Schweiz: Swisscom und Salt bauen zusammen Glasfaser
In der Schweiz arbeiten die Netzanbieter Swisscom und Salt beim Glasfaserausbau zusammen. Details wurden heute vorgestellt.
Foto: Swisscom
Das Thema Kooperation zwischen Marktkonkurrenten ist nicht nur in Deutschland groß in Mode. Es lohnt ein Blick über die Grenze in die Schweiz. Hier gibt es kreative Ideen, wie der Netzausbau im Festnetz mit Glasfaser beschleunigt werden kann.
Drei gleichwertige Netze?
In der Schweiz arbeiten die Netzanbieter Swisscom und Salt beim Glasfaserausbau zusammen. Details wurden heute vorgestellt.
Foto: Swisscom
Die drei Mobilfunknetzbetreiber sind zugleich auch im Festnetz unterwegs. Swisscom hat das Mobilfunknetz Natel und das Festnetz (schweizerisch "Fixnet"). Der Mobilfunker Sunrise hatte sich kürzlich mit dem Kabel-TV-Anbieter UPC zusammen getan, wenn auch anders als zunächst geplant.
Der dritte Herausforderer im Bunde ist einstmals als Orange Suisse gestartet und heißt heute Salt. Salt führte als erster Anbieter 10 GBit/s im Downstream für Privatkunden ein, mit der AppleTV-Box als serienmäßigem Media-Konverter. Das war (in Europa) bis dahin einzigartig, wie Salt-Chef Pascal Grieder in einer Telefonkonferenz heute morgen bekannt gab. Grund des Anlasses: Der Schweizer Marktführer Swisscom und der Herausforderer Salt haben sich zu einer Kooperation zusammen gefunden.
Kooperation statt Konfrontation
Eigentlich wollte Salt mit Sunrise/UPC zusammenarbeiten, aber daraus wurde nichts. Das Projekt "Swiss Open Fiber" existiert nicht mehr und das Nachfolgeprojekt "Swiss Open Reach" wird "abgewickelt", wie es auf Schweizer-Deutsch heißt.
Für Salt-CEO Pascal Grieder ist das ein "historischer Moment. Wir sind 2018 in den Festnetz-Breitband-Markt eingestiegen, unser Ziel ist es, Produkte für breitere Bevölkerungen bieten zu können, bis 2025 sollen unsere Produkte national (Schweizweit) in Partnerschaften mit Elektrizitätswerken (EWs) und Gemeinden und in Partnerschaft mit der Swisscom entstehen." Drei Millionen Haushalte sollen mit Glasfaser erreichbar sein. Wo es keine Glasfaser gibt, stellt Salt den Netzzugang ("Fixed Wireless Access") über seine "Gigabox" her, die 4G und 5G beherrscht.
WeKo ermittelt
Ob bei der Kooperation eine Untersuchung der Schweizer Aufsichtbehörde WeKo (WeKo = Wettbewerbskommission) mitgeholfen hat, wollten die Teilnehmer nicht näher definieren, aber am Ende zählt das Ergebnis, dass sie es tun.
Swisscom baut seit 10 Jahren Glas
Dabei baut Swisscom seit mehr als 10 Jahren "Fiber to the Home" (FTTH)-Glasfasernetze. "Das wird an vielen Orten zusammen mit den örtlichen oder überregionalen Energieversorgungsunternehmen im Rahmen von Glasfaser-Kooperationen gemacht", wie der Swisscom-Technik-Chef (CTIO) Christoph Aeschlimann den zuhörenden Pressevertretern erläuterte. Es gehe nach dem Prinzip von "offenen Netzen". Seit 2008 habe die Swisscom rund 4,4 Milliarden Schweizer Franken (knapp 4 Milliarden Euro) in verschiedene Glasfasertechnologien investiert.
Die Swisscom möchte die landesweite FTTH-Abdeckung bis Ende 2025 auf rund 60 Prozent ausbauen, die maximal mögliche Geschwindigkeit wird dann 10 GBit/s (Download und Upload) betragen.
Partnerschaft mit Salt
Nun geht Swisscom mit Salt eine Glasfaser-Partnerschaft ein. Dadurch können Investitionen gebündelt, bestehende Netzkapazitäten optimal genutzt und die Angebotsvielfalt bei beiden Anbietern weiter erhöht werden.
Diese Glasfaser-Partnerschaft mit Salt, betonten beide Parteien, ist langfristig ausgelegt. Salt nutzt für Privatkundenangebote bereits seit mehreren Jahren einen physischen Layer-1-Zugang zu Swisscom-Glasfasern in einer Point-to-Point-Architektur.
