrak­tiven Kondi­tionen" – mit der best­mög­lich verfüg­baren Tech­nologie und Leis­tung.

Damit sollen auch Anbieter ohne eigenes Netz immer Zugang zur maximal verfüg­baren Band­breite bekommen. Swisscom bleibt für weitere Zusam­men­arbeits­pro­jekte offen, beispiels­weise wie mit Salt, aber auch für FTTH-Koope­rationen auf lokaler Ebene oder weiteren Netz­zugangs­formen (Whole­sale).

Chris­toph Aeschli­mann (Swisscom), findet, dass die Glas­faser-Part­ner­schaft mit Salt "auf einem bewährten Weg aufbaut". Unab­hängig von der Technik ließen sich Lösungen für eine opti­male Nutzung des Swisscom Netzes durch Mitbe­werber finden". Die Bünde­lung von Inves­titionen komme schließ­lich der ganzen Schweiz zugute, was sich in einer inter­national hervor­ragenden Breit­band­ver­sor­gung wider­spie­gele.

Zusam­men­arbeit beim Glas­faser­ausbau seit Anfang an

Schon 2009 hatte Swisscom erste Koope­rationen mit Ener­gie­ver­sor­gungs­unter­nehmen abge­schlossen und bereits 2015 waren gemeinsam eine Million Anschlüsse mit FTTH erreichbar. Im glei­chen Jahr star­tete Swisscom mit dem Ausbau von "Fiber to the Street" (FTTS)-Tech­nologie, was in Deutsch­land unter dem Begriff FTTC bekannt ist. Dabei endet die Glas­faser in einem Schalt­kasten auf der Straße, meist etwa 200 Meter vom Kunden entfernt. Der FTTS/FTTC-Ausbau soll noch bis Jahres­ende laufen und die Grund­lage für die spätere Hoch­rüs­tung auf FTTH bilden.

Swisscom will die FTTH-Netz­abde­ckung bis 2025 von bisher einem auf rund zwei Drittel der Bevöl­kerung und rund 3 Mio. Anschlüssen verdop­pelt haben. Rund 60 Prozent aller Wohnungen und Geschäfte sollen dann eine Band­breite von bis zu 10 GBit/s nutzen können, ein Wert, von dem Privat­kunden in Deutsch­land nur träumen können.

Weiter auch FTTS/FTTC mit 300-500 MBit/s

Durch die Moder­nisie­rung des bestehenden FTTS-Netzes will Swisscom bis Ende 2025 zusätz­lich 30–40 Prozent der Haus­halte und Geschäfte über Band­breiten von 300–500 MBit/s anbieten. Alleine 2020 wurden rund 1,6 Milli­arden Franken (1,5 Milli­arden Euro) in Netze und IT inves­tiert.

Die aktu­ellen FTTH Netze werden in Point-to-Multi­point (P2MP) Tech­nologie erstellt. Daneben exis­tiert bereits ein Netz in P2P (Point-to-Point) Infra­struktur.

Jedes Haus bekommt vier Fasern

Gemäß dem Schweizer Modell führen in jedes Haus vier Glas­fasern. Davon ist eine für die Swisscom reser­viert, eine zweite beispiels­weise für Salt und eine dritte könnte für den örtli­chen Ener­gie­ver­sorger oder einen anderen (über)regio­nalen Anbieter reser­viert sein. Dadurch ist für den Kunden der Wechsel zwischen Anbie­tern denkbar einfach möglich.

Bei der Point-to-Multi­point-Archi­tektur teilen sich mehrere Kunden eine Glas­faser­zulei­tung zwischen der Vermitt­lungs­stelle ("Zentrale") und Vertei­ler­schacht in der Straße. Im Vertei­ler­schacht wird das opti­sche Signal durch einen soge­nannten "Splitter" auf mehrere Fasern aufge­teilt, die zu den Kunden­anschlüssen führen. Mitbe­werber, die nur einzelne Kunden erschließen möchten, erhalten einen virtu­ellen Zugang (sog. Layer-3) zu den gebuchten Kunden.

Layer-1-Zugang in P2MP-Netzen am Beispiel Glas­faser-Part­ner­schaft

Salt erhält ein lang­fris­tiges Nutzungs­recht an Glas­faser­lei­tungen in der Point-to-Multi­point-Archi­tektur ab Swisscom-Vermitt­lung (Layer-1) und erhält damit Zugang zu allen ange­schlos­senen Kunden. Salt über­führt die physi­sche Glas­faser­zulei­tung auf die eigene (Vermitt­lungs-)Infra­struktur, die in der Swisscom-Zentrale instal­liert wird.

