Gesetz

Gezielte Internet-Sperre ist beschlossene Sache

Große Koalition beschließt umstrittenes Gesetz
Von dpa / Marie-Anne Winter

Ein unabhängiges Kontrollgremium beim Datenschutzbeauftragten Peter Schaar soll die BKA-Listen regelmäßig auf ihre Korrektheit überprüfen. Zudem wurde die Sperre in einem Spezialgesetz ("Zugangserschwerungsgesetz") geregelt und nicht - wie zunächst geplant - ins Telemediengesetz aufgenommen. Damit soll sichergestellt werden, dass die Sperren ausschließlich gegen Kinderpornografie und nicht wegen anderer Delikte eingesetzt werden dürfen.

Der Datenschutz-Beauftragte Schaar kritisierte, dass seine Behörde die Web-Sperren beaufsichtigen soll. "Das hat nichts mit meinen Aufgaben zur Sicherung der Informationsfreiheit und des Datenschutzes zu tun", sagte er der Berliner Zeitung. Schaar befürchtet zudem, dass solche Fälle kein Einzelfall bleiben. Gegner von Glücksspielen und Online-Gewaltspielen verlangten bereits ähnliche Verbote. Die Initiatoren der Bundestags-Petition gegen Internet-Sperren kündigten eine Klage beim Bundesverfassungsgericht an. Die Online-Petition ist inzwischen von mehr als 130 000 Bürgern unterzeichnet worden.

Über Ausweitung der Sperrmaßnahmen wird schon nachgedacht

Nach der Entscheidung des Bundestags für eine Sperrung von Kinderporno-Seiten im Internet gibt es Überlegungen für eine Ausweitung der Sperr-Maßnahmen. Der Bundestagsabgeordnete und CDU-Generalsekretär in Baden-Württemberg, Thomas Strobl brachte die Idee ins Spiel, auch Seiten mit Killerspielen zu blockieren. "Wir prüfen das ernsthaft", sagte Strobl dem Kölner Stadt-Anzeiger. "Wir gehen nach Winnenden nicht zur Tagesordnung über", betonte der CDU-Politiker. "Wenn es einen Nachweis gibt, dass sich Killerspiele negativ auf das Verhalten Jugendlicher auswirken, dann kann das Internet kein rechtsfreier Raum sein."

Als erste Konsequenz aus dem Amoklauf von Winnenden, wo im März dieses Jahres 16 Menschen ums Leben gekommen waren, hatte der Bundestag am Donnerstagabend ein schärferes Waffenrecht beschlossen.

Demonstrationen am Wochenende

Auch nach der Entscheidung verstummte die Kritik an dem Gesetz nicht - besonders der federführenden Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) wird vorgeworfen, sie leite damit Zensurmaßnahmen ein. Die Piratenpartei, die für ein minimal reglementiertes Internet und gegen die staatliche Überwachung von Telekommunikation eintritt, rief für kommenden Samstag zu Demonstrationen unter anderem in Berlin und Hamburg auf. Das Motto laute: "Löschen statt sperren - Stoppt die Internet-Zensur."

"Wir verlangen wirksame Maßnahmen gegen Kinderpornografie und das heißt: Die Inhalte müssen aus dem Netz verschwinden und nicht hinter Stoppschildern versteckt werden", sagte der Vorsitzende Dirk Hillebrecht. Das nun verabschiedete Gesetz bereite den Boden für "Zensurinfrastruktur". Die Koalition betonte aber, dass die Sperren ausschließlich gegen Kinderpornografie eingesetzt werden dürfen.

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