Wie sag ichs?

Editorial: Wiederholte Bevormundung gefällt nicht, o2

Warum o2 die Kommunikation mit seinen Kunden verändern muss
Von Marc Kessler

o2-Bevormundung Darf ein Mobilfunk-Anbieter
seine Kunden immer wieder bevormunden?
Foto: Robert Kneschke - Fotolia.com / Logo: o2; Montage: teltarif.de
Der Mobilfunk-Netzbetreiber o2 hat in der abgelaufenen Woche bei vielen seiner Kunden keine Sympathie-Punkte gesammelt: Per Brief informiert das Münchener Unternehmen Bestands­kunden diverser Alttarife derzeit darüber, dass ihr Tarifmodell zum 1. Dezember eingestellt wird und sie auf einen aktuellen Tarif umgestellt werden. Über die Möglichkeit eines Widerspruchs informiert man die Kunden in dem Schreiben nicht. Nach Informationen von teltarif.de sollen im Zuge der "System­bereinigung" insgesamt mehr als 800 verschiedene Tarifvarianten entfernt werden.

o2-Bevormundung Darf ein Mobilfunk-Anbieter
seine Kunden immer wieder bevormunden?
Foto: Robert Kneschke - Fotolia.com / Logo: o2; Montage: teltarif.de
"In Zeiten zahlreicher Angebote für Mobilfunk und Internet wünschen sich viele Kunden von o2 vor allem eines: Einfachheit und Übersichtlichkeit bei den Tarifen. Diesen Wunsch greifen wir gerne auf und reduzieren ab Dezember 2012 die Anzahl unserer Tarife", heißt es im aktuellen Mailing an die Kunden. Und weiter: "In dem Zuge wird auch Ihr derzeitiger Tarif xxxxx eingestellt und steht ab Dezember 2012 nicht mehr zur Verfügung. Damit Sie unsere Dienste wie gewohnt weiternutzen können, nehmen wir für Sie zu diesem Zeitpunkt automatisch die Umstellung auf den Tarif xxxxx vor."

Der Kunde wird bevormundet - Widerstand ist unerwünscht

Halten wir fest: o2 stellt Kunden eigenmächtig auf einen neuen Tarif um. Von einer Widerspruchs­möglichkeit ist dagegen nicht die Rede - der Nutzer wird lediglich schwammig über folgende Möglichkeit informiert: "Falls Sie nicht sicher sind, ob der von uns ausgewählte Tarif wirklich gut zu Ihnen passt, lassen Sie sich einfach von uns beraten."

Gegenüber teltarif.de gab die deutsche Telefónica-Marke zu Protokoll, Kunden könnten ein Sonder­kündigungsrecht in Anspruch nehmen, wenn sie keinen passenden Alternativ-Tarif im aktuellen o2-Portfolio fänden. Beharrt der Nutzer auf seinem Alttarif und legt Widerspruch ein, wird o2 wohl selbst eine Kündigung ins Auge fassen.

Bis repetita non placent - Wiederholungen gefallen nicht

Dieses Vorgehen erinnert an einen ähnlichen Vorgang aus dem Frühjahr 2008: Seinerzeit stellte o2 ebenfalls Kunden nicht mehr vermarkteter Genion-Tarife in aktuelle Tarifmodelle um - unter anderem mit der Folge, dass netzinterne Rufumleitungen nicht mehr kostenlos erfolgen konnten. Auch damals verwies das Unternehmen auf den Kundenwunsch nach "Einfachheit und Übersichtlichkeit" und sicherte zu: "Alles bleibt ... so, wie es ist, und Sie brauchen sich um nichts weiter zu kümmern." Eine Behauptung, die teltarif.de widerlegen konnte und daher als "dreist" bezeichnen musste.

Und noch eine erstaunliche Parallele: Auch im Februar 2008 beschied der o2-Support betroffenen Kunden schlicht, die alten Tarife seien nicht mehr verfügbar. Die einzige Alternative zum Tarifwechsel sei eine außerordentliche Kündigung.

Ein weiteres Beispiel des Umgangs von o2 mit seinen Kunden offenbarte sich im Juni vergangenen Jahres. Da stellte der Anbieter die Roaming-Option seiner Kunden ungefragt auf die hauseigene Reise-Option um, die vor allem für kurze Telefonate deutlich ungünstiger als das von der EU vorgeschriebene Standard-Modell war. Zwar konnten die Kunden wieder in den Euro-Tarif zurückwechseln, mussten hierfür jedoch selbst aktiv werden.

Die Frage ist nicht zwingend das "ob", sondern vor allem das "wie"

Das Problem an dem Vorgehen von o2 ist nicht unbedingt die Tatsache, dass das Unternehmen eine Änderung an laufenden Verträgen vornehmen möchte. Im Falle der aktuellen "Systembereinigung" um historische Tarife kann man die Beweggründe von o2 durchaus nachvollziehen - verursacht ein solcher Wust über Jahre angesammelter Alttarife doch immensen (System-) Aufwand.

Die Frage ist vielmehr: Wie sag ichs meinem Kunden? Hier ist das ungefragte Vor-vollendete-Tatsachen-stellen sicherlich der falsche Weg. Einerseits wird eine gewisse Zahl an Kunden das Unternehmen ob des erlebten Verhaltens erbost verlassen, andererseits sorgt solches Vorgehen - zu Recht - für negative Schlagzeilen.

Ein sachliches Schreiben mit der Darstellung des Problems (zu viele Tarife, Bereinigung notwendig, Kostenaufwand...) und der Ankündigung, dass der Tarif zu einem bestimmten Termin (oder zum Ende der Mindestvertragslaufzeit) auslaufen wird (und muss), wäre ehrlicher gewesen. Wer Alttarife zehn Jahre und länger "mitschleppt", kann seinen Kunden auch noch einen ausreichenden Zeitpuffer zugestehen. Eine Empfehlung zum Wechsel auf ein aktuelles, vielleicht gut geeignetes Tarifmodell? Gerne! Aber bitte nicht per automatischer Bevormundung.

o2: You can do - if you want

Was bleibt als Fazit? o2 muss an der Art des Umgangs und der Kommunikation mit seinen Kunden feilen. Was fehlt, ist: Offenheit. Transparenz. Keine ungefragten Vertragsänderungen. Und Fairness dem Kunden gegenüber. Nur so schafft man langfristiges Vertrauen als verlässlicher Vertragspartner.

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