FTTH - Point-to-Point (P2P)

Bei der Point-to-Point Archi­tektur verfügt jeder Kunden­anschluss über eine eigene durch­gehende Glas­faser bis zur Swisscom Vermitt­lungs-Zentrale. Ein physi­scher Zugang für Mitbe­werber zur Glas­faser in der Swisscom Zentrale (Layer-1-Zugang) ist möglich, der Mitbe­werber über­führt die physi­sche Glas­faser eines bestimmten Kunden auf seine eigene Infra­struktur.

Koope­ration auch bei Mobil­funk?

teltarif.de/teltarif.ch wollte wissen, ob die Koope­ration zwischen Swisscom und Salt auch beim Mobil­funk besteht. Nein, das habe keine Auswir­kung, so die Antwort, aber es gibt bereits gemeinsam genutzte Stationen und Stand­orte.

Super­schnelles Internet für etwa 45 Euro

Werfen wir einen kurzen Blick in die Preis­liste von Salt: Super­schnelles Internet mit 10 GBit/s (symme­trisch also Up- und Down­stream) über eine echte Glas­faser (FTTH) kostet monat­lich 49,95 Franken, das sind rund 45 Euro.

Hat der Kunde auch seinen Mobil­funk­ver­trag ("Abo") bei Salt, sinkt die monat­liche Grund­gebühr um 10 Franken.

Darin enthalten sind der Internet-Zugang, ein Router ("Salt FiberBox") mit WLAN ("WiFi") und ein NAS-Zugang (Internet-Spei­cher). Der mitge­lie­ferte Router hat eine DECT-Funk­tion, sodass bereits vorhan­dene (kompa­tible) DECT-(Schnurlos-)Hörer genutzt werden können. Sprach­tele­fonie ist "auf alle Mobil- und Fest­netze" der Schweiz enthalten, Auslands­gespräche gehen extra, werden aber sekun­den­genau abge­rechnet. Sonder­ruf­num­mern (Mehr­wert­dienste) werden eben­falls geson­dert abge­rechnet.

Im Anschluss ist Internet-IP-TV enthalten, wahl­weise in deut­scher oder fran­zösi­scher Sprache, samt Media­thek, bis zu 500 Filme können aufge­zeichnet und in der Cloud abge­legt werden, Filme können bis zu 30 Stunden zeit­ver­zögert geschaut oder wieder­holt werden (Replay), die Programme können auf bis zu fünf Bild­schirme gleich­zeitig gestreamt werden. TV kann auf einem AppleTV, einem PC oder Mac, auf Android oder iOS geschaut werden.

Der Router ("FiberBox") wird von Salt gestellt, bleibt aber im Eigentum von Salt.

Inter­essantes Kündi­gungs­prinzip

Für deut­sche Leser unge­wohnt: Der Vertrag hat bei Salt keine Mindest­lauf­zeit. Es kann jeder­zeit gekün­digt werden, wenn die Kündi­gung bis 60 Tage vor dem Ende eines Kalen­der­monats eingeht. Ein Vertrag kann auch schon nach einem Monat gekün­digt werden, dann wird aller­dings eine Kündi­gungs­gebühr von 198 Franken fällig (ca. 180 Euro), die sich jeden Monat, der (gerechnet seit Start) nicht gekün­digt wurde, um 6 Franken vergüns­tigt, bis sie nach 33 Monaten komplett entfällt.

Die Geschichte hat im Moment noch einen wesent­lichen Haken: Die bereits für Salt-Fiber ausge­bauten Gebiete konzen­trieren sich eher auf größere Agglo­mera­tionen (Ballungs­gebiete) der Schweiz und sind noch rar gesät.

Swisscom Fiber: Teurer und noch mehr drin

Die Swisscom bietet ein Baukas­ten­system an. Die Topaus­füh­rung (10 GBit/s Internet) mit Unli­mited-Tele­fonie nach Europa und den USA und Internet-TV (Aufnahme, Replay) kann auf 135 Franken (123 Euro) pro Monat kommen. Es geht aber auch güns­tiger.

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