Im Rahmen der erweiterten Glasfaser-Partnerschaft investiert Salt in ein langfristiges Nutzungsrecht an Glasfaseranschlüssen von Swisscom und beteiligt sich so an den hohen Netzinvestitionen und den dazugehörigen Geschäftsrisiken. Damit verfügt das Unternehmen nun auch in Swisscom FTTH-Glasfasernetzen in Point-to-Multipoint-Architektur, was Swisscom seit 2020 gebaut hat und bis 2025 noch ausbaut, über einen eigenen physischen Layer-1-Zugang, auf dem Salt eigene Services anbieten und betreiben kann.
Swisscom bleibt Eigentümerin und hat die Gesamtverantwortung
Swisscom trägt weiterhin die Gesamtverantwortung für die Netzplanung, den Netzausbau sowie den Unterhalt und bleibt Eigentümerin der Infrastruktur. Die Netze bleiben "offen" und bieten Zugang für Mitbewerber.
Swisscom und Salt steht es jederzeit frei, mit anderen Partnern zusammenzuarbeiten. Die Glasfaser-Partnerschaft sieht keine Exklusivität vor. Swisscom bietet jedem Mitbewerber einen diskriminierungsfreien Netzzugang "zu attraktiven Konditionen" – mit der bestmöglich verfügbaren Technologie und Leistung.
Damit sollen auch Anbieter ohne eigenes Netz immer Zugang zur maximal verfügbaren Bandbreite bekommen. Swisscom bleibt für weitere Zusammenarbeitsprojekte offen, beispielsweise wie mit Salt, aber auch für FTTH-Kooperationen auf lokaler Ebene oder weiteren Netzzugangsformen (Wholesale).
Christoph Aeschlimann (Swisscom), findet, dass die Glasfaser-Partnerschaft mit Salt "auf einem bewährten Weg aufbaut". Unabhängig von der Technik ließen sich Lösungen für eine optimale Nutzung des Swisscom Netzes durch Mitbewerber finden". Die Bündelung von Investitionen komme schließlich der ganzen Schweiz zugute, was sich in einer international hervorragenden Breitbandversorgung widerspiegele.
Zusammenarbeit beim Glasfaserausbau seit Anfang an
Schon 2009 hatte Swisscom erste Kooperationen mit Energieversorgungsunternehmen abgeschlossen und bereits 2015 waren gemeinsam eine Million Anschlüsse mit FTTH erreichbar. Im gleichen Jahr startete Swisscom mit dem Ausbau von "Fiber to the Street" (FTTS)-Technologie, was in Deutschland unter dem Begriff FTTC bekannt ist. Dabei endet die Glasfaser in einem Schaltkasten auf der Straße, meist etwa 200 Meter vom Kunden entfernt. Der FTTS/FTTC-Ausbau soll noch bis Jahresende laufen und die Grundlage für die spätere Hochrüstung auf FTTH bilden.
Swisscom will die FTTH-Netzabdeckung bis 2025 von bisher einem auf rund zwei Drittel der Bevölkerung und rund 3 Mio. Anschlüssen verdoppelt haben. Rund 60 Prozent aller Wohnungen und Geschäfte sollen dann eine Bandbreite von bis zu 10 GBit/s nutzen können, ein Wert, von dem Privatkunden in Deutschland nur träumen können.
Weiter auch FTTS/FTTC mit 300-500 MBit/s
Durch die Modernisierung des bestehenden FTTS-Netzes will Swisscom bis Ende 2025 zusätzlich 30–40 Prozent der Haushalte und Geschäfte über Bandbreiten von 300–500 MBit/s anbieten. Alleine 2020 wurden rund 1,6 Milliarden Franken (1,5 Milliarden Euro) in Netze und IT investiert.
Die aktuellen FTTH Netze werden in Point-to-Multipoint (P2MP) Technologie erstellt. Daneben existiert bereits ein Netz in P2P (Point-to-Point) Infrastruktur.
Jedes Haus bekommt vier Fasern
Gemäß dem Schweizer Modell führen in jedes Haus vier Glasfasern. Davon ist eine für die Swisscom reserviert, eine zweite beispielsweise für Salt und eine dritte könnte für den örtlichen Energieversorger oder einen anderen (über)regionalen Anbieter reserviert sein. Dadurch ist für den Kunden der Wechsel zwischen Anbietern denkbar einfach möglich.
Bei der Point-to-Multipoint-Architektur teilen sich mehrere Kunden eine Glasfaserzuleitung zwischen der Vermittlungsstelle ("Zentrale") und Verteilerschacht in der Straße. Im Verteilerschacht wird das optische Signal durch einen sogenannten "Splitter" auf mehrere Fasern aufgeteilt, die zu den Kundenanschlüssen führen. Mitbewerber, die nur einzelne Kunden erschließen möchten, erhalten einen virtuellen Zugang (sog. Layer-3) zu den gebuchten Kunden.
Layer-1-Zugang in P2MP-Netzen am Beispiel Glasfaser-Partnerschaft
Salt erhält ein langfristiges Nutzungsrecht an Glasfaserleitungen in der Point-to-Multipoint-Architektur ab Swisscom-Vermittlung (Layer-1) und erhält damit Zugang zu allen angeschlossenen Kunden. Salt überführt die physische Glasfaserzuleitung auf die eigene (Vermittlungs-)Infrastruktur, die in der Swisscom-Zentrale installiert wird.
FTTH - Point-to-Point (P2P)
Bei der Point-to-Point Architektur verfügt jeder Kundenanschluss über eine eigene durchgehende Glasfaser bis zur Swisscom Vermittlungs-Zentrale. Ein physischer Zugang für Mitbewerber zur Glasfaser in der Swisscom Zentrale (Layer-1-Zugang) ist möglich, der Mitbewerber überführt die physische Glasfaser eines bestimmten Kunden auf seine eigene Infrastruktur.
Kooperation auch bei Mobilfunk?
teltarif.de/teltarif.ch wollte wissen, ob die Kooperation zwischen Swisscom und Salt auch beim Mobilfunk besteht. Nein, das habe keine Auswirkung, so die Antwort, aber es gibt bereits gemeinsam genutzte Stationen und Standorte.
Superschnelles Internet für etwa 45 Euro
Werfen wir einen kurzen Blick in die Preisliste von Salt: Superschnelles Internet mit 10 GBit/s (symmetrisch also Up- und Downstream) über eine echte Glasfaser (FTTH) kostet monatlich 49,95 Franken, das sind rund 45 Euro.
Hat der Kunde auch seinen Mobilfunkvertrag ("Abo") bei Salt, sinkt die monatliche Grundgebühr um 10 Franken.
Darin enthalten sind der Internet-Zugang, ein Router ("Salt FiberBox") mit WLAN ("WiFi") und ein NAS-Zugang (Internet-Speicher). Der mitgelieferte Router hat eine DECT-Funktion, sodass bereits vorhandene (kompatible) DECT-(Schnurlos-)Hörer genutzt werden können. Sprachtelefonie ist "auf alle Mobil- und Festnetze" der Schweiz enthalten, Auslandsgespräche gehen extra, werden aber sekundengenau abgerechnet. Sonderrufnummern (Mehrwertdienste) werden ebenfalls gesondert abgerechnet.
Im Anschluss ist Internet-IP-TV enthalten, wahlweise in deutscher oder französischer Sprache, samt Mediathek, bis zu 500 Filme können aufgezeichnet und in der Cloud abgelegt werden, Filme können bis zu 30 Stunden zeitverzögert geschaut oder wiederholt werden (Replay), die Programme können auf bis zu fünf Bildschirme gleichzeitig gestreamt werden. TV kann auf einem AppleTV, einem PC oder Mac, auf Android oder iOS geschaut werden.
Der Router ("FiberBox") wird von Salt gestellt, bleibt aber im Eigentum von Salt.
Interessantes Kündigungsprinzip
Für deutsche Leser ungewohnt: Der Vertrag hat bei Salt keine Mindestlaufzeit. Es kann jederzeit gekündigt werden, wenn die Kündigung bis 60 Tage vor dem Ende eines Kalendermonats eingeht. Ein Vertrag kann auch schon nach einem Monat gekündigt werden, dann wird allerdings eine Kündigungsgebühr von 198 Franken fällig (ca. 180 Euro), die sich jeden Monat, der (gerechnet seit Start) nicht gekündigt wurde, um 6 Franken vergünstigt, bis sie nach 33 Monaten komplett entfällt.
Die Geschichte hat im Moment noch einen wesentlichen Haken: Die bereits für Salt-Fiber ausgebauten Gebiete konzentrieren sich eher auf größere Agglomerationen (Ballungsgebiete) der Schweiz und sind noch rar gesät.
Swisscom Fiber: Teurer und noch mehr drin
Die Swisscom bietet ein Baukastensystem an. Die Topausführung (10 GBit/s Internet) mit Unlimited-Telefonie nach Europa und den USA und Internet-TV (Aufnahme, Replay) kann auf 135 Franken (123 Euro) pro Monat kommen. Es geht aber auch günstiger.