Ermittlungen

Niedersachsen lässt Bürger von privater Firma ausspionieren

Ermittlungen: "Stille SMS" werden von unbekannter Firma versandt
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Niedersachsen lässt Bürger von externer Firma ausspionieren Niedersachsen lässt Bürger von externer Firma ausspionieren
Foto: teltarif.de
teltarif.de hat bereits mehrfach darüber berichtet, wie Ermittlungsbehörden mit Hilfe von "stillen SMS" auf Verbrecherjagd gehen. Nun hat das Land Niedersachsen eingeräumt, dass diese Ermittlungen nicht direkt von der Polizei, sondern von einer Privatfirma durchgeführt werden. Dies wirft Fragen nach dem Datenschutz auf.

Um den Aufenthaltsort eines mutmaßlichen Verbrechers herauszufinden, versendet in der Regel die Polizei über das Mobilfunknetz so genannte Ortungsimpulse, von denen der Überwachte nichts mitbekommt. Das Innenministerium Nordrhein-Westfalen hatte vor einigen Monaten erstmals technische Details und Zahlen zu dieser Spurensuche über Mobilfunknetze vorgelegt. Doch im Niedersächsischen Landtag verlief eine diesbezügliche Anfrage der Linksfraktion nun anders als erwartet.

Fragen der Linksfraktion an die Landesregierung

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Foto: teltarif.de
Die Landtagsabgeordneten Kreszentia Flauger und Pia-Beate Zimmermann von der Linkspartei fassten ihren Fragenkatalog an die Landesregierung unter dem Titel Funkzellenauswertung und "stille SMS" - warum schweigt die Landesregierung? zusammen. Folgende drei Fragen stellten die Abgeordneten im Landesparlament:

1. Verwendet auch das Land Niedersachsen für das Versenden der Ortungsimpulse die Software, die durch das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste in Nordrhein-Westfalen verwaltet wird, und, wenn ja, warum kann das Land Niedersachsen dann keine Angabe über die Anzahl der versandten Ortungsimpulse machen?

2. Wenn nein, welche Software verwendet das Land Niedersachsen in diesem Zusammenhang, und warum können keine Angaben über die Anzahl der versandten Ortungsimpulse gemacht werden?

3. Wie viele Anträge haben Polizei und Staatsanwaltschaft auf Überwachung der Telekommunikation aufgrund welcher Sachverhalte und Rechtsgrundlagen in der StPO [= Strafprozessordnung, Anm. d. Red.] im Jahr 2010 und im Jahr 2011 bei welchen Gerichten gestellt?

Eingesetzte Software hat keine Protokollierungs-Funktion eingebaut

Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann antwortete auf diese Fragen, dass für das Versenden der "stillen SMS" der Server einer Privatfirma verwendet werden würde. Über die Identität wollte der Minister keine Angaben machen, da die Firma um Vertraulichkeit gebeten haben soll. Anscheinend möchte das private Unternehmen verhindern, das Ziel von Hacker-Angriffen zu werden.

Die eingesetzte Software kann offenbar nicht protokollieren wie viele "stille SMS" versandt wurden und werden. Die Landesregierung kann aufgrund dieses Softwaremangels die Frage, wie viele Überwachungsanträge gestellt wurden, schlicht und ergreifend nicht beantworten. Eine Neuprogrammierung der Software soll nach vorsichtigen Schätzungen 80 000 Euro kosten.

Nicht genug damit, dass die bisherige Praxis des Versendens von Ortungsimpulsen juristisch nicht eindeutig zu rechtfertigen ist: Die Landesregierung von Niedersachsen bewegt sich mit der Beauftragung einer Privatfirma für Ermittlungsaufgaben auf sehr dünnem Eis. Denn zumindest über die Anzahl der versandten Ortungsimpulse müsste eine Regierung im Sinne der Transparenz jederzeit Auskunft geben können. Interessant wäre auch die Frage, wie die Auftragsvergabe für den Ermittlungsauftrag gehandhabt wurde und ob es dafür beispielsweise eine Ausschreibung gegeben hat. An die rechtliche Zulässigkeit polizeilicher Ermittlungsdaten auf den Servern einer Privatfirma könnte man ebenfalls kritische Fragen stellen.